Neue Broschüre der Arbeitsgruppe „Gentechnologiebericht"
„Im Fokus: Genomeditierung von Pflanzen“
Die Arbeitsgruppe „Gentechnologiebericht – Monitoring und interdisziplinärer Dialog“ hat eine neue Broschüre veröffentlicht, die die aktuellen technischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Debatten zur Anwendung „neuer genomischer Techniken“ (NGT) wie CRISPR/Cas bei Pflanzen beleuchtet. Sie richtet sich an Fachleute und die breite Öffentlichkeit, bietet fundierte Einblicke zum Thema und will eine sachliche Diskussion anstoßen.
Die Broschüre bietet eine umfassende Bestandsaufnahme der technischen Möglichkeiten und Herausforderungen der Genomeditierung im Zusammenhang mit einer nachhaltigen und ökologischen Landwirtschaft. Besondere Aufmerksamkeit gilt den rechtlichen Rahmenbedingungen in der EU: Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2018 werden alle genomeditierten Pflanzen rechtlich als gentechnisch veränderte Organismen eingestuft. Trotz des wissenschaftlichen Konsenses über die Potenziale der Genschere CRISPR/Cas, etwa zur klimaschonenden Nahrungsmittelproduktion, stehen züchterische Anwendungen in der EU daher weiterhin vor hohen Hürden.
Zentrale Themen der Broschüre
Die Veröffentlichung enthält Beiträge renommierter Wissenschaftler und Experten aus verschiedenen Fachrichtungen:
- Technische Fortschritte: Holger Puchta, einer der Pioniere der CRISPR/Cas-Forschung, und Michelle Rönspies geben einen Überblick über die neuesten Entwicklungen in der Genomeditierung.
- Juristische Bewertung: Hans-Georg Dederer analysiert den aktuellen Diskussionsstand zur Regulierung genomeditierter Pflanzen in der EU.
- Patentierung: Michael Kock beleuchtet die rechtlich und ethisch komplexen Fragen rund um die Patentierung von NGT-Pflanzen.
- Kleine und mittelgroße Züchtungsbetriebe: Markus Gierth und Bettina Sánchez Bergmann diskutieren die besonderen Herausforderungen und Chancen für kleinere Pflanzenzuchtbetriebe.
- Ökologische Landwirtschaft: Urs Niggli, Experte für organische Landwirtschaft, zeigt auf, wie Genomeditierung nachhaltige Anbaumethoden unterstützen könnte, weist jedoch auch auf Einschränkungen hin.
Regulierungsdebatte in der EU
Ein besonderer Schwerpunkt der Broschüre liegt auf den laufenden Gesetzgebungsverfahren in der EU. Im Juli 2023 legte die EU-Kommission einen Vorschlag zur differenzierten Regulierung von NGT vor, der zwischen NGT-1-Pflanzen (mit natürlichen Mutationen vergleichbare Veränderungen) und NGT-2-Pflanzen (komplexere Modifikationen) unterscheidet. Während NGT-1-Pflanzen von vereinfachten Genehmigungsverfahren profitieren sollen, bleiben für NGT-2-Pflanzen die strengen Gentechnikvorschriften bestehen. Die Debatte im EU-Parlament ist jedoch weiterhin kontrovers, und eine endgültige Einigung steht aus.
Handlungsempfehlungen und Ausblick
Die Broschüre enthält abschließend konkrete Handlungsempfehlungen, um eine evidenzbasierte Regulierung der Genomeditierung voranzutreiben. Dabei wird betont, wie wichtig eine Harmonisierung der europäischen Vorschriften mit internationalen Standards ist, um Wettbewerbsnachteile für die EU zu vermeiden.
Die Broschüre steht in deutscher und englischer Sprache online zur Verfügung und richtet sich an Entscheidungsträger, Wissenschaftler sowie an die interessierte Öffentlichkeit. Sie bietet fundierte Analysen und wertvolle Impulse für eine sachorientierte Auseinandersetzung mit einem der zentralen Themen der modernen Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit.
Quelle:
Broschüre: Im Fokus: Genomeditierung von Pflanzen. Eine aktuelle Bestandsaufnahme der Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht. Berlin Institute of Health at Charité (BIH), 2024. ISBN: 978-3-00-080222-5. doi: 10.17169/refubium-45156.
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Titelbild: Die neue Broschüre bietet eine umfassende Bestandsaufnahme der technischen Möglichkeiten und Herausforderungen der Genomeditierung. (Bildquelle: © www.pflanzenforschung.de, Symbolbild erstellt mit DALL•E)