Resiliente Pflanzen für eine nachhaltige Zukunft
Wie Wissenschaft, Landwirtschaft und Gesellschaft den Klimawandel bewältigen können
Der Klimawandel stellt eine der größten Bedrohungen für die globale Ernährungssicherheit dar. Steigende Temperaturen, extreme Wetterereignisse und schwindende Ressourcen erfordern innovative Lösungen, um Pflanzen widerstandsfähiger zu machen. Forschende weltweit betonen die Dringlichkeit, Nutzpflanzen an diese neuen Herausforderungen anzupassen. Ein aktuelles White Paper, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Trends in Plant Science, beleuchtet diese Problematik und präsentiert konkrete Lösungsansätze.
Der Klimawandel beeinflusst die Landwirtschaft auf vielfältige Weise. Verschobene Klimazonen, häufigere Düren, Überschwemmungen und Stürme sowie vermehrte Schädlings- und Krankheitserreger bedrohen die Ernteerträge weltweit. Laut Dr. Seung Y. Rhee, Leiterin des Plant Resilience Institute (PRI) der Michigan State University und Hauptautorin der Veröffentlichung, steht die Menschheit vor gravierenden Konsequenzen: „Ohne klimaangepasste Nutzpflanzen drohen Hungersnöte, Massenmigration und globale Konflikte.“
Diese Entwicklungen verschärfen bestehende Probleme in der Landwirtschaft. Während die Forschung immer besser versteht, wie Pflanzen auf Stressfaktoren reagieren, bleiben große Herausforderungen bei der Umsetzung dieser Erkenntnisse in die Praxis bestehen – insbesondere in den Ländern des globalen Südens.
Zusammenarbeit als Schlüssel
Ein wesentlicher Punkt, den das White Paper hervorhebt, ist die Notwendigkeit internationaler Kooperationen. Prof. Dr. Andreas Weber von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, einer der Mitautoren, unterstreicht: „Die Aufgabe ist zu groß, als dass einzelne Länder sie alleine lösen könnten“. Es bräuchte internationale Konsortien, neue Forschungsansätze und ein innovationsfreundliches regulatorisches Umfeld.
Die Forschenden schlagen daher vor, globale Forschungsinitiativen zu etablieren. Diese sollen nicht nur finanzielle Ressourcen bündeln, sondern auch Expertisen und Technologien aus unterschiedlichen Regionen zusammenführen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Austausch zwischen Industrieländern und dem globalen Süden, wo die Auswirkungen des Klimawandels besonders stark zu spüren sind.
Der "Farm-to-Lab-to-Farm"-Ansatz
Ein innovativer Ansatz zur Beschleunigung von Forschung und Praxis ist das Konzept des "Farm-to-Lab-to-Farm"-Paradigmas. Dieses Modell sieht vor, dass reale Herausforderungen der Landwirtschaft in die Laborforschung integriert und die gewonnenen Erkenntnisse schnell zurück auf die Felder gebracht werden.
„Partnerschaften zwischen Wissenschaftlern, Landwirten und Verbrauchern sind essenziell, um praxisnahe Lösungen zu entwickeln“, erklärt Dr. Rhee. Solche Kollaborationen erfordern jedoch eine enge Kommunikation und die Bereitschaft der Forschenden, ihre Programme an die Bedürfnisse der Praxis anzupassen.
Regulatorische Hürden abbauen
Ein weiteres Hindernis, das im White Paper hervorgehoben wird, sind die langwierigen und kostspieligen Regulierungsprozesse für die Einführung neuer Technologien. Besonders Technologien wie die Genomeditierung mit CRISPR/Cas bieten enorme Potenziale, stoßen jedoch oft auf regulatorische und gesellschaftliche Hürden. CRISPR/Cas ermöglicht es, gezielt und präzise genetische Veränderungen vorzunehmen, um Pflanzen widerstandsfähiger gegen Stressfaktoren wie Dürre oder Schädlinge zu machen. Diese Methode ist nicht nur schneller und kosteneffizienter als herkömmliche Züchtungstechniken, sondern auch vielseitig einsetzbar, beispielsweise zur Verbesserung von Erträgen oder der Nährstoffzusammensetzung.
Die Autorengruppe fordert daher eine wissenschaftsbasierte, proportionale und transparente Regulierung, um Innovationen wie CRISPR/Cas schneller auf den Markt zu bringen. Dabei soll das Risiko-Nutzen-Verhältnis bewertet und niedrigere Hürden für Technologien mit geringem Risiko geschaffen werden.
Zusätzlich müsse die Öffentlichkeit über diese Technologien aufgeklärt werden, um Vertrauen zu schaffen. Erfolgreiche Beispiele wie die Verbreitung genome-editierter Tomaten in Japan zeigen, dass Akzeptanz durch direkte Einbindung der Verbraucher gestärkt werden kann. Die Vorteile solcher Innovationen – von der erhöhten Resilienz bis hin zur nachhaltigen Landwirtschaft – müssen offen kommuniziert werden, um Vorurteile abzubauen und die Einführung zu erleichtern.
Forschung auf dem Feld verstärken
Um die Resilienz von Pflanzen umfassend zu verstehen und zu verbessern, ist laut den Forschenden eine intensivere Feldforschung notwendig. Derzeit findet der Großteil der Experimente unter kontrollierten Laborbedingungen statt, während die Realität auf den Feldern viel komplexer ist. Pflanzliche Resilienz ist ein hochkomplexes und polygenes Phänomen, das im Kontext der gesamten Umwelt eines Pflanzenholobionten – also Boden, Luft, Wasser und biotische Umgebung – untersucht und gestaltet werden muss.
Die Autoren betonen die Notwendigkeit, globale Netzwerke von Forschungsstationen aufzubauen, die mit modernsten Technologien zur Phänotypisierung ausgestattet sind. Diese Stationen könnten helfen, Stressfaktoren wie Trockenheit, Schädlingsbefall oder kombinierte Belastungen gleichzeitig zu untersuchen. Fortschritte in generativer künstlicher Intelligenz (KI), Einzelzellansätzen und großflächigen, kosteneffizienten Phänotypisierungsplattformen könnten diese Forschung revolutionieren.
Die Forschenden vergleichen diese Infrastruktur mit bahnbrechenden Projekten wie dem Giant Magellan Telescope oder dem Large Hadron Collider in der Physik. Solche langfristigen Investitionen könnten die Art und Weise transformieren, wie Resilienzstrategien entwickelt und untersucht werden.
Ausblick
Das White Paper endet optimistisch. „Wenn wir Innovationen Priorität einräumen und als globale Gemeinschaft zusammenarbeiten, können wir landwirtschaftliche Systeme schaffen, die nicht nur dem Klimawandel standhalten, sondern auch eine nachhaltige und gesunde Zukunft für kommende Generationen sichern“, so Dr. Rhee.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen – von internationaler Zusammenarbeit über neue Forschungsansätze bis hin zu einer effizienten Regulierung – bieten eine klare Roadmap, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Es liegt nun an Politik, Wissenschaft und Gesellschaft, gemeinsam zu handeln und die Resilienz von Pflanzen zu einem Eckpfeiler der globalen Klimastrategie zu machen.
Quelle:
Rhee, S. Y. et al. (2024): Resilient plants, sustainable future. In: Trends in Plant Science 2024. doi: 10.1016/j.tplants.2024.11.001
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