Wandelbare Blüher

Zahlreiche Gene bestimmen beim Mais über den Zeitpunkt der Blüte

17.09.2013 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Früher Blüher: Weil unsere Vegetationsperioden kürzer sind, besitzen europäische Maissorten besonders viele

Früher Blüher: Weil unsere Vegetationsperioden kürzer sind, besitzen europäische Maissorten besonders viele "Frühblüher-Allele" im Genom. (Quelle: © Aleksey Stemmer / Fotolia.com)

Obwohl Mais ursprünglich aus Mexiko stammt, findet man ihn heute auf Feldern in den unterschiedlichsten Klimazonen. Bei dieser Ausbreitung musste sich die Pflanze an verschiedenste Klimazonen anpassen. Bis heute ist Mais dabei außerordentlich flexibel, denn der Blühvorgang wird bei ihm von einem besonders komplexen genetischen Netzwerk kontrolliert.

Der Exportschlager Mexikos ist nicht Tequila sondern Mais. Doch nicht nur in Mexiko heißt es: Mais soweit das Auge reicht. Inzwischen wiegen sich die Pflanzen auf Feldern von Kanada bis Argentinien im Wind. Die USA sind weltweit zum größten Produzenten aufgestiegen. Seit einigen Jahren gilt Mais sogar als weltweit wichtigste Kulturpflanze und hat Reis von seiner angestammten Position verdrängt.

Auf seinem Siegeszug um die Welt musste der Mais mit zahlreichen neuen Umwelteinflüssen zurechtkommen. Je weiter er sich vom Äquator entfernte, desto kälter wurde es. Außerdem verkürzte sich die Vegetationsperiode und die Tageslichtdauer veränderte sich. Während in Mexiko die Tageslänge nahezu das ganze Jahr über konstant bleibt, schwankt sie in unseren Breiten sehr stark. Das beeinflusst vor allem den Zeitpunkt der Blüte.

Dass der Mais es trotzdem geschafft hat, sich an die unterschiedlichsten Klimazonen anzupassen, liegt wahrscheinlich daran, dass sehr viele Gene den Blühzeitpunkt kontrollieren. Während bei Pflanzen wie Arabidopsis, Sorghum oder Reis nur wenige Gene einen großen Einfluss auf den Beginn der Blüte haben, zeigen neuste Forschungsergebnisse, dass die Situation beim Mais viel komplexer ist. Vermutlich liegt genau darin der Erfolg der Pflanze.

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Kurztagsgene südamerikanischer Maislinien sollen die Wachstumssperioden europäischer Energiemaissorten verlängern.

Kurztagsgene südamerikanischer Maislinien sollen die Wachstumssperioden europäischer Energiemaissorten verlängern.

Bildquelle: © Günter Havlena / pixelio.de

Das komplexe genetische Netzwerk erleichtert die Anpassung

Wann genau der Zeitpunkt gekommen ist, von der vegetativen in die reproduktive Phase überzugehen, also anstatt Blättern endlich Blüten zu produzieren, wissen die Pflanzen, indem sie verschiedene äußere und innere Faktoren auswerten. Die wichtigsten Taktgeber sind das Alter der Pflanze und die Tageslichtdauer.

Letztere hilft den Pflanzen dabei, zu bestimmen, in welcher Jahreszeit sie sich befinden und wie viele warme Tage noch vor ihnen liegen, in denen sich ihre Blüten zu Kolben, Körnern oder Früchten entwickeln können. Außerdem sollten männliche und weibliche Blüten möglichst zeitgleich entstehen, um sich gegenseitig befruchten zu können.

Um herauszufinden, wie und warum der wärmeliebende und auf kurze Tage fixierte mexikanische Mais sich heutzutage auch in Nordeuropa zurechtfindet, analysierten Wissenschaftler 336 Maislinien aus fünf verschiedenen Gruppen. Nördlicher und Europäischer Flint-Mais, Iowa Synthetic Stiff Stalks, Corn Belt Dents (beide in Nordamerika heimisch) und Tropischer Mais wurden im Feld begutachtet und ihre DNA analysiert.

Was sorgsam ausbalanciert ist, kann nicht so leicht überlistet werden

Dabei kam unter anderem heraus, dass die nördlichen und europäischen Sorten vermehrt Varianten bestimmter Blühgene aufweisen, die die Pflanzen früher blühen lassen. Je mehr dieser Allele die Pflanzen hatten, desto zeitiger blühten sie auch. In tropischen Sorten sind diese Frühblüher-Allele hingegen kaum vorhanden. Da die Sommer und damit die Wachstumsperiode in den Tropen lang sind, ist eine frühe Blüte unerwünscht, denn dadurch würde die Wachstumsperiode unnatürlich verkürzt. Maispflanze konnte sich deshalb so gut an das gemäßigte Klima anpassen, weil zahlreiche DNA-Regionen einen Einfluss auf die Blütenbildung nehmen.

Aufgrund der Vielzahl an Blühallelen ist es jedoch für Züchter besonders schwierig, die von der Evolution sorgsam austarierte Blühinduktion zu überlisten.

Bei den als Energiemais bekannten Sorten will man die Blüte möglichst lang hinauszögern, damit die vegetative Wachstumsphase verlängert wird. Der Mais soll nur Biomasse produzieren, ohne bei der aufwändigen Blütenproduktion seine Kräfte zu verschwenden. Ziel der Anstrengungen sind bis zu fünf Meter hohe Maispflanzen, die reichlich Stoff für Biogasanlagen liefern. Der Ertrag an Biomasse pro Hektar kann unter idealen Bedingungen verdoppelt werden. Erste Mais-Linien in diese Richtung gibt es bereits. Die längere Wachstumsperiode erreicht man, indem Kurztagsgene südamerikanischer Linien in Kreuzungen europäischen Materials eingebrachte werden. Dabei kam es den Züchtern darauf an, nicht nur die Vegetationsperiode sondern auch die Wassereffizienz zu verbessern. Mais gilt als eine sehr durstige Pflanze und durch den Klimawandel rechnen Pflanzenzüchter damit, dass Temperatur- und Wasserhaushalt mehr und mehr zu limitierenden Faktoren werden.

Noch liegt also ein weiter Weg vor den Züchtern, denn die Studie zeigt auch, dass der Mais sich nicht so leicht überlisten lässt. So puffern die Pflanzen die Blühgenen selbst, indem diese Veränderung an einem Allel durch andere Allele ausgleichen. Erst wenn mehr darüber bekannt ist, wie einzelne Gene mit dem Genom beziehungsweise Umwelteinflüssen interagieren und welche Auswirkungen das auf den Phänotyp der Pflanzen hat, könnten Züchter schneller bessere Sorten züchten, die an die veränderten klimatischen und generellen Standortbedingungen angepasst sind.

 


Quelle:

Bouchet et al. (2013): Adaptation of Maize to Temperate Climates: Mid-Density Genome-Wide Association Genetics and Diversity Patterns Reveal Key Genomic Regions, with a Major Contribution of the Vgt2 (ZCN8) Locus. In: Plos One. (Online-Veröffentlichung, 30. August 2013). Doi: 10.1371/journal.pone.0071377

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Titelbild: Früher Blüher: Weil unsere Vegetationsperioden kürzer sind, besitzen europäische Maissorten besonders viele "Frühblüher-Allele" im Genom. (Quelle: © Aleksey Stemmer / Fotolia.com)