Schon gewusst? Der Klimawandel schadet dem Weingeschmack

Viel Alkohol, wenig Frische

26.09.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Riesling gehört mit zu den ersten Rebsorten in Deutschland, die Opfer des Klimawandels werden. Seine Weine verlieren an Frische und Spritzigkeit.  (Bildquelle: © Tom Maack / Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

Der Riesling gehört mit zu den ersten Rebsorten in Deutschland, die Opfer des Klimawandels werden. Seine Weine verlieren an Frische und Spritzigkeit.  (Bildquelle: © Tom Maack / Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

Unangenehme und überreife Obstnoten - das ist eine Folge des Klimawandels für den Weingeschmack. Die steigenden Temperaturen führen zu einer früheren Traubenreife und höherem Zuckergehalt - und damit auch zu mehr Alkohol im Wein. Gleichzeitig geht die Frische verloren, da der Säuregehalt der Trauben abnimmt. Kann die Rebenzüchtung hier gegensteuern?

Hitze, Trockenheit, milde Winter. Dadurch beginnt die Beerenreife viel früher als gewohnt. Die Konsequenz: Weine mit höheren Alkoholwerten von 13 bis 15 Prozent sind heute keine Seltenheit mehr, was von vielen Weinkritikern als „kopfig“ und „heiß“ beschrieben wird. Auch der Säuregehalt sinkt und dadurch verliert z.B. der Riesling seine gewohnte Spritzigkeit und Frische. Die Haltbarkeit der Weine leidet ebenfalls unter dem Säureverlust. Zusätzlich können auch Waldbrände, die durch den Klimawandel vielerorts zunehmen, den Geschmack des Weins beeinflussen - wie in Australien beobachtet wurde, wo Weine Aromen von verbranntem Rauch aufwiesen.

Retten, was geht.

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Weinbaugebiet im Languedoc bei Minerva: Deutsche Weinberge werden in naher Zukunft einem Klima ausgesetzt sein, wie wir es heute in Südfrankreich kennen. Deutsche Weinklassiker lassen sich dann nicht mehr so einfach produzieren.

Weinbaugebiet im Languedoc bei Minerva: Deutsche Weinberge werden in naher Zukunft einem Klima ausgesetzt sein, wie wir es heute in Südfrankreich kennen. Deutsche Weinklassiker lassen sich dann nicht mehr so einfach produzieren.

Bildquelle: © BlueBreezeWiki, eigenes Werk,/ Wikipedia, CC BY-SA 3.0

Die Weinbranche hat bereits auf diese Herausforderungen reagiert. Mit einigen Tricks versuchen Winzer, die gewohnte Weinqualität zu erhalten. Durch gezielten Blattschnitt etwa wird die Sonnenstrahlung auf die Trauben reduziert, um deren Zuckergehalt und somit den Alkoholanteil unter Kontrolle zu halten. Auch im Weinkeller versuchen die Winzer, den Fehlgeschmack beim Ausbau der Weine entgegenzuwirken. Doch alles hat seine Grenzen.

Nicht nur der Geschmack, sondern auch ganze Anbaugebiete sind durch den Klimawandel bedroht. Laut einer Studie könnten bis Ende des Jahrhunderts 20 bis 70 Prozent der traditionellen Weinflächen in Europa verschwinden – durch Trockenheit und neue Krankheiten. Experten wie Heiko Paeth von der Universität Würzburg prognostizieren, dass deutsche Weinberge in Zukunft klimatisch eher Südwestfrankreich ähneln könnten. So könnte es auch kommen, dass die jetzt noch bei uns bevorzugten Südlagen der Weinberge zu heiß werden und die Winzer sie aufgegeben. Oder die Pflanzenzüchtung erzeugt Rebsorten, die mit dem Klimawandel klarkommen – ohne Qualitätsverluste beim Geschmack.

Mit Künstlicher Intelligenz den Geschmack bewahren

Das Forschungsprojekt SelWineQ ist ein aktuelles Forschungsprojekt, das genau dieses Ziel hat. Um neue Rebsorten zu erzeugen, die später reifen und dadurch den typischen Geschmack der Weine bewahren können, werden Rebenlinien mit dieser neuen Eigenschaft mit traditionellen Sorten gekreuzt. Doch die Weine der meisten dieser Kreuzungsnachkommen können geschmacklich nicht überzeugen: Durch die Kombination der Erbinformationen der Kreuzungseltern entstehen meist Geschmacksrichtungen beim Wein, die mit den traditionellen Sorten nichts gemein haben und keine Käufer finden.

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Video: Warum schmeckt Wein? Und wie bestimmt man Weinqualität wissenschaftlich? Das Projekt SelWineQ.

Videoquelle: © Blattgeflüster

Um diesen Züchtungsprozess zu beschleunigen, wird nun auch eine künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt. Sie wurde mit den genetischen Daten tausender Rebensorten und mit den unterschiedlichen Geschmacksnoten der daraus produzierten Weine gefüttert. Daraus kann die KI genetische Biomarker für bestimmte Geschmackrichtungen bestimmen.

Jetzt können unter den Kreuzungsnachkommen diejenigen identifiziert werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit schlechte Weine hervorbringen würden. Und das ist Dank KI bereits durch die genetische Analyse von Blattproben bei Keimlingen möglich. Man muss nicht mehr erst drei bis vier Jahre warten, bis eine Rebe trägt und der erste Wein hergestellt und getestet wurde. Durch die frühe Auslese „schlechter“ Keimlinge sparen die Züchter nicht nur viel Zeit, sondern auch immense Arbeitskosten und Anbauflächen ein.


Quellen:

  • an Leeuwen, C. et al. (2024): Climate change impacts and adaptations of wine production. In: Nat Rev Earth Environ 5 (2024). doi: 10.1038/s43017-024-00521-5
  • de Orduña, R. M. (2010): Climate change associated effects on grape and wine quality and production. In: Food Research International 43 (2010). doi: 10.1016/j.foodres.2010.05.001

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Titelbild: Der Riesling gehört mit zu den ersten Rebsorten in Deutschland, die Opfer des Klimawandels werden. Seine Weine verlieren an Frische und Spritzigkeit.  (Bildquelle: © Tom Maack / Wikipedia, CC BY-SA 3.0)