Schon gewusst? Wildbienen sind eine Ernte-Versicherung
Was jeder tun kann, um Bestäuber zu schützen

Die Gartenhummel. Sie zählt zu den am häufigsten vorkommenden Hummeln in Deutschland. Hummeln sind Wildbienen. (Bildquelle: © Dirk Pons / flickr.com, CC BY 2.0)
Ohne sie geht’s nicht wirklich: Wildbienen sind unersetzlich für die Bestäubung zahlreicher Nutzpflanzen. Warum das so ist, erklärt die Freiburger Naturschutzforscherin Alexandra-Maria Klein – und verrät, was Landwirt:innen und Gärtner:innen für die kleinen Helfer tun können.
Wenn von Bienen die Rede ist, denken viele zuerst an Honig. Doch der eigentliche Schatz, den Bienen für uns bereithalten, steckt nicht im Glas, sondern in der Bestäubung. Rund 75 Prozent unserer Obst-, Gemüse- und Ölsaatenkulturen sind zumindest teilweise auf Bestäuber angewiesen – und neben der Honigbiene leisten dabei vor allem Wildbienen unverzichtbare Arbeit.

Rotpelzige Sandbiene (Andrena fulva)
Bildquelle: © entomart / Wikipedia
„Wildbienen sind die Versicherung unserer Ernten“, sagt Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein, Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie an der Universität Freiburg. „Entscheidend ist ihre Vielfalt, denn unterschiedliche Wildbienenarten sind an unterschiedliche Umweltbedingungen angepasst. So fliegen etwa Hummeln auch bei kühlem, windigem oder leicht regnerischem Wetter, wenn Honigbienen ihre Aktivität einschränken. Langrüsselige Hummelarten wiederum können tiefe Blüten wie die der Gartenbohne bestäuben – eine Aufgabe, an der Honigbienen oft scheitern.“
Wenn mehrere Bestäuberarten zusammenwirken, profitieren die Pflanzen gleich doppelt: „Nicht nur die Anzahl der Früchte steigt, sondern auch deren Qualität“, so Klein. „Studien zeigen beispielsweise, dass bei Erdbeeren Form und Größe gleichmäßiger ausfallen, wenn verschiedene Bienenarten beteiligt sind. Ähnliches gilt für Äpfel oder Sonnenblumen. Johannisbeeren haben mit Wildbienen bis zu 70 Prozent mehr Ertrag, und mit Hummelbesuch steigert sich die Fruchtgröße bei Paprika um etwa 30 Prozent.“ Wildbienen wirken somit wie eine Art „Versicherung“ für stabile Erträge – und sind damit ein zentraler Pfeiler unserer Ernährungssicherheit.
Lebensraumverlust gefährdet die Bestäubung

Hosenbiene (Dasypoda altercator)
Bildquelle: © Christian Fischer / Wikipedia, CC BY-SA 3.0
„Die größte Gefahr für Wildbienen ist der Verlust von Lebensräumen, die ihnen geeignete Nistplätze und Nahrung bieten“, warnt Klein. Je weiter eine landwirtschaftliche Anbaufläche von Wildbienenhabitaten entfernt liegt, desto weniger werden die angebauten Pflanzen besucht. „Studien zeigen, dass sich die Zahl der Blütenbesuche um bis zu 50 Prozent verringert, wenn der nächste naturnahe Lebensraum weiter als 700 Meter entfernt ist.“
Doch das ist nicht alles: „Eine zu frühe Mahd, das Entfernen von Totholz oder die Versiegelung offener Bodenstellen und der Einsatz von Herbiziden verringern das Angebot an Nahrung und Nistplätzen. So fehlt vielen Wildbienenarten beides zugleich – und das führt zu instabilen Bestäubungsleistungen, die sich nicht nur auf die Erträge auswirken, sondern langfristig womöglich auch auf Vielfalt und Qualität unserer Lebensmittel.“
Mit einfachen Mitteln Wildbienen fördern
„Wildbienen brauchen Nahrung, Nistplätze und vielfältige Landschaftsstrukturen – idealerweise alles möglichst nah beieinander“, sagt Klein. „Deshalb ist ein Mosaik aus Blühflächen, Hecken, offenen Bodenstellen und Totholz entscheidend.

Ackerhummel-Nest
Bildquelle: © Panoramedia, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 3.0
Schon ein mehrjähriger, naturnaher Blühstreifen entlang eines Ackers, eine Blühinsel im Garten oder ein Feldweg, der nicht gemäht wird, kann wichtige Ressourcen wie Pollen, Nektar, Nistplätze und Nistmaterialien bereitstellen.“ Heimische Gehölze wie Wildrosen in der Hecke, Steinhaufen, Lehmwände oder bewusst unbearbeitete Stellen im Garten bieten Rückzugsorte für viele Arten. „Besonders wichtig ist eine gestaffelte Blüte über das ganze Jahr: Nach der Apfelblüte sollten etwa Kleegras-Säume, Wiesenkräuter oder Sommerblumen folgen. Nur so können Wildbienen durchgängig versorgt werden – von März bis in den Herbst.“
Auch bei der Bodenbearbeitung gibt es Spielraum: „Wer auf einem Teil der Fläche auf das Pflügen verzichtet und stattdessen grubbert, schafft Nistplätze für bodennistende Arten“, erklärt Klein. „Solche Maßnahmen lassen sich mit relativ geringem Aufwand umsetzen – und bringen oft mehr als viele denken.“
Gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter Dr. Felix Fornoff hat sie konkrete Empfehlungen in einem Buch zusammengefasst: „Praxishandbuch Nutzpflanzenbestäubung – Ertragssteigerung durch Förderung der Biodiversität“. Es richtet sich „an alle Menschen, die Obst und Gemüse kultivieren und gleichzeitig Wildbienen schützen möchten“.
Quelle:
„Wildbienen sind die Versicherung unserer Ernten.“ (Interview mit Alexandra-Maria Klein, Webseite Universität Freiburg, abgerufen am 16.05.2025)
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Titelbild: Die Gartenhummel. Sie zählt zu den am häufigsten vorkommenden Hummeln in Deutschland. Hummeln sind Wildbienen. (Bildquelle: © Dirk Pons / flickr.com, CC BY 2.0)