Verzuckerung von Maisstroh verbessern
Projekt Cornwall ist in der dritten Phase
Der Verzuckerungsgrad von Maispflanzen beschreibt, wie gut der Zucker aus der Lignocellulose freigesetzt und als Grundstoff für die chemische Industrie durch mikrobielle Fermentierung verwendet werden kann (© Medard Kafoutchoni)
Endliche, fossile Rohstoffe durch nachwachsende ersetzen: Dies ist weiterhin das Ziel des Projekts Cornwall, das inzwischen in der dritten Phase steckt. Erste Erfolge gibt es bereits.
Lignocellulose ist der wichtigste Baustein der Zellwände verholzter Pflanzen. Zunächst entsteht ein Gerüst aus Cellulose und Hemicellulosen, das später durch die Einlagerung von Lignin verstärkt wird. Hier ein Beispiel einer möglichen Ligninstruktur.
Bildquelle: © Karol007, Wikipedia, CC BY-SA 3.0
Mais ist das drittwichtigste Getreide der Welt. Von den mannshohen Pflanzen werden jeden Herbst die Kolben geerntet. Blätter und Stängel bleiben dagegen meist auf dem Feld. Ein Teil trägt zum Aufbau von nährstoffreichem Humus für die nächste Saison bei. Doch diese Biomasse – immerhin rund die Hälfte des Gesamtgewichts der Pflanze – könnte auch anderweitig genutzt werden.
Die Blätter und Stängel bestehen zu einem großen Teil aus Lignocellulose, die wiederum reich an Zucker ist. Mit biochemischen Verfahren lassen sich die Zuckermoleküle freisetzen – dieser Prozess heißt Verzuckerung. Anschließend können sie als Ausgangsstoffe durch mikrobielle Fermentation für die chemische Industrie dienen.
Der Abbau von Lignocellulose ist jedoch schwierig. Die dichte Struktur des Materials erschwert es den Enzymen, an die Bindestellen zwischen den Zuckermolekülen heranzukommen. Hier setzt das Projekt Cornwall an. „In der inzwischen dritten Phase geht es immer noch darum, transgen-freie und wirtschaftlich wettbewerbsfähige Maispflanzen zu finden, deren Lignocellulose sich einfacher abbauen lässt“, sagt Markus Pauly, Professor für Pflanzliche Zellbiologie und Biotechnologie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der das Projekt koordiniert.
Die Projektpartner und das übergeordnete Ziel
Die Forschenden haben sich vorgenommen, Gene oder Genvarianten zu identifizieren, die den Verzuckerungsgrad der Pflanzen verändern, ohne andere Eigenschaften zu beeinflussen.
Wissenschaftliche Partner:
- Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) – Institut für Pflanzliche Zellbiologie und Biotechnologie: Prof. Dr. Markus Pauly (Projektkoordinator)
- Julius-Kühn-Institut: Prof. Dr. Benjamin Stich
- Forschungszentrum Jülich: Prof. Dr. Björn Usadel
Industriepartner:
Das experimentelle Vorgehen
Die passenden Mutationen aufspüren
Bei Cornwall 1 standen 10.000 Maispflanzen im Mittelpunkt, die durch Mutagenese erzeugt worden waren. In Cornwall 2 kamen mehr als 270 europäische Landrassen hinzu. In Cornwall 3 liegt der Fokus nun auf Kreuzungen dieser Landrassen. „Weil Landrassen an sich schon Hybride sind, nennt man Kreuzungen aus zwei Landrassen dann Vierfach-Hybride“, erläutert Pauly.
Das Vorgehen ist dabei immer gleich: Zunächst werden die Maispflanzen im Gewächshaus angezogen und Blattproben genommen. Diese müssen gewogen und zerkleinert werden – eine zeitaufwändige Arbeit, die inzwischen von einem Roboter namens Walli übernommen wird. Mithilfe von Photometrie und Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie (HPLC) bestimmen die Forschenden den Gehalt an Zellulose und Lignin. Anschließend wird getestet, welche Linien gut oder schlecht verzuckern.
Doch nicht nur die Gene, sondern auch Umweltfaktoren beeinflussen die Zellwand und damit den Verzuckerungsgrad. Um den genetischen Anteil besser einschätzen zu können, wurden die Landrassen zwei Jahre lang an drei Standorten angebaut. „Das hat uns dabei geholfen, den Umwelteinfluss rauszukürzen“, fasst der Biochemiker von der HHU zusammen.
Die verantwortlichen Gene finden
Maispflanzen auf einem Versuchsfeld des Projekts Cornwall. Blätter und Stängel einer Maispflanze werden zurzeit kaum wirtschaftlich genutzt, doch das soll sich ändern.
Bildquelle: © Delphine Van Inghelandt
Von den Pflanzen, die sich im Verzuckerungsgrad oder in Zellwandeigenschaften – etwa dem Gehalt an Cellulose, Lignin, Galaktose oder Hemicellulose – von den Wildtyp-Pflanzen unterscheiden, wurde das gesamte Genom sequenziert. „Dabei findet man natürlich viele Mutationen und muss herausfinden, welche Mutation für die beobachtete Eigenschaft verantwortlich ist.“
Außerdem führten die Forschenden Genome Wide Association Studies (GWAS) durch. Dadurch lässt sich prüfen, ob Pflanzen mit ähnlichem Verzuckerungsgrad oder ähnlichen Zellwandeigenschaften auch vergleichbare Genombereiche besitzen. „Die Genombereiche, die wir dadurch finden, umfassen noch etwa eine halbe Million Basenpaare und entsprechend viele Gene“, erklärt Pauly. „Wir müssen in diesen Abschnitten also nach konkreten Genen suchen, die das Phänomen erklären können.“
Die biochemischen Hintergründe aufklären
Wenn die Mutationen gefunden worden sind, muss als nächstes nachgewiesen werden, dass tatsächlich diese Mutation den Phänotyp verursacht. „Dann geht die Arbeit erst richtig los!“, scherzt Pauly. Für diesen Schritt braucht er homozygote Knock-out-Mutanten. Bei diesen Pflanzen sind beide Allele des zu untersuchenden Gens inaktiviert. Liegt auch dann eine Veränderung im Verzuckerungsgrad vor, ist der Zusammenhang bewiesen.
Ausblick
Unter den 10.000 in Cornwall 1 getesteten Pflanzen waren immerhin fünf dabei, die einen signifikant höheren oder niedrigeren Verzuckerungsgrad aufwiesen. „Viele Firmen sind natürlich an einem höheren Verzuckerungsgrad interessiert. Aber auch eine niedrigere Verzuckerung ist für Landwirt:innen interessant, weil das bedeutet, dass die Pflanzen stabiler sind und im Feld nicht so schnell umkippen“, erläutert Pauly.
Die erste Mutante namens mlgh1, die einen um 35 Prozent höheren Verzuckerungsgrad aufweist, ist bereits patentiert. Für eine weitere Mutante ist der Stoffwechselweg entschlüsselt, eine Patentierung steht noch aus. Bei zwei Mutanten gibt es bereits Kandidaten-Gene, die aktuell überprüft werden. Bei der letzten Mutante ist noch unklar, welche Mutation den beobachteten Effekt hervorruft.
„Sobald die verantwortlichen SNPs klar sind, können Züchtungsfirmen sie in ihr Elite-Material einkreuzen und so von der Eigenschaft profitieren“, erklärt Pauly. Die Ergebnisse sind zudem nicht nur für Mais relevant, sondern könnten auch auf andere wirtschaftlich wichtige Süßgräser wie Weizen übertragen werden.
Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:
- Maisstroh als Rohstoff nutzen – Das Projekt „CornWall“
- Neue alte Feldfrucht – Projekt BIMOTEC erforscht ganzheitliche Nutzung von Buchweizen
- „Stroh ist nicht gleich Stroh“ – Interview mit Dr. Markus Rarbach von Clariant
Titelbild: Der Verzuckerungsgrad von Maispflanzen beschreibt, wie gut der Zucker aus der Lignocellulose freigesetzt und als Grundstoff für die chemische Industrie durch mikrobielle Fermentierung verwendet werden kann (© Medard Kafoutchoni).