Wasserscheuer Schwimmfarn hilft Schiffen, Sprit zu sparen

04.06.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Containerschiffe könnten mit dem bionischen Anstrich Kraftstoff sparen. (Quelle: © iStockphoto.com/ Youssouf Cader)

Containerschiffe könnten mit dem bionischen Anstrich Kraftstoff sparen. (Quelle: © iStockphoto.com/ Youssouf Cader)

Der Schwimmfarn hüllt sich unter Wasser in ein hauchdünnes Kleid aus Luft und hält es monatelang fest. Deutsche Forscher haben nun aufgeklärt, wie der Farn das macht. Ihre Ergebnisse sollen die Konstruktion neuartiger Schiffsrümpfe ermöglichen, die in einer Hülle aus Luft übers Wasser gleiten und dadurch erheblich weniger Treibstoff verbrauchen.

Der Schwimmfarn Salvinia molesta ist extrem wasserscheu: Taucht man ihn unter und zieht ihn dann wieder heraus, perlt die Flüssigkeit sofort ab. Wie die unscheinbare Pflanze trocken bleibt, haben Forscher der Universitäten Bonn, Karlsruhe und Rostock nun aufgeklärt: Unter Wasser hüllt sich der Farn in ein hauchdünnes Kleid aus Luft und hält dieses monatelang fest. Die Luftschicht verhindert, dass die Pflanze mit Flüssigkeit in Kontakt kommt. 

Bereits länger ist bekannt, dass auf der Oberfläche der Schwimmfarn-Blätter winzige schneebesenartige Härchen sitzen. Diese sind hydrophob: Sie halten das Wasser in der Umgebung auf Distanz. Die Wissenschaftler konnten nun zeigen, dass die äußersten Spitzen dieser Schneebesen hingegen wasserliebend sind. Sie tauchen in die sie umgebende Flüssigkeit ein und ‚tackern’ das Wasser gewissermaßen auf der Pflanze fest. Die darunter sitzende Luftschicht kann daher nicht so leicht entweichen.

Schon heute werden unbenetzbare (superhydrophobe) Oberflächen nach natürlichem Vorbild bei wasserabstoßenden Textilien, selbstreinigenden Materialien („Lotus-Effekt®“) und in der Mikroanalytik angewendet. Diese Oberflächen sind jedoch nicht auf das Halten der Luft unter Wasser optimiert. In bewegtem Wasser geht die Luftschicht spätestens nach einigen Stunden verloren. Die Übertragung des Salvinia-Prinzips auf technische Materialien eröffnet daher vielfältige Anwendungsmöglichkeiten - etwa für schnell trocknende Bademode, korrosionsfreie Unterwasserapparaturen und reibungsarme Rohrleitungen. 

Ein gewaltiges Potenzial hat das entdeckte Prinzip für den Schiffsbau: Bislang geht bei Containerschiffen mehr als die Hälfte der Antriebsenergie durch Reibung des Wassers am Rumpf verloren. Mit einer Luftschicht ließe sich dieser Verlust nach Schätzung der Forscher um zehn Prozent reduzieren. Die weltweite Kraftstoffeinsparung könnte bis zu einem Prozent betragen. 

In Laboruntersuchungen versuchen die Forscher nun mehr über die Beschaffenheit des Schwimmfarns herauszufinden. Ihr ehrgeiziges Ziel ist es, die Eigenschaften des Farns so nachzubilden, dass es technisch möglich wird, sie als Schiffslack zu applizieren. Mit dem bionischen Bootslack ausgestattete Schiffe könnten dann in Zukunft in einer Hülle aus Luft durch das Wasser gleiten und so den Schiffsbau revolutionieren. 

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt ist ein Nachfolgeprojekt der Machbarkeitsstudie „Superhydrophobe biologische Oberflächen - Ein mögliches Potenzial für hydrodynamische technische Innovationen“, in der die Vielfalt natürlicher wasserabweisender Oberflächen – von Insekten, Schwimmfarnen sowie einigen Spinnen, Vögel und Säugetiere - gezeigt werden konnte. Die technische Übertragung dieser Prinzipien ist teilweise bereits geglückt und die entwickelten Oberflächenstrukturen mittlerweile patentiert. Mit dem Nachfolgeprojekt wurde nun die spezifische Funktionsweise zweier Systeme (Schwimmfarne und Wasserjagdspinne) eingehender untersucht. Die aktuelle Publikation der Forscher erschien in der Zeitschrift „Advanced Materials“ (doi: 10.1002/adma.200904411).