Wie ein Bodenpilz Fadenwürmer bekämpft
Malpinine legen die Verdauung lahm

1000-fache Vergrößerung eines Nematoden, der Soja befällt. (Bildquelle: © Agricultural Research Service, gemeinfrei / Wikimedia)
Schon länger ist bekannt, dass der Bodenpilz Mortierella alpina Pflanzen vor dem Befall durch Nematoden schützt. Jetzt konnte die Forschung aufklären, wie der Pilz das macht: Spezielle Peptide hemmen die Verdauungsorgane der Würmer. Dies eröffnet neue Optionen für Pflanzenschutz und Medizin.
Pflanzen werden oft von Nematoden – winzigen Fadenwürmern – befallen. Sie schädigen die Wurzeln und verlangsamen so das Pflanzenwachstum. Diese Schädlinge sind weltweit ein ernstes Problem für die Landwirtschaft, da sie die Erträge erheblich verringern können. Bisher werden Nematoden oft mit chemischen Pestiziden bekämpft, die jedoch negative Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit haben können. Daher besteht ein großes Interesse an biologischen Alternativen.
Wirksam gegen Fadenwürmer – aber auf keine bekannte Weise

Schema der Wirkweise von M. alpina gegen Nematoden.
Bildquelle: © J. Am. Chem. Soc. 2024, 146, 34702−34710
Besondere Aufmerksamkeit erhalten dabei Bodenpilze der weltweit verbreiteten Gattung Mortierella. Von den Pilzen ist bekannt, dass sie die Bodenqualität verbessern, indem sie schädliche Chemikalien verringern, Nährstoffkreisläufe begünstigen und das Pflanzenwachstum fördern. Diese Pilze sind außerdem dafür bekannt, Pflanzen vor Nematoden zu schützen. So bildet M. globalpina ein extrem dichtes Netzwerk aus Hyphen, in dem sich die Fadenwürmer verfangen. Die Nematoden und ihre Eier sind dann auch Nahrung für den Pilz. Podila verticallata wiederum beherbergt endosymbiontische Bakterien, deren Metabolite die Wirte vor fungivoren Fadenwürmern schützen. Auch im Fall von M. alpina war bereits bekannt, dass der Pilz etwa die Wurzeln von Tomatenpflanzen vor Nematoden schützen kann. Auf welche Weise blieb bislang jedoch rätselhaft: Dieser Pilz bildet weder Hyphen noch besitzt er Endosymbionten.
Ein Forschungsteam vom Hans-Knöll-Institut in Jena konnte den Mechanismus nun aufklären. Es testete die Auswirkungen verschiedener chemischer Verbindungen aus M. alpina auf die Vitalität und Wachstumsraten der Nematoden. Außerdem verfolgten die Forscher:innen durch fluoreszierende Markierungen und Raman-Mikroskopie, wie sich die aktiven Substanzen im Körper der Fadenwürmer verteilen.
Malpinine wirken als Biotenside im Darm der Parasiten
Das Ergebnis: Eine Gruppe von nicht-ribosomalen Peptiden sind die Hauptakteure bei der Abwehr der Fadenwürmer: Malpinin A bis D. Diese Substanzen wirken wie Biotenside. Sie verändern die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten und beeinflussen Zellmembranen. In den Tests bestätigte sich, dass Malpinine das Wachstum und die Fortpflanzungsrate der Würmer drastisch reduzierten. Die aktivste Verbindung war Malpinin A.

Der Fadenwurm C. elegans diente auch in der Studie als Modellorganismus.
Bildquelle: © Zeiss Microscopy / Wikimedia; CC-BY-2.0
Insbesondere die Aminosäure Dehydrobutyrin, die in den Malpininen enthalten ist, erwies sich als entscheidend für die toxische Wirkung. Diese Aminosäure besitzt eine reaktive Doppelbindung, von der ihre biologische Aktivität abhängt. Experimente mit synthetischen Analoga, bei denen das Dehydrobutyrin durch weniger reaktive Strukturen ersetzt wurde, führten zu einem vollständigen Verlust der Wirksamkeit gegen die Fadenwürmer.
Pilzpeptide stören die Verdauung der Nematoden
Mithilfe der fluoreszierenden Markierung und der Raman-Mikroskopie beobachteten die Forscher:innen, dass die Malpinine sich im Verdauungstrakt der Nematoden anreichern. Obwohl die Fadenwürmer nicht sofort sterben, hörten sie auf zu fressen und bewegten sich kaum noch. Anders als herkömmliche Wurmbekämpfungsmittel, die meist zu einer schnellen Lähmung der Nematoden führen, scheinen Malpinine demnach den Verdauungsprozess der Parasiten zu stören. Möglicherweise seien es Wechselwirkungen mit der Darmschleimhaut oder die Verklumpung des Darminhalts, die zum langsamen Tod der Fadenwürmer führen, so die Hypothese der Forscher:innen.
Evolutionsbiologisch könnte die Fähigkeit zur Synthese der Malpinine ein Überbleibsel früherer bakterieller Endosymbionten sein. Jedenfalls zeigt die Studie das enorme Potenzial von M. alpina als biologisches Bekämpfungsmittel in der Landwirtschaft. Mit den neuen Erkenntnissen lassen sich nun auch neue und umweltfreundlicher Wirkstoffe gegen Nematoden entwickeln. Der Wirkmechanismus der Malpinine sollte aber auch für die Humanmedizin von Interesse sein, etwa um neue Medikamente gegen parasitäre Würmer zu entwickeln.
Quelle:
Büttner, H., et al. (2024): Beneficial Soil Fungus Kills Predatory Nematodes with Dehydropeptides Translocating into the Animal Gut. In: Journal of the American Chemical Society 2024, 146, 34702-34710. doi: 10.1021/jacs.4c12989.
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Titelbild: 1000-fache Vergrößerung eines Nematoden, der Soja befällt. (Bildquelle: © Agricultural Research Service, gemeinfrei / Wikimedia)