Wie die Jahreszeiten den Gesundheitswert von Rotkohl verändern
Tageslänge und Temperatur beeinflussen Gehalt an bioaktiven Inhaltsstoffen
Gemüsekohl ist ein gesundes Gemüse, insbesondere aufgrund seines Gehalts an Glucosinolaten. Eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) zeigt, wie sich die Konzentration dieser Stoffe über das Anbaujahr hinweg ändert.
Im Fokus der Untersuchung standen Glucosinolate, sekundäre Pflanzenstoffe, die für ihre krebspräventiven und entzündungshemmenden Eigenschaften bekannt sind.
Diese Stoffe spielen eine zentrale Rolle im Stoffwechsel der Pflanze: Bei Gewebeschäden wie Fraß durch Schädlinge werden Glucosinolate durch das Enzym Myrosinase abgebaut. Dabei entstehen verschiedene Produkte, darunter Isothiocyanate (ITC), die als stark gesundheitsfördernd gelten, sowie Nitrile und Epithionitrile, deren Effekte weniger positiv sind. Die Wahl des Abbauwegs wird durch sogenannte Epithiospecifier-Proteine beeinflusst, die die Bildung von Nitrilen und Epithionitrilen begünstigen. In einer dreijährigen Feldstudie in Großbeeren wurden Rotkohl, Weißkohl und Brokkoli regelmäßig geerntet und analysiert, um die saisonalen Schwankungen dieser Stoffe zu dokumentieren.
Rotkohl: Gesundheitswert hängt stark vom Erntezeitpunkt ab
Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung der Abbauprodukte von Glucosinolaten. Während Rotkohl im Sommer bis zu 40-mal mehr Isothiocyanate bildete, nahm ihre Konzentration im Herbst zugunsten von Nitrilen und Epithionitrilen stark ab. Diese saisonale Verschiebung korrelierte mit einer zunehmenden Expression von Epithiospecifier-Proteinen.
Weißkohl und Brokkoli: Moderate Schwankungen
Im Vergleich zu Rotkohl zeigte Weißkohl eine geringere saisonale Variation. Zwar nahm die Bildung von Epithionitrilen im Herbst zu, die Konzentrationen von Isothiocyanaten blieben jedoch weitgehend stabil. Bei Brokkoli waren die Schwankungen über die Erntesaison noch geringer.
Einfluss von Umweltfaktoren
Die Studie identifizierte Lichtintensität, Temperatur und Tageslänge als entscheidende Faktoren für die saisonalen Unterschiede. Höhere Temperaturen und längere Tage im Sommer begünstigen die Bildung von Isothiocyanaten, während kühlere Temperaturen und kürzere Tage im Herbst die Produktion von Nitrilen und Epithionitrilen fördern. Studien sollen nun klären, wie genau Licht und Temperatur die Aktivierung spezifischer Enzyme steuern. Langfristig könnten diese Erkenntnisse dazu beitragen, den gesundheitlichen Wert von Gemüsekohl weiter zu steigern.
Quelle:
Púčiková, V., Witzel, K., Rohn, S., Hanschen, F. S. (2024): Season-dependent variation in the contents of glucosinolates and S-methyl-L-cysteine sulfoxide and their hydrolysis in Brassica oleracea. In: Food Chemistry 465 (18.11.2024). doi: 10.1016/j.foodchem.2024.142100.
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Titelbild: Saisonale Variation: Die Menge und Zusammensetzung von bioaktiven Inhaltsstoffen des Rotkohls sind abhängig vom Erntezeitpunkt. (Bildquelle: © V. Púčiková / IGZ)