Pilze gegen Schadinsekten

Projekt Bio-EntoSource erforscht natürliche Pflanzenschutzmittel

13.12.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Eine Apfelwicklerlarve befallen mit dem Pilz Cordyceps fumosorosea. Statt chemischer Insektizide sollen Pilze die Schädlinge bekämpfen. (Bildquelle: © Julius Kühn-Institut, JKI)

Eine Apfelwicklerlarve befallen mit dem Pilz Cordyceps fumosorosea. Statt chemischer Insektizide sollen Pilze die Schädlinge bekämpfen. (Bildquelle: © Julius Kühn-Institut, JKI)

Die Land- und Forstwirtschaft ist auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln angewiesen. Doch Insektizide sind meist unspezifisch und töten neben Schadinsekten auch Nützlinge ab. Könnte man stattdessen den Schadinsekten auch mit speziellen Pilzen zu Leibe rücken? Das erforscht Dr. Dietrich Stephan vom Julius-Kühn-Institut in Kooperation mit der Sao Paulo State Universität aus Brasilien. Im Idealfall würde diese Art des biologischen Pflanzenschutzes nur die Schädlinge töten. Ein Gewinn für die Biodiversität auf Äckern und Wäldern.

Die Ernteverluste durch gefräßige Schadinsekten sind ein ernsthaftes Problem für die Landwirtschaft. Schätzungsweise verlieren wir bereits heute 5 bis 20 Prozent der möglichen Ernte an sie. Und es könnte sein, dass sich das Problem noch verschlimmert. Bereits 2018 hat eine Gruppe von Wissenschaftlern berechnet, dass die aufgrund des Klimawandels steigenden Temperaturen den Insekten bessere Lebensbedingungen bieten. Die Ernteverluste könnten dadurch um 10 bis 25 Prozent ansteigen. Betroffen wären vor allem in die gemäßigten Breitengerade – also auch Mitteleuropa.

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Eine Apfelwicklerraupe hat sich bis zum Kerngehäuse eines Apfels durchgefressen. Dieses Insekt zählt zu den gefürchtetsten Schädlingen im Obstbau.

Eine Apfelwicklerraupe hat sich bis zum Kerngehäuse eines Apfels durchgefressen. Dieses Insekt zählt zu den gefürchtetsten Schädlingen im Obstbau.

Bildquelle: © Joachim K. Löckener eigenes Werk / Wikimedia, CC BY-SA 3.0

Bisher kommen auf den Feldern vor allem chemische Insektizide zum Einsatz. Doch das muss nicht so bleiben. „Wir wollen chemische Insektizide ersetzen, und zwar durch spezifische, lebende Organismen“, erklärt Dr. Dietrich Stephan vom Julius Kühn-Institut, der bereits seit vielen Jahren an biologischen Pflanzenschutzmitteln forscht. Seine Idee: Insektenpathogene Pilze sollen ganz spezifisch die Schadinsekten infizieren und abtöten.

Die Projektpartner und das übergeordnete Ziel:

Wissenschaftliche Partner:

  • Dr. Carlos Frederico Wilcken; Labor Biological Control of Forest Pests; Sao Paulo State University, School of Agriculture (UNESP, FCA)
  • Dr. Dietrich Stephan, Julius-Kühn-Institut (JKI) - Institut für Biologischen Pflanzenschutz, Dossenheim

Brasilien und Deutschland haben eine ganz andere Biodiversität, ein anderes Klima und auch andere Agrarökosysteme. Um diese Vielfalt abzubilden, standen drei unterschiedliche Arten im Fokus des Projekts.

  1. Der Apfelbaum, vor allem in Deutschland von großer Bedeutung, der vom Apfelwickler (Cydia pomonella) bedroht wird.
  2. Der Eukalyptus, dessen schnellwachsendes Holz in Brasilien riesige Plantagen füllt und vor allem von Rüsselkäfern (Chrysomeliden) zerfressen wird.
  3. Die Sojabohne, die vor allem in Brasilien angebaut wird, in Deutschland aber immer mehr an Bedeutung gewinnt. Sie wird vor allem von verschiedenen Arten der Weißen Fliege geplagt.
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Jede dieser Apfelwicklerraupen wurde von einer anderen Pilzgattung befallen: Die Gattungen Metarhizium, Beauveria und Cordyceps (v.l.).

Jede dieser Apfelwicklerraupen wurde von einer anderen Pilzgattung befallen: Die Gattungen Metarhizium, Beauveria und Cordyceps (v.l.).

Bildquelle: © Julius Kühn-Institut (JKI)

„Unser Ziel ist es, durch den Einsatz von entomopathogenen Pilzen die Anzahl der Schadinsekten so weit zu reduzieren, dass der durch sie verursachte Schaden ökonomisch nicht mehr relevant ist“, beschreibt der Biologie Dietrich Stephan sein Projekt. Die Pilzsporen docken an der Oberfläche der Insekten an, wachsen dann in das Insekt hinein und bringen es um. Dann bilden sie neue Sporen und breiten sich aus.

Das Vorgehen

Im Folgenden werden nur die Arbeiten am Apfelbaum beschrieben. Der Pflanze also, die besonders wichtig hierzulande ist. Als erstes musste Stephan die natürliche Biodiversität vor Ort untersuchen. Also: Welche Pilze kommen überhaupt im Boden vor und könnten sich als pathogen gegenüber Schadinsekten erweisen? Doch es wäre ein immenser und unnötiger Aufwand gewesen, alle im Boden befindlichen Pilze zu sequenzieren, wenn doch nur diejenigen von Interesse sind, die Insekten befallen können. Deshalb nutzte Stephan einen Trick, den er von einem anderen Forscher gelernte hatte. Er ließ Larven der Wachsmotte durch den Boden wandern. Dabei infizierten sich diese empfindlichen Larven mit allerlei Pilzen. Anschließend konnte er mit seinem Team genau diese Pilze isolieren und sequenzieren. Die Experimente wurden maßgeblich von seiner Doktorandin Nushrat Antara geleitet.

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Im Sonnenlichtsimulator mussten sich die Pilzsporen beweisen.

Im Sonnenlichtsimulator mussten sich die Pilzsporen beweisen.

Bildquelle: © Julius Kühn-Institut (JKI)

Als sich die Larven durch Bodenproben einer Apfelplantage gefressen hatten, konnte Antara 30 entomopathogene Pilze isolieren. Nach einer Vorauswahl testete sie 12 davon gegen den Apfelwickler. Die vier besten Kandidaten mussten dann zeigen, wie stabil ihre Sporen unter Sonnenlicht sind. Dazu nutzte er einen Sonnenlichtsimulator, also eine kleine Kammer, in der das Sonnenlicht im gesamten Spektrum abgebildet werden kann. Zusätzlich sind auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit einstellbar. Nushrat Antara fand heraus, dass sich durch natürliche Zusatzstoffe, wie zum Beispiel Schwarztee, die UV-Stabilität erhöhen lässt.

Ausblick

Im Idealfall findet das Team um Dietrich Stephan einen Pilz, der so gut gegen Schadinsekten wirkt, dass er als neues Pflanzenschutzmittel auf den Äckern eingesetzt werden kann. Der beste Kandidat, den sie bisher für den Einsatz in Apfelplantagen gefunden haben, befindet sich aktuell in der Feinabstimmung. Hier soll geklärt werden, ob der Pilz beispielsweise durch bestimmte Nährstoffe im Futter noch mehr pathogene Stoffe herstellt und dadurch wirksamer wird.


Publikationen aus dem Projekt:

Bisher eingereichte Veröffentlichungen:

  • Antara N-H, Jürgens A, Stephan, D (eingereicht) Exploring the dynamics of entomopathogenic fungi: isolation, characterization and growth variability in soil sample of an apple orchard. Biocontrol Science and Technology.
  • Antara N-H, Stephan D (eingereicht) Chitin-amended media: Improving efficacy of Cordyceps fumosorosea as a control agent of Cydia pomonella, J Invert Pathol.
  • Antara N-H, Stephan D (eingereicht) Formulation of spray-dried Cordyceps fumosorosea submerged spores containing water-soluble sunlight protectants, J of Applied Microbiology.
  • Antara N- H (eingereicht) Developing and optimising the effectiveness of entomopathogenic fungi for biological control of Cydia pomonella: A multifaceted approach. Dissertation, Technische Universität Darmstadt
  • Antara N-H, Stephan D (2023), Entwicklung von sprühgetrockneten Submerssporen von Cordyceps fumosorosea, beschichtet mit wasserlöslichen UV-Schutzmitteln. 63. Deutsche Pflanzenschutztagung: Pflanzenschutz morgen - Transformation durch Wissenschaft; 26. bis 29. September 2023, - Kurzfassungen der Vorträge und Poster. 
  • Antara N-H, Hoibian S, Stephan D (2021), Characterization of entomopathogenic fungi as biocontrol agent for codling moth: insights into their variation in growing parameters. 13th Young Scientists Meeting 2021 213:7. 
    Antara NH, Hoibian S, Stephan D (2021) Chitin amended media: A solution for improved entomopathogenic fungi against codling moth. 2021 International Congress on Invertebrate Pathology and Microbial Control & 53rd Annual Meeting of the Society for Invertebrate Pathology; 28th June - 2nd July 2021, Virtual Meeting 127.
  • Antara N-H, Hoibian S, Stephan D (2021) Optimierung nachhaltiger entomopathogener Pilze durch wirksame Formulierung zur Überwindung von Umweltstress. 62. Deutsche Pflanzenschutztagung: Gesunde Pflanzen in Verantwortung für unsere Welt; 21. - 23. September 2021, - Kurzfassungen der Vorträge und Poster- 467:380.

Geplante Veröffentlichungen:

  • Seib, T., Antara, N. H., Stephan, D. (in Vorbereitung) Differences between entomopathogenic fungi of the genus Cordyceps from different climatically regions. Biological Control.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Eine Apfelwicklerlarve befallen mit dem Pilz Cordyceps fumosorosea. Statt chemischer Insektizide sollen Pilze die Schädlinge bekämpfen. (Bildquelle: © Julius Kühn-Institut, JKI)