Rhizosphären-Mikrobiom

Genetische Faktoren beeinflussen, wie Bakterien im Wurzelraum auf Stickstoff reagieren

28.01.2025 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Am Beispiel von Mais untersuchten Forscher:innen, wie der Mais-Genotyp das Mikrobiom der Rhizosphäre bei Stickstoffdüngung beeinflusst. (Bildquelle: © Hans / Pixabay, Pixabay License)

Am Beispiel von Mais untersuchten Forscher:innen, wie der Mais-Genotyp das Mikrobiom der Rhizosphäre bei Stickstoffdüngung beeinflusst. (Bildquelle: © Hans / Pixabay, Pixabay License)

Stickstoffdüngung beeinflusst die mikrobielle Vielfalt und Zusammensetzung in der Rhizosphäre von Mais – und je nach pflanzlichem Genotyp unterschiedlich. Das könnte neue Ansätze für die Entwicklung nachhaltiger Düngestrategien und die Züchtung widerstandsfähiger Pflanzensorten eröffnen.

Gene und Umwelt bestimmen das Schicksal eines jeden Lebewesens. Doch für die Wissenschaft ist es oft schwierig auseinanderzuhalten, wo Gene und wo Umwelt am Werk waren. Das gilt insbesondere für komplexe Wechselwirkungen, wie sie etwa in der pflanzlichen Rhizosphäre ablaufen. Mit ihrem Wurzelwuchs und ihren Absonderungen fördern oder hemmen Pflanzen das Wachstum bestimmter Mikroorganismen. Die Mikroorganismen ihrerseits verstoffwechseln und bilden Nährstoffe, bauen organisches Material ab und beeinflussen die pflanzliche Reaktion auf Pathogene und abiotische Stressfaktoren.

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Landwirt:innen setzten organischen oder chemischen Stickstoffdünger ein, um Nutzpflanzen mit genügend Stickstoff zu versorgen. Doch wie reagieren die Mikroorganismen im Boden auf die Stickstoffzufuhr?

Landwirt:innen setzten organischen oder chemischen Stickstoffdünger ein, um Nutzpflanzen mit genügend Stickstoff zu versorgen. Doch wie reagieren die Mikroorganismen im Boden auf die Stickstoffzufuhr?

Bildquelle: © TheRunnerUp, eigenes Werk / Wikimedia, CC BY-SA 4.0

Ein typischer Stressfaktor ist der Mangel an Stickstoff im Boden, dem Landwirt:innen durch Düngemittel begegnen. Stickstoffdüngung verändert die mikrobielle Gemeinschaft im Boden, das war bislang bekannt. Aber speziell für die Rhizosphäre gab es bislang widersprüchliche Befunde. Jetzt haben Pflanzenforscher:innen deshalb am Beispiel Mais analysiert, wie sich der genetische Hintergrund der Pflanze darauf auswirkt, wie Mikroben hier auf Stickstoff reagieren.

Inzuchtlinien und Hybride im Vergleich

Für das Experiment verglich das Team bei einem Versuchsanbau 305 Mais-Inzuchtlinien und 196 F1-Hybride, sowohl auf Flächen mit niedrigem Stickstoffgehalt als auch auf Flächen, die mit Stickstoff gedüngt wurden.

Inzuchtlinien repräsentieren genetisch homogene Populationen, die durch Selbstung entstehen, während F1-Hybriden genetisch heterogener sind und aus Kreuzungen unterschiedlicher Inzuchtlinien resultieren. Der Vergleich der beiden Gruppen zeigt, wie die genetische Diversität der Pflanzen, insbesondere Heterosis-Effekte, die Rekrutierung und Selektion spezifischer Mikroorganismen in der Rhizosphäre beeinflussen kann. Diese Unterschiede können entscheidend sein, um die Rolle von Genotypen in der Anpassung an Nährstoffstress und in der Gestaltung stabiler mikrobieller Gemeinschaften zu entschlüsseln​

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Feldversuch mit Mais.

Feldversuch mit Mais.

Bildquelle: © Gerhard Elsner, eigenes Werk / Wikimedia, CC BY-SA 3.0

Nach acht Wochen analysierten die Forscher:innen mithilfe der 16S-rRNA-Sequenzierung, wie sich das Mikrobiom in der Rhizosphäre jeweils unterschied. Außerdem analysierten die Fachleute anhand statistischer Methoden, wie divers die jeweiligen Mikrobiome zusammengesetzt waren und welche Interaktionen zwischen den Mikroorganismen vorherrschten.

Für die Inzuchtlinien zeigte sich, dass die Zahl der unterschiedlichen Mikroben – die sogenannte Alpha-Diversität – infolge der Stickstoffdüngung durchschnittlich 20 Prozent größer ausfiel. Bei Hybriden hingegen fand sich der gegenteilige Effekt: Hier halbierte sich die Alpha-Diversität im Durchschnitt. Im direkten Vergleich fiel zudem auf, dass der Unterschied in der genetischen Vielfalt – die bei Hybriden höher ist – besonders bei Stickstoffmangel zunahm.

Pseudomonas hier, Ralstonia dort

Pseudomonaden sind allgemein die häufigste bakterielle Gruppe in der Rhizosphäre. Sie wirken positiv auf das Pflanzenwachstum und fördern die Krankheitsabwehr. Bei Hybriden waren sie bereits unter Stickstoffmangel mit einer relativen Häufigkeit von 28,3 Prozent stärker vertreten als bei Inzuchtlinien (22,4 %). Noch sichtbarer wurde dieser Unterschied bei hohen Stickstoffwerten, unter denen sich bei Hybriden die Dominanz der Pseudomonaden mit einer relativen Häufigkeit von 41,5 Prozent noch stärker ausprägte. Bei Inzuchtlinie sank sie leicht (20,1 %). Damit lag der Anteil der Pseudomonaden unter hohen Stickstoffbedingungen bei Hybriden mehr als doppelt so hoch wie bei Inzuchtlinien.

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Ackerboden „bereichern“: In Zukunft könnte der Ackerboden mit Mikroben angereicherten Dünger behandelt werden, der optimal an bestimmte Mais-Genotypen angepasst ist.

Ackerboden „bereichern“: In Zukunft könnte der Ackerboden mit Mikroben angereicherten Dünger behandelt werden, der optimal an bestimmte Mais-Genotypen angepasst ist.

Bildquelle: © Catkin / Pixabay, Pixabay License

Umgekehrt wiesen die Experimente bei Inzuchtlinien eine relative Häufigkeit der Gattung Ralstonia von 4,8 Prozent bei Stickstoffknappheit und 7,6 Prozent bei Düngung nach. In der Rhizosphäre der Hybriden lag der Anteil dieser Gattung durchweg deutlich unter einem Prozent. Generell jedoch zeigten Hybride eine höhere Selektivität für bestimmte Taxa. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass sie besser in der Lage sind, von bestimmten Mikroorganismen zu profitieren.

Unterschiede in der Interaktion der Mikroben

Auch bei der Interaktion der Mikroben untereinander gab es deutliche Unterschiede. Hybride wiesen größere mikrobielle Netzwerke auf als Inzuchtlinien, die durch sogenannte Knotenpunkte quantifiziert werden können. Knotenpunkte stellen häufig Mikroorganismenarten dar, die eine Schlüsselrolle innerhalb der Gemeinschaft spielen.  Die Zahl der Knotenpunkte betrug unter Stickstoffmangel 207 (Hybride) zu 173 (Inzuchtlinien) bzw. unter Düngung 197 zu 159. Das deutet auf spezifische Anpassungen in der Interaktion zwischen Pflanze und Mikrobiom hin, die auf den abiotischen Stress bei Stickstoffmangel zurückzuführen sind.

Hingegen bildeten sich in der Rhizosphäre der Inzuchtlinien komplexere Netzwerke mit höherer Kooperationsfähigkeit zwischen den Mikroorganismen: Der sogenannte Clustering-Koeffizient, ein Maß der Kooperation, betrug unter hoher Stickstoffversorgung 0,40 gegenüber einem Wert von 0,32 bei Hybriden. Bei Stickstoffmangel lag der Wert bei 0,35 bzw. 0,29.

Ansätze für Düngung und Züchtung

Die Ergebnisse zeigen, dass genetische Faktoren der Pflanzen die mikrobiellen Gemeinschaften stark beeinflussen. Die Pflanzenzüchtung könnte von den neuen Erkenntnissen profitieren, um beispielsweise resiliente mikrobielle Konsortien gezielt zu fördern und so den Ertrag und die Gesundheit der Pflanze zu verbessern. Eine optimierte Stickstoffdüngung könnte auch dazu beitragen, diese mikrobiellen Gemeinschaften zu stärken. Ebenso wäre es möglich, gezielt biologische Dünger mit Mikroben auszubringen, die für die jeweiligen Genotypen angepasst sind.


Quelle:
Mukhtar, H., et al. (2024): Nitrogen input differentially shapes the rhizosphere microbiome diversity and composition across diverse maize lines. In: Biology and Fertility of Soils (2025), 61:1-12. doi: 10.1007/s00374-024-01863-4

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Titelbild: Am Beispiel von Mais untersuchten Forscher:innen, wie der Mais-Genotyp das Mikrobiom der Rhizosphäre bei Stickstoffdüngung beeinflusst. (Bildquelle: © Hans / Pixabay, Pixabay License)