Pflanzen "riechen" kranke Nachbarn

09.03.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Auch Pflanzen nehmen Duftstoffe war. Hier: Limabohnen. (Quelle: © iStockphoto.com/ Henry J Jacobs)

Auch Pflanzen nehmen Duftstoffe war. Hier: Limabohnen. (Quelle: © iStockphoto.com/ Henry J Jacobs)

Pflanzen können riechen, aber wie gut eigentlich? Wissenschaftler fanden heraus: Im Gegensatz zu Tieren, die Gerüche innerhalb weniger Sekunden wittern, benötigen Pflanzen sehr viel länger, um auf Duftsignale zu reagieren.

Auch Pflanzen kommunizieren mit Duftstoffen. Bei einer Schädlingsattacke produzieren sie flüchtige Substanzen, mit denen sie ihre Nachbarn warnen. Die Nachbarpflanzen nehmen diese Duftstoffe über die Blätter auf und aktivieren daraufhin ihr Immun­system. Auf diese Weise bereiten sie sich auf eine bevor­stehende Invasion der Schädlinge vor, sollten diese die Pflanze wechseln.

Die Tatsache, dass Pflanzen schädlingsresistenter werden, wenn sie flüchtige Warnstoffe ihrer Nachbarn aufnehmen, nutzte ein Wissenschaftlerteam, um die pflanzliche Verarbeitung von Gerüchen genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie setzten Limabohnen (Phaseolus lunatus) zwei Duftstoffen aus: Dem Nonanal, einem Bestandteil vieler ätherischer Öle und dem Salicylsäuremethylester, der methylierten Form eines Phytohormons. Von beiden Signalstoffen wusste man bereits, dass sie in Pflanzen eine Bakterienresistenz hervorrufen. Die Experimente der Forscher zeigten jedoch, dass für eine Erregerresistenz die Dauer und die Art des Geruches entscheidend sind.

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Die Samen der Limabohne. Duftstoffe von Nachbarpflanzen können das Immunsystem der Limabohnenpflanzen aktivieren.

Die Samen der Limabohne. Duftstoffe von Nachbarpflanzen können das Immunsystem der Limabohnenpflanzen aktivieren.

Bildquelle: ©Renee Comet/ NCI

In geschlossenen Boxen wurden die Limabohnen unterschiedlichen Konzentrationen der beiden Stoffe jeweils 6 oder 24 Stunden lang ausgesetzt. Anschließend besprühten die Wissenschaftler die Versuchspflanzen mit dem Erreger Pseudomonas syringae, einem Bakterium, dass in vielen Pflanzenarten Blatt- und Rindenbrand verursacht. Während Konzentration und Zeitraum im Falle von Nonanal keine Rolle spielten, wurden Salicylsäuremethylester-behandelte Pflanzen erst nach 24 Stunden resistent. Allerdings waren auch schon geringe Konzentrationen des Pheromons wirksam, solange ein bestimmter Schwellenwert erreicht wurde.

Aus ihren Ergebnissen folgern die Wissenschaftler, dass die  pflanzliche „Nase“ anders funktioniert als die tierische. Bei der Pflanze hinge die Weitergabe von Signalen davon ab, wie lange die Empfängerpflanze eine ausreichende Konzentration der Signalstoffe abbekommt.

Möglicherweise kann dieses Wissen auch zur Entwicklung biologischer Schädlingsbekämpfungsmethoden beitragen. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass das Pheromon Salicylsäure­methylester nicht nur die Nachbarpflanzen alarmiert, sondern auch bei der indirekten Abwehr eine wichtige Rolle spielt. In der Limabohne lockt der Signalstoff beispielsweise auch die Fressfeinde von Schädlingen an, die Pflanzen von ihren Angreifern befreien. Wissenschaftler hoffen daher, die warnenden Duftstoffe zukünftig auch für die Schädlingsbekämpfung synthetisieren zu können, oder die Produktion dieser Stoffe in der Pflanze gezielt zu steuern.


Quellen:
P. S. Girón-Calva, J. Molina-Torres & M. Heil (2012): Volatile Dose and Exposure Time Impact Perception in Neighboring Plants. In: Journal of Chemical Ecology. Online Publikation, Februar 2012, DOI: 10.1007/s10886-012-0072-3

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