Süßer Schutz gegen Salzstress

Forschende entdecken neuen Genschalter bei Zuckerhirse

05.05.2025 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Zuckerhirse (Sorghum bicolor) – ein spezieller Genschalter erhöht ihren Zuckergehalt. (Bildquelle: © Larry Rana, USDA - United States Department of Agriculture, Gemeinfrei / Wikimedia)

Die Zuckerhirse (Sorghum bicolor) – ein spezieller Genschalter erhöht ihren Zuckergehalt. (Bildquelle: © Larry Rana, USDA - United States Department of Agriculture, Gemeinfrei / Wikimedia)

Bodenversalzung stellt die Landwirtschaft weltweit vor große Herausforderungen. Doch ausgerechnet eine uralte Kulturpflanze könnte die Lösung bieten: die Zuckerhirse. Ein internationales Forschungsteam am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat nun herausgefunden, wie ein genetischer Schalter namens SWEET13 der Zuckerhirse ermöglicht, besonders gut mit Salzstress umzugehen. Ihre Ergebnisse erschienen jüngst im Fachjournal „Scientific Reports“.

Die Zuckerhirse (Sorghum bicolor), die ursprünglich aus dem Sudan stammt, wächst besonders effizient und produziert viel Biomasse. Ihre Fähigkeit, auch unter extremen Bedingungen zu gedeihen, macht sie zu einer vielversprechenden Pflanze in Zeiten des Klimawandels. Besonders faszinierend: Manche Zuckerhirse-Sorten reagieren auf salzige Böden sogar mit einer gesteigerten Zuckerproduktion. Doch wie genau funktioniert dieser Mechanismus?

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Oben: Sorte „Della“, die aufgrund einer weniger aktiven Variante des Gens SWEET13 weniger Ressourcen in die Samen verschiebt. Unten: Die Variante „Razinieh“, die mit einem ​​​​​salzaktivierten SWEET13-Allel versehen ist und mehr Kohlenhydrate in den Samen speichert.

Oben: Sorte „Della“, die aufgrund einer weniger aktiven Variante des Gens SWEET13 weniger Ressourcen in die Samen verschiebt. Unten: Die Variante „Razinieh“, die mit einem ​​​​​salzaktivierten SWEET13-Allel versehen ist und mehr Kohlenhydrate in den Samen speichert.

Bildquelle: © KIT

Ein Forschungsteam unter Leitung von Professor Peter Nick vom KIT fand heraus, dass das Gen SWEET13 als „Genschalter“ fungiert, der über die Verteilung von Zucker innerhalb der Pflanze entscheidet. Unter salzigen Bedingungen sorgt SWEET13 dafür, dass der Zucker gezielt in die Körner geleitet wird, statt in Stängel oder Wurzeln.

SWEET13: Der Genschalter im Detail

SWEET13 gehört zur Familie der sogenannten SWEET-Transporter („Sugar Will Eventually be Exported Transporters“). Diese Proteine ermöglichen den passiven Transport von Saccharose entlang eines Konzentrationsgefälles über Zellmembranen hinweg. SWEET13 sitzt an der Schnittstelle zwischen den photosynthetisch aktiven Zellen und den Leitbahnen der Pflanze und spielt eine zentrale Rolle beim Zuckertransport über das Phloem. Unter Stressbedingungen wie hoher Salzkonzentration wird SWEET13 durch das Pflanzenhormon Abscisinsäure (ABA) aktiviert. Dadurch wird der Zuckerfluss verstärkt in die Samen gelenkt, was die Überlebens- und Fortpflanzungschancen der Pflanze unter extremen Umweltbedingungen erhöht.

Molekulare Züchtung für mehr salztolerante Sorten

Die Wissenschaftlerin Dr. Eman Abuslima konnte zeigen, dass speziell die syrische Zuckerhirsesorte Razinieh eine besonders aktive Variante von SWEET13 besitzt. Dank moderner Züchtungsverfahren lässt sich dieser vorteilhafte genetische Schalter nun gezielt in andere Sorten einkreuzen. Bereits im Keimlingsstadium können Forschende mit molekularen Techniken überprüfen, ob die gewünschte Genvariante vorhanden ist.

„Dieses molekulare Wissen kann helfen, die Ernährungssicherheit in Regionen mit versalzenen Böden zu verbessern“, erklärt Professor Nick. Besonders betroffen sind etwa das Nildelta, Bangladesch oder auch Süditalien, wo versalzte Böden zunehmend ein Problem darstellen.

Pflanzenanatomie spielt auch entscheidende Rolle

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Versuch mit Sorghumhirsepflanzen an der Versuchsanstalt des Joseph Gottlieb Kölreuter Instituts für Pflanzenwissenschaften (JKIP) des KIT.

Versuch mit Sorghumhirsepflanzen an der Versuchsanstalt des Joseph Gottlieb Kölreuter Instituts für Pflanzenwissenschaften (JKIP) des KIT.

Bildquelle: © Maren Riemann / KIT

Zusätzlich zur genetischen Komponente untersuchten Forschende am KIT auch anatomische Merkmale, die die Zuckerakkumulation beeinflussen. Dabei zeigte sich, dass in den besonders zuckerhaltigen Sorten wie der am KIT entwickelten Sorte KIT1 die Leitungsbahnen im Pflanzenstängel anders aufgebaut sind: Das Phloem, welches für den Zuckertransport zuständig ist, ist deutlich ausgeprägter als das Xylem, das hauptsächlich Wasser transportiert. Diese Besonderheit unterstützt eine effektive Speicherung von Zucker im Stängel und macht die Pflanzen widerstandsfähiger gegenüber Salzstress.

Zuckerhirse als nachwachsender Rohstoff

Der genetische Schalter SWEET13 könnte künftig nicht nur die Landwirtschaft unterstützen, sondern auch die Umwelt entlasten. Denn die besonders zuckerreichen Sorten der Zuckerhirse eignen sich ideal zur Herstellung von Biogas, Bioethanol und biologisch abbaubaren Polymeren. Gleichzeitig könnten Nebenprodukte aus der Biogasproduktion als nachhaltige Düngemittel eingesetzt werden, wodurch wiederum der Verbrauch von mineralischen Phosphatdüngern sinken könnte.


Quelle:
Abuslima, E. et al. (2025): Salt stress-induced remodeling of sugar transport: a role for promoter alleles of SWEET13. In: Scientific Reports (2025). doi: 10.1038/s41598-025-90432-2

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Titelbild: Die Zuckerhirse (Sorghum bicolor) – ein spezieller Genschalter erhöht ihren Zuckergehalt. (Bildquelle: © Larry Rana, USDA - United States Department of Agriculture, Gemeinfrei / Wikimedia)