Natürliche Klimaschutzlösungen
Modellierung belegt: Klimaschutz und Ertragssteigerung sind häufig Zielkonflikte

Wicken als Zwischenfrucht: Die Gründüngung schützt den Boden, fördert die Fruchtbarkeit – und unterdrückt durch ihre dichte Bedeckung effektiv unerwünschte Beikräuter. (Bildquelle: © Alupus, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 3.0)
Zwischenfrüchte und bodenschonende Bewirtschaftung können Erträge steigern als auch Treibhausgasemissionen mindern – doch nur unter bestimmten Umständen gelingt beides zugleich.
Natürliche Klimaschutzlösungen – sogenannte „Natural Climate Solutions“ (NCS) – gelten als Hoffnungsträger im Kampf gegen die Erderwärmung. Dazu zählt etwa die regenerative Landwirtschaft mit dem Einsatz von Zwischenfrüchten oder einer bodenschonenden Bewirtschaftung ohne Pflugeinsatz. Doch wie wirken sich solche Maßnahmen langfristig auf den Klimaschutz und die Ernteerträge aus? Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Cornell University ist dieser Frage nachgegangen – und hat damit eine lange gehegte Vermutung bestätigt.
400 Millionen Hektar Ackerland bis zum Jahr 2100 simuliert

Die Farben zeigen an, ob die Erträge und Emissionen bei entsprechenden Anbaumaßnahmen gegenüber einen „Weiter-so“-Szenario niedriger, unverändert oder höher sind. (a) Gräser-Zwischenfrucht, (b) Gräser-Zwischenfrucht mit pflugloser Bewirtschaftung, (c) Leguminosen-Zwischenfrucht und (d) Leguminosen-Zwischenfrucht mit pflugloser Bewirtschaftung. Die Basis-Kartendaten stammen von der Weltbank.
Bildquelle: © McClelland, S.C., et al. (2025), CC BY 4.0.
Die Forscher:innen simulierten mithilfe des etablierten Ökosystemmodells DayCent die Wirkung verschiedener NCS-Strategien auf weltweit mehr als 400 Millionen Hektar Ackerland – von Nordamerika bis Afrika. Sie modellierten sowohl die Emissionen der Treibhausgase Kohlendioxid (CO₂) und Lachgas (N₂O) als auch die langfristigen Veränderungen bei den Ernteerträgen von Mais, Weizen und Soja im Zeitraum von 2016 bis 2100.
Im Zentrum standen vier Szenarien: entweder Gräser oder Leguminosen als Zwischenfrüchte – jeweils mit oder ohne Pflugeinsatz. Zusätzlich verglich die Studie diese Szenarien mit einem „Business-as-usual“-Ansatz, also einer fortgesetzten konventionellen Bodenbewirtschaftung ohne natürliche Klimaschutzlösungen. Mithilfe erklärbarer maschineller Lernverfahren gelang es den Forschenden, die Einflüsse der einzelnen Faktoren in den komplexen Ergebnissen nachzuvollziehen.
Ohne Ertragseinbußen nur geringes Klimaschutzpotenzial
Deutlich wurde dabei: Win-win-Situationen, bei denen sowohl Treibhausgase eingespart als auch Erträge gesteigert werden, sind eher die Ausnahme. Die am stärksten klimawirksame Maßnahme – Gräser-Zwischenfrüchte ohne Pflug – könnte der Studie zufolge die globalen Emissionen bis 2050 um rund 33 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalente senken – unter der Annahme, dass sie bereits ab 2016 weltweit auf allen Ackerflächen angewendet worden wäre. Doch das hätte einen Preis: Die Ernteerträge gingen im selben Zeitraum um 3,6 Milliarden Tonnen zurück – etwa das Zweifache des heutigen Jahresertrags der drei Getreidearten. In einem Szenario mit Klimaschutz ohne Ertragseinbußen läge das Einsparpotenzial im 35-Jahres-Zeitraum nur bei 4,4 Milliarden Tonnen CO₂-Äquivalenten – etwa ein Zehntel dessen, was die Menschheit im Jahr 2024 insgesamt emittiert hat.
Im Gegensatz dazu steigern Leguminosen-Zwischenfrüchte wie Klee – vor allem in Kombination mit pflugloser Bearbeitung – die Erträge. Doch der Klimavorteil ist deutlich geringer – und ab der zweiten Hälfte des Jahrhunderts könnten unter dem Strich sogar zusätzliche Emissionen entstehen, insbesondere durch steigende Lachgasfreisetzung infolge der Stickstofffixierung.
Wasserverfügbarkeit ist ein entscheidender Faktor

Bei bewässertem Mais sind Win-Win-Effekte für Klimaschutz und Ertrag durchaus möglich.
Bildquelle: © Joseph Fulgham / Pixabay
Besonders problematisch erwies sich in den Modellierungen die Situation in trockenen Regionen, in denen Zwischenfrüchte mit den Hauptkulturen um Wasser konkurrieren. Zwischenfrüchte sind demnach vor allem dort sinnvoll, wo Bewässerung möglich ist oder die Niederschläge gut verteilt sind. Andernfalls bleiben sowohl Ertrags- als auch Klimaschutzpotenziale begrenzt.
Die Forschenden berechneten auch Szenarien, in denen entweder ausschließlich der Klimaschutz oder ausschließlich der Ertrag maximiert werden sollte. Wird allein auf Klimaschutz gesetzt, sinken global die Erträge. Stehen hingegen nur die Erträge im Fokus, steigen die Emissionen. Versuchte das Team, beide Ziele gleichzeitig zu optimieren, schrumpfte das Klimaschutzpotenzial auf ein Zehntel der maximal möglichen Emissionseinsparungen.
Geringere Erträge könnten zu mehr Emissionen durch Waldrodung führen
Besonders heikel ist ein möglicher Folgeeffekt nachhaltiger Bodenbewirtschaftung: In vielen Regionen führen entsprechende Maßnahmen laut Modellierung zu Ertragseinbußen – was die Ausweitung landwirtschaftlicher Flächen begünstigen könnte. Dadurch droht eine indirekte CO₂-Belastung infolge von Landnutzungsänderungen, etwa durch Waldrodung.
Die Studie identifizierte mehrere entscheidende Einflussfaktoren für die Entwicklung von Klimaschutz und Erträgen. Lehmreiche und stickstoffarme Böden begünstigen etwa Win-win-Situationen. Der Anbau von Mais und Weizen führte tendenziell häufiger zu Synergien zwischen beiden Zielen als der von Soja – insbesondere in bewässerten Systemen. Auch die Düngestrategie spielt eine wichtige Rolle: Zu viel Stickstoffdünger verschlechtert die Klimabilanz durch erhöhte Lachgasemissionen.
Regenerative Landwirtschaft muss zu Kulturart, Boden und Umwelt passen

Platterbsen als Zwischenfrucht. Ihr Klimanutzen hängt jedoch stark von Standort und Anbausystem ab.
Bildquelle: © H. Zell - Eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 3.0
Die Studie zeigt: Natürliche Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft sind kein Selbstläufer. Das bedeutet nicht, dass regenerative Landwirtschaft unwirksam ist – im Gegenteil. Sie kann helfen, den Boden fruchtbar zu halten, Erträge in bestimmten Regionen zu sichern und einen wertvollen, wenn auch begrenzten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Voraussetzung dafür sind jedoch standortangepasste Strategien, die Umweltbedingungen, Kulturarten und wirtschaftliche Zwänge gleichermaßen berücksichtigen. Statt globaler Empfehlungen sind differenzierte politische Anreize und regionale Beratungssysteme nötig, um praktikable, nachhaltige Lösungen zu etablieren.
Für die Klimapolitik ist zudem die Erkenntnis bedeutsam, dass Ackerland zwar zum Klimaschutz beitragen kann – aber nur in begrenztem Maße. Der Großteil der CO₂-Einsparungen in der Landwirtschaft muss daher durch andere Maßnahmen erreicht werden, etwa durch eine Reduktion tierischer Lebensmittel mit hoher Emissionsintensität oder eine energieeffizientere Produktion.
Quelle:
McClelland, S.C., et al. (2025): Managing for climate and production goals on crop-lands. In: Nature Climate Change (19. Mai 2025). doi: 10.1038/s41558-025-02337-7.
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Eine Frage des Pflügens - Konventionelle und konservierende Bodenbearbeitung im Vergleich
- Mehr Biodiversität wagen - Artenvielfalt stabilisiert Agrarökosysteme
- Wildnis in Gefahr - Die Landwirtschaft bedroht die letzten natürlichen Regionen der Erde
Titelbild: Wicken als Zwischenfrucht: Die Gründüngung schützt den Boden, fördert die Fruchtbarkeit – und unterdrückt durch ihre dichte Bedeckung effektiv unerwünschte Beikräuter. (Bildquelle: © Alupus, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 3.0)