Verborgene Allianz

Wie Nematoden den Kohlfliegenbefall indirekt unterstützen

27.03.2025 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Ein mit Fuchsin gefärbter Wurzelknoten in den Feinwurzeln infizierter Ackersenfpflanzen, der einen juvenilen Nematoden enthält. (Bildquelle: © Axel J. Touw / IGZ)

Ein mit Fuchsin gefärbter Wurzelknoten in den Feinwurzeln infizierter Ackersenfpflanzen, der einen juvenilen Nematoden enthält. (Bildquelle: © Axel J. Touw / IGZ)

Eine aktuelle Studie zeigt, dass der Befall von Rübsenpflanzen durch Wurzelgallennematoden nicht nur direkte Schäden verursacht, sondern auch die chemischen Abwehrstrategien der Pflanzen verändert. Diese Anpassung führt ungewollt dazu, dass Kohlfliegenlarven, ein bedeutender Fraßschädling, begünstigt werden.

Bodenorganismen wie Wurzelgallennematoden sind in vielen Agrarökosystemen weit verbreitet und treten häufig als erste in Kontakt mit den Pflanzen auf. Das Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) kombinierte Bioassays mit ökometabolomischen Analysen, um den komplexen Dialog zwischen den befallenen Rübsenpflanzen (Brassica rapa) und den Schädlingen zu entschlüsseln. Ziel der Studie war es, die indirekten Wechselwirkungen zwischen einer Nematodenart (Meloidogyne incognita) und den Kohlfliegen (Delia radicum) zu verstehen und deren Auswirkungen auf die pflanzliche Abwehr zu untersuchen.

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Eine juvenile Wurzelgallennematode (Meloidogyne incognita) durchdringt eine Tomatenwurzel. Dort löst der Schädling die Bildung von Gallen aus, wodurch der Pflanze wertvolle Nährstoffe entzogen werden.

Eine juvenile Wurzelgallennematode (Meloidogyne incognita) durchdringt eine Tomatenwurzel. Dort löst der Schädling die Bildung von Gallen aus, wodurch der Pflanze wertvolle Nährstoffe entzogen werden.

Bildquelle: © William Wergin and Richard Sayre, USDA / Wikimedia, CC BY 2

Chemische Umstrukturierung der Pflanzenabwehr
Die Untersuchung ergab, dass infizierte Rübsenpflanzen ihre chemische Zusammensetzung deutlich umstellen. Im Detail wird die Produktion von Indol-Glucosinolaten erhöht, während gleichzeitig die Menge an aliphatischen Glucosinolaten sinkt. Diese schwefelhaltigen Verbindungen sind charakteristisch für Kreuzblütler und spielen eine zentrale Rolle bei der Abwehr gegen Fraßschädlinge. Aliphatische Glucosinolaten wirken normalerweise hemmend auf die Entwicklung der Kohlfliege. Eine Reduktion um 10 bis 25 Prozent bei diesen Stoffen senkt jedoch die natürliche Resistenz der Pflanze, sodass Schädlinge leichter Fuß fassen können.

Indirekte Wechselwirkungen im Boden
Obwohl Wurzelgallennematoden und Kohlfliegen in unterschiedlichen Bereichen des Bodens aktiv sind, vermittelt die Pflanze als gemeinsame Ressource einen indirekten Effekt. Durch die veränderte Abwehrchemie begünstigen infizierte Pflanzen den Befall durch Kohlfliegenlarven. Tatsächlich schlüpfen aus diesen Pflanzen fast 1,5-mal mehr erwachsene Kohlfliegen als aus nicht infizierten Pflanzen. Diese überraschende Entdeckung verdeutlicht, wie eng die Interaktionen zwischen verschiedenen Schädlingen verknüpft sind und wie Veränderungen in einem Bereich des unterirdischen Netzwerks unerwartete Folgen in einem anderen haben können.

Bedeutung für den integrierten Pflanzenschutz
Die Ergebnisse der Studie werfen ein neues Licht auf die Komplexität von pflanzenvermittelten Wechselwirkungen im Boden. Da Wurzelgallennematoden häufig vorkommen und frühzeitig mit den Pflanzen in Kontakt treten, können ihre Effekte die Resistenz der Pflanzen gegen weitere Angreifer nachhaltig beeinflussen. Das Verständnis dieser indirekten Interaktionen ist ein wichtiger Baustein, um innovative und integrierte Schädlingsmanagementstrategien zu entwickeln. Ein tieferes Wissen über die molekularen Mechanismen der pflanzlichen Abwehr könnte langfristig helfen, Ertragsverluste zu minimieren und den Pflanzenschutz in Agrarökosystemen zu optimieren.


Quelle:
Touw, A. J. et al. (2025):  Root-knot nematode infection enhances the performance of a specialist root herbivore via plant-mediated interactions. In: Plant Physiology (2025). doi: 10.1093/plphys/kiaf109 

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Titelbild: Ein mit Fuchsin gefärbter Wurzelknoten in den Feinwurzeln infizierter Ackersenfpflanzen, der einen juvenilen Nematoden enthält. (Bildquelle: © Axel J. Touw / IGZ)