Was kommt nach dem Erdöl?

Künstliche Photosynthese als Energiequelle

28.03.2019 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Vorbild der künstlichen Photosynthese ist die Natur. (Bildquelle: © lin2015/Pixabay/CC0)

Vorbild der künstlichen Photosynthese ist die Natur. (Bildquelle: © lin2015/Pixabay/CC0)

Erdöl, Kohle und Atomenergie gelten nicht als tragfähige Energiekonzepte für die Zukunft. Anders die künstliche Photosynthese. Die Diskussion und das Interesse haben in den letzten Jahren zugenommen. Doch was genau versteht man eigentlich genau darunter?

Die künstliche Photosynthese gilt als vielversprechender Ansatz zur emissionsfreien Produktion von chemischen Brenn- oder Wertstoffen. Ihr Vorbild ist die biologische Photosynthese von Pflanzen. Bei dieser werden unter dem Einfluss von Sonnenlicht Wasser und Kohlendioxid in Glukose, Wasser- und Sauerstoff umgewandelt. Dagegen geht es bei der künstlichen Photosynthese letztendlich um ganz andere Substanzen, z. B. Methan, Methanol oder Kohlenmonoxid, um nur einige aus der breiten Palette von Wunschprodukten zu nennen.

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Bei den Landpflanzen findet die Photosynthese in den Chloroplasten statt, hier in der Blattspreite eines Laubmooses.

Bei den Landpflanzen findet die Photosynthese in den Chloroplasten statt, hier in der Blattspreite eines Laubmooses.

Bildquelle: © Kristian Peters/Wikimedia.org/CC BY-SA 3.0

Die Natur als Vorbild

Dass die biologische Photosynthese als Vorbild dient, heißt aber nicht, dass das Ziel der künstlichen Photosynthese ist, diese im Detail nachzubilden. Schließlich ist sie nicht gerade effizient. Vielmehr geht es um das Wirkprinzip und die Grundidee: Die Umwandlung von Lichtenergie in chemische Energie. Als chemische Energie wird die Energieform bezeichnet, die in Form einer chemischen Verbindung in einem Energieträger gespeichert ist.

In vielen Einrichtungen und Unternehmen wird weltweit an unterschiedlichen Konzepten geforscht. Trotz der Fortschritte und Anstrengungen in den letzten Jahren ist der Entwicklungs- und Forschungsbedarf zum aktuellen Zeitpunkt immer noch hoch und viel Grundlagenforschung nötig.

Kennzeichen der künstlichen Photosynthese

Die teils sehr unterschiedlichen Ansätze für eine künstliche Photosynthese haben eines gemeinsam: Sie nutzen Wasser, Sonnenlicht und Kohlendioxid. Außerdem laufen die Prozesse zur Produktion von Energie, Roh- und Wertstoffen immer vollständig in einem integrierten System ab. Dies kann ein Objekt wie ein künstliches Blatt sein ebenso wie eine technische Anlage mit mehrstufigen Prozessen. Welcher Ansatz sich am Ende durchsetzen wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Ein weiteres Kennzeichen ist, dass bei der künstlichen Photosynthese synthetische Katalysatoren (z. B. auf Basis von Platin, Iridium oder Cobalt) zur Brenn- und Wertstoffproduktion eingesetzt werden. Die bei diesem Prozess notwendige Ladungstrennung erfolgt durch Halbleiter und Farbstoffe. Bei der biologischen Photosynthese findet Ersteres im übertragenen Sinne durch Enzyme und Membranen statt, Letzteres durch Blattfarbstoffe.

Die synthetischen Katalysatoren sind es übrigens auch, die den Unterschied zwischen einem künstlichen Blatt und einer schlichten Solarzelle ausmachen. Bei Solarzellen geht es darum, elektrische Energie herzustellen und nicht vorrangig chemische Prozesse in Gang zu setzen.

Gibt es auch eine halb-künstliche Photosynthese?

Die Entwicklung ist heute so weit fortgeschritten, dass es aber nicht mehr ausreicht, allein zwischen echten und künstlichen Blättern und Solarzellen zu unterscheiden. Neuerdings wird auch an einem interessanten Zwischenweg geforscht: Mit Hilfe der Nanotechnologie ist es möglich, die biologische Photosynthese von Organismen zu optimieren, z. B. von Bakterien.

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Giacomo Ciamician (1857-1922) gilt als Urheber und Vordenker der künstlichen Photosynthese.

Giacomo Ciamician (1857-1922) gilt als Urheber und Vordenker der künstlichen Photosynthese.

Bildquelle: © Wikimedia.org/Gemeinfrei

Man spricht dann von semi- oder halb-künstlicher Photosynthese. Dabei werden lichtsensitive Nanopartikel eingesetzt, um die photokatalytischen Fähigkeiten von Bakterien zu optimieren. Das können beispielsweise Cadmiumsulfid-Nanopartikel sein, die gezielt an Proteinen befestigt werden und auf Licht reagieren.

Das Querschnittsthema schlechthin

Wer zum Thema künstliche Photosynthese forscht, ist es gewohnt, mit Kollegen aus unterschiedlichsten naturwissenschaftlichen Gebieten zusammenzuarbeiten. Neben Physikern und Materialwissenschaftlern ist beispielsweise auch die Mikrobiologie vertreten. So wurde Tobias Erb vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie 2018 mit einem Forschungspreis ausgezeichnet.

Mit Hilfe eines Enzyms aus einem Bodenbakterium hatten er und seine Kollegen einen neuen Stoffwechselweg zur Umwandlung von CO2 in Glyoxalsäure im Reagenzglas entwickelt. „Der CETCH-Zyklus“, sagt Erb, „kann aber so verändert werden, dass dabei zum Beispiel Rohstoffe für Biodiesel entstehen.“

Ob nun im Reagenzglas, im künstlichen Blatt oder Bakterium. Die Beispiele zeigen, dass der Begriff künstliche Photosynthese nicht für ein ganz bestimmtes Verfahren steht, sondern für sehr unterschiedliche Ansätze.

Man darf daher gespannt sein, welche Erkenntnisse in den nächsten Jahren folgen und welche Ansätze sich durchsetzen werden. Interessant wird sein, welchen Platz die künstliche Photosynthese im Energiemix einnehmen wird und wie die ersten solaren Raffinerien aussehen werden.


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Titlebild: Vorbild der künstlichen Photosynthese ist die Natur. (Bildquelle: © lin2015/Pixabay/CC0)