Weniger Dünger dank Pilze?
Wie RAM1 über Adapterproteine die Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen steuert

Arbuskel des Pilzes Rhizophagus irregularis in einer Wurzel des japanischen Hornklees (Lotus japonicus). Links: Wildtyp, rechts: Hier ist das RAM1-Gen stillgelegt worden und die Arbsukel sehen verkümmert aus. Dieses Experiment unterstreicht die zentrale Bedeutung von RAM1 für die Pilz-Pflanze-Symbiose. (Bildquelle: © Priya Pimprikar / Gutjahr Labor)
Pflanzen leben in enger Partnerschaft mit Pilzen, um Nährstoffe besser aufzunehmen. Eine neue Studie zeigt: Der pflanzliche Transkriptionsfaktor RAM1 aktiviert wichtige Symbiosegene mithilfe spezieller Adapterproteine. Diese Erkenntnis könnte helfen, Pflanzen zu entwickeln, die effizienter mit Pilzpartnern kooperieren – und weniger Dünger brauchen.
Rund 80 Prozent aller Landpflanzen leben in Symbiose mit sogenannten arbuskulären Mykorrhizapilzen. Diese uralte Partnerschaft hilft den Pflanzen, schwer verfügbare Nährstoffe wie Phosphor oder Stickstoff effizienter aus dem Boden aufzunehmen. Die Pilze wiederum erhalten von der Pflanze energiereiche Kohlenstoffverbindungen, insbesondere Lipide und Zucker.
Wie Pilze beim Düngen helfen können: Caroline Gutjahr erforscht am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (Potsdam) die Symbiose von Pflanzen und Pilzen – und zeigt, wie ihr Zusammenspiel die Landwirtschaft nachhaltiger machen könnte.
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Im Zentrum dieser Kooperation stehen Arbuskel – baumartige Verzweigungen der Pilzhyphen, die sich innerhalb der Rindenzellen der Wurzeln bilden. Umgeben von einer pflanzlichen Membran und ausgestattet mit spezialisierten Transportproteinen, dienen sie als hochspezialisierte Schnittstellen für den beidseitigen Stoffaustausch.
Damit Arbuskel entstehen und funktionieren können, muss die Pflanze eine Vielzahl an Genen gezielt anschalten. Lange war bekannt, dass das pflanzliche Protein RAM1 hierbei eine Schlüsselrolle spielt. Doch wie dieser sogenannte Transkriptionsfaktor ohne eigene DNA-Bindungsfähigkeit Gene aktiviert, blieb bisher ungeklärt.
RAM1 – ein Transkriptionsfaktor mit Adapterbedarf
RAM1 wird der Familie der GRAS-Transkriptionsfaktoren zugerechnet – benannt nach den ersten entdeckten Mitgliedern GAI, RGA und SCARECROW. Diese Proteine wirken häufig nicht durch direkte DNA-Bindung, sondern regulieren Gene, indem sie mit anderen DNA-bindenden Proteinen Komplexe bilden. RAM1 ist ein typischer Vertreter: Es ist für die Genregulation essenziell, besitzt jedoch keine eigene DNA-Bindedomäne. Dennoch erfüllt es alle funktionellen Kriterien eines Transkriptionsfaktors.

Mykorrhizapilze verbinden sich mit Pflanzenwurzeln, um Nährstoffe auszutauschen.
Bildquelle: © Dr. Yoshihiro Kobae, CC BY-SA
Eine neue Studie unter Leitung von Caroline Gutjahr am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (Potsdam) hat nun entschlüsselt, wie RAM1 seine Zielgene aktiviert: Es bildet Komplexe mit einer Gruppe DNA-bindender WRI-Proteine, die als molekulare Adapter fungieren und RAM1 zur Ziel-DNA bringen.
Adapterproteine aus der WRI-Familie machen Gene zugänglich
In enger Zusammenarbeit mit dem Team von Nitzan Shabek (University of California, Davis) zeigte das Forschungsteam, dass RAM1 mit fünf sogenannten WRI-Transkriptionsfaktoren (CBX1, WRI3, WRI5a/b/c) interagiert.
Diese WRI-Proteine binden an spezifische DNA-Elemente – sogenannte AW-Boxen und MYCS-Motive – auf den Promotoren zentraler Symbiose-Gene wie RAM2, STR und PT4. Diese Gene sind essenziell für den Aufbau und die Funktion der Arbuskel:
- RAM2 kodiert ein Enzym, das an der Biosynthese von Cutinmonomeren beteiligt ist. Diese Verbindungen sind entscheidend für die Bildung der Membranstruktur, in der Arbuskel eingebettet sind – und vermutlich auch für das Eindringen des Pilzes in die Wurzelzellen.
- STR (Stunted Arbuscule) kodiert ein Transporterprotein, das vermutlich für den Export von Lipiden aus der Pflanzenzelle in den symbiotischen Raum zuständig ist – eine zentrale Versorgungsleistung für den Pilzpartner.
- PT4 ist ein Phosphattransporter, der Phosphat, das vom Pilz geliefert wird, in die Pflanzenzelle aufnimmt. Ohne PT4 kann der Nährstoffaustausch nicht effizient ablaufen.

Für ihre Experimente nutzten die Forschenden den Hornklee Lotus japonicus.
Bildquelle: © Mike Guether - eigenes Werk / Wikipedia, gemeinfrei
Nur wenn RAM1 gemeinsam mit einem dieser Adapterproteine anwesend ist, werden diese Gene effektiv aktiviert. Fehlt entweder RAM1 oder die WRI-Proteine, bleibt die Genexpression aus – und damit die Fähigkeit der Pflanze, funktionstüchtige Arbuskel zu bilden und von der Symbiose zu profitieren.
Reporterexperimente in Nicotiana benthamiana sowie funktionelle Tests in Lotus japonicus belegten: Weder RAM1 noch die WRIs allein reichen aus, um die Zielpromotoren zu aktivieren. Erst im Zusammenspiel mit intakten cis-Elementen auf der DNA und funktioneller RAM1-WRI-Interaktion wird die Genexpression ausgelöst.
Strukturelle Grundlage: Die M2/M2b-Domäne als Schlüsselstelle
#Die Bindung zwischen RAM1 und den WRIs erfolgt über eine definierte Strukturregion: das sogenannte M2/M2b-Motiv im C-Terminus der WRI-Proteine. Mithilfe von Strukturvorhersagen (RoseTTAFold), Hefe-Zwei-Hybrid-Tests, Co-Immunpräzipitation und fluoreszenzbasierter Mikroskopie konnten die Forschenden zeigen, dass dieses Motiv spezifisch an die GRAS-Domäne von RAM1 bindet.
Mutationen in dieser Region oder in der Interaktionsfläche von RAM1 führten jeweils zum vollständigen Funktionsverlust – sowohl in vitro als auch in lebenden Pflanzenwurzeln. Bemerkenswert: Das M2/M2b-Motiv kommt fast ausschließlich in WRI-Proteinen vor, die von Pflanzen mit arbuskulärer Mykorrhizakompetenz stammen – ein starkes Indiz für seine evolutionäre Spezialisierung.
RAM1 als zentrale Schaltstelle im Symbiose-Netzwerk

Ein Traktor bringt Dünger auf das Feld – noch ein notwendiger Standard in der Landwirtschaft. Doch neue Forschung zur Pflanzen-Pilz-Symbiose zeigt: Über den Transkriptionsfaktor RAM1 könnten Nutzpflanzen künftig effizienter Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen – und so den Düngerbedarf deutlich senken.
Bildquelle: © Amazone GmbH & Co. KG / Wikipedia, CC BY-SA 3.0
RAM1 wirkt funktionell als zentraler Knotenpunkt im Signalnetzwerk der arbuskulären Mykorrhiza-Symbiose. Das konnten die Forschenden auch durch genetische Analysen an verschiedenen Pflanzenmutanten belegen. So zeigte sich: Selbst in Pflanzen, denen das Signalprotein CYCLOPS fehlt – ein wichtiger Transkriptionsaktivator, der auf frühe Signale der Pilzkolonisation reagiert – konnte eine künstliche Expression von RAM1 die Bildung von Arbuskeln weitgehend wiederherstellen. Das weist darauf hin, dass RAM1 downstream von CYCLOPS wirkt und zentrale Funktionen der Symbiose eigenständig auslösen kann.
Umgekehrt jedoch versagten die WRI-Adapterproteine in Pflanzen, bei denen RAM1 ausgeschaltet war (ram1-Mutanten): Selbst bei Überexpression konnten sie keine Arbuskelbildung anstoßen. RAM1 ist demnach nicht nur notwendig, sondern auch hinreichend, um zentrale Prozesse der Symbiose zu starten – allerdings nur im Zusammenspiel mit seinen molekularen Partnern aus der WRI-Familie.
Ausblick: Weniger Dünger durch bessere Symbiose?
Die Erkenntnisse aus dieser Studie haben nicht nur grundlagenwissenschaftliche Bedeutung. Sie liefern auch neue Ansatzpunkte für die Pflanzenzüchtung und nachhaltige Landwirtschaft. Wenn es gelingt, die Aktivität des RAM1-WRI-Komplexes gezielt zu fördern – etwa durch gezielte Genexpression, Promotor-Design oder Auswahl geeigneter Varianten – könnten Nutzpflanzen effizienter mit Mykorrhizapilzen kooperieren. Das würde ihre Fähigkeit zur Nährstoffaufnahme verbessern und zugleich den Bedarf an Kunstdünger senken – mit positiven Effekten für Böden, Gewässer und Klimabilanzen.
Quelle:
Paries, M. et al. (2025): The GRAS protein RAM1 interacts with WRI transcription factors to regulate plant genes required for arbuscule development and function. In: PNAS, Vol. 122 (2025). doi: 10.1073/pnas.2427021122
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Titelbild: Arbuskel des Pilzes Rhizophagus irregularis in einer Wurzel des japanischen Hornklees (Lotus japonicus). Links: Wildtyp, rechts: Hier ist das RAM1-Gen stillgelegt worden und die Arbsukel sehen verkümmert aus. Dieses Experiment unterstreicht die zentrale Bedeutung von RAM1 für die Pilz-Pflanze-Symbiose. (Bildquelle: © Priya Pimprikar / Gutjahr Labor)