Vorteilhafter Zelltod

Neue Erkenntnisse zur Symbiose von Pilzen und Pflanzen

02.12.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Pilze wie die Sebacinales (Wachskrustenartige) wachsen nicht nur auf Pflanzenwurzeln, sie können auch in sie eindringen. Dabei gibt es erstaunliche Parallelen zwischen der Interaktion von Pflanze und Pilz einerseits sowie Mensch und Bakterie andererseits. (Bildquelle: © Gerhard Koller (Gerhard) at Mushroom Observer / Wikimedia, CC BY-SA 3.0)

Pilze wie die Sebacinales (Wachskrustenartige) wachsen nicht nur auf Pflanzenwurzeln, sie können auch in sie eindringen. Dabei gibt es erstaunliche Parallelen zwischen der Interaktion von Pflanze und Pilz einerseits sowie Mensch und Bakterie andererseits. (Bildquelle: © Gerhard Koller (Gerhard) at Mushroom Observer / Wikimedia, CC BY-SA 3.0)

Wenn gutartige Pilze Pflanzenwurzeln besiedeln wollen, muss deren Verteidigungsreaktion fein austariert sein. Eine neue Studie zeigt, dass es bei diesem Prozess Ähnlichkeiten gibt zu der Interaktion von menschlichen Immunzellen und pathogenen Bakterien. Von den Erkenntnissen könnten sowohl Medizin als auch Landwirtschaft profitieren.

Eine Symbiose mit Mikroorganismen kann für Pflanzen äußerst vorteilhaft sein. Rhizobium-Bakterien heften sich an die Wurzeln von Hülsenfrüchtlern und binden für sie Stickstoff aus der Luft. Pilze aus der Gattung Sebacinales schützen ihren Wirt vor Pathogenen, fördern das pflanzliche Wachstum und erhöhen die Samenproduktion. Sie sind daher sowohl für natürliche als auch für bewirtschaftete Ökosysteme von großer Bedeutung.

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Über die Wurzeln nehmen Pflanzen Wasser und Nährstoffe auf. Pilze können ihnen dabei behilflich sein.

Über die Wurzeln nehmen Pflanzen Wasser und Nährstoffe auf. Pilze können ihnen dabei behilflich sein.

Bildquelle: © Banana patrol, eigenes Werk / Wikimedia, CC BY-SA 3.0

Wenn Sebacinales-Pilze Wirtspflanzen wie Gerste (Hordeum vulgare) oder Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) besiedeln, müssen sie zunächst ein kontrolliertes Absterben von einigen Wurzelzellen auslösen. Bisher war jedoch unklar, durch welche Signalwege dieser Prozess vermittelt wird. Eine neue Studie unter der Leitung von Prof. Alga Zuccaro von der Universität Köln zeigt jetzt auf, welche Pilzenzyme dabei eine Rolle spielen und welche pflanzlichen Moleküle daran beteiligt sind.

Zwei Moleküle induzieren Zelltod

Das Team nutzte für seine Experimente die Modellpflanze Ackerschmalwand und den Pilz Sebacinales indica. Sie fanden heraus, dass S. indica zwei Enzyme in den Apoplasten, also in den Bereich außerhalb der pflanzlichen Zellmembran, absondert: NucA und E5NT, die beide das Molekül Desoxyadenosin (dAdo) herstellen.

Dieser Prozess weist interessanterweise deutliche Parallelen zu der Interaktion von humanpathogenen Bakterien (wie Staphylococcus aureus) und menschlichen Immunzellen auf. „Diese Ähnlichkeit zeigt, dass der Mechanismus bei verschiedenen Mikroben und Spezies konserviert ist“, sagt Professorin Alga Zuccaro. „Wenn wir diese gemeinsamen Mechanismen verstehen, können wir wirksamere Ansätze entwickeln, um sowohl schädliche als auch nützliche Mikroben für die menschliche Gesundheit und den Nutzpflanzenanbau zu nutzen.“

Pflanzlicher Transporter notwendig

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Elektronenmikroskopische Aufnahme von Staphylococcus aureus. Der in dieser Studie gefundene Prozess zur Einleitung des kontrollierten Zelltodes findet auch bei der Interaktion von menschlichen Erregern wie pathogenen Staphylococcen und menschlichen Immunzellen statt.

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Staphylococcus aureus. Der in dieser Studie gefundene Prozess zur Einleitung des kontrollierten Zelltodes findet auch bei der Interaktion von menschlichen Erregern wie pathogenen Staphylococcen und menschlichen Immunzellen statt.

Bildquelle: © Eric Erbe, Christopher Pooley, USDA, gemeinfrei / Wikimedia

Doch wie bewirkt das im apoplastischen Raum befindliche dAdo das Absterben der Pflanzenzelle? Eine Möglichkeit wäre die sogenannte Muster-getriggerte Immunität (PTI). Dabei erkennen Rezeptoren in der Plasmamembran Muster innerhalb pathogener Moleküle und setzten reaktive Sauerstoffspezies frei. Doch dieser Mechanismus wird durch dAdo nicht aktiviert.

Stattdessen wird das Molekül mit Hilfe des pflanzeneigenen Transporters ENT3 durch die Zellmembran in die Pflanzenzelle hinein transportiert und wird dort wirksam - denn bei Arabidopsis-Pflanzen ohne ENT3 konnte dAdo keinen Zelltod mehr auslösen.

Neuer Rezeptor identifiziert

Neben der bereits erwähnten Muster-getriggerten Immunität besitzen Pflanzen auch noch eine Effektor-getriggerten Immunität (ETI). Dabei erkennen in der Pflanzenzelle befindliche R-Proteine das Vorhandensein oder die Aktivität von pathogenen Effektormolekülen. Die meisten R-Proteine gehören zur Gruppe der Nukleotid-bindenden Leucin-rich repeats (NRL), die je nach ihrem N-Terminus als TNL oder CNL klassifiziert werden. Meist sind es die TNLs, die als Sensor für Effektormoleküle fungieren, während CNLs erst zu einem späteren Zeitpunkt als deren Helfer agieren. Bisher wurden die Wahrnehmungs- und Signalweiterleitungsmechanismen von TNLs hauptsächlich in Blättern erforscht, ihre Funktion in Wurzelzellen ist weniger gut beschrieben.

Prozess innerhalb der Zelle nicht konserviert

Mit Hilfe weiterer Experimente konnte das Team um Zuccaro daher auch noch einen bisher unbekannten TNL-Rezeptor namens ISI identifizieren, der in die Vermittlung des Zelltods involviert ist. Doch Mutationen am ISI-Lokus führen lediglich dazu, dass der durch dAdo vermittelte Zelltod sich verlangsamt, bringen den Prozess aber nicht zum Erliegen.

Wie genau dAdo in der Pflanzenzelle mit ISI oder andren TNLs interagiert, muss daher noch erforscht werden. Anders als der Stoffwechselweg im Apoplasten ist der Stoffwechselweg im Inneren der Zelle aller Wahrscheinlichkeit nicht zwischen Pflanzen und Tieren konserviert.


Quelle:
Dunken N, Widmer H, Balcke GU, Straube H, Langen G, Charura NM, Saake P, De Quattro C, Schön J, Rövenich H, Wawra S, Khan M, Djamei A, Zurbriggen MD, Tissier A, Witte CP, Zuccaro A. A nucleoside signal generated by a fungal endophyte regulates host cell death and promotes root colonization. Cell Host Microbe. 2024 Nov 19:S1931-3128(24)00406-2. doi: 10.1016/j.chom.2024.10.020

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Titelbild: Pilze wie die Sebacinales (Wachskrustenartige) wachsen nicht nur auf Pflanzenwurzeln, sie können auch in sie eindringen. Dabei gibt es erstaunliche Parallelen zwischen der Interaktion von Pflanze und Pilz einerseits sowie Mensch und Bakterie andererseits. (Bildquelle: © Gerhard Koller (Gerhard) at Mushroom Observer / Wikimedia, CC BY-SA 3.0)