Zucker-Interaktionen besser verstehen

Neuer Ansatz deckt weitere Zusammenhänge auf

27.10.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

In ihren Blättern erzeugen Pflanzen mittels Photosynthese Zuckermoleküle, die ihrem Stoffwechsel als Kohlenstoffquelle dienen. (Bildquelle: © Erich Röthlisberger/Pixabay/CC0)

In ihren Blättern erzeugen Pflanzen mittels Photosynthese Zuckermoleküle, die ihrem Stoffwechsel als Kohlenstoffquelle dienen. (Bildquelle: © Erich Röthlisberger/Pixabay/CC0)

Zucker sind als Kohlenstoffquellen an wesentlichen physiologischen Prozessen in Pflanzen und anderen Lebewesen beteiligt. Mit welchen Molekülen sie in den Zellen interagieren und wie diese Interaktionen reguliert sind, ist jedoch oftmals noch unbekannt. Kombiniert man Wissen über Zuckertransporter und aus Co-Expressionsstudien, kommt zusätzliches Licht ins Dunkel.

Zucker sind fast überall in der Pflanze: Als Produkt der Photosynthese entstehen Saccharose, Raffinose oder Stachyose in den Blättern. Von dort werden sie in alle andern Organe transportiert, die diese Zuckermoleküle als Kohlenstoffquelle für ihre physiologischen Prozesse benötigen. Selbst bei der Interaktion von Pflanzen mit Mikroorganismen spielen Zucker eine Schlüsselrolle. Trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Omnipräsenz gibt es jedoch noch viele ungeklärte Fragen rund um die regulatorischen Netzwerke, an denen die Zuckermoleküle beteiligt sind.

Zuckertransporter im Fokus

Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universität Düsseldorf hat nun einen neuen Ansatz gewählt, um diese regulatorischen Netzwerke aufzudecken. Das Team hat auf die Protein-Protein-Interaktion von Zuckertransportern geschaut und diese mittels Co-Expressionsstudien mit anderen Zellprozessen in Verbindung gebracht. Gelingt es, das Interaktionsnetzwerk von Zuckertransportern aufzuklären, erfährt man viel über die pflanzliche Entwicklung, ihre Physiologie und ihre Interaktion mit der Umwelt.

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Zucker sind fast überall in der Pflanze. Trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Omnipräsenz gibt es jedoch noch viele ungeklärte Fragen rund um die regulatorischen Netzwerke, an denen die Zuckermoleküle beteiligt sind.

Zucker sind fast überall in der Pflanze. Trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Omnipräsenz gibt es jedoch noch viele ungeklärte Fragen rund um die regulatorischen Netzwerke, an denen die Zuckermoleküle beteiligt sind.

Bildquelle: © iStock.com/Leyn

Im Wesentlichen gibt es drei Familien von Zuckertransportern. Die kleinste bilden die Saccharosetransporter (SUT), die hauptsächlich am Langstreckentransport von den Blättern zu den Pflanzenorganen beteiligt sind. Monosaccharidtransporter (MST) bilden die größte Familie und sind an zahlreichen Zellfunktionen an den unterschiedlichsten Orten beteiligt. Viele MSTs sind bisher kaum näher charakterisiert. Die zuletzt identifizierte Familie sind sogenannte SWEETS – „sugars will eventually be exported transporter“. Sie sind Uniporter und transportieren einzelne Zuckermoleküle durch Membranen hindurch.

Interaktionen mit Membranmolekülen

Zuckertransporter sind u. a. bei Signalweiterleitungen, beim Nährstofftransport zwischen Pflanze und Mikroorganismen und an der Aufrechterhaltung der Homöostase in Zellen und im Gesamtorganismus wesentlich beteiligt. Die Aktivität von Zuckertransportern wird bestimmt durch ihre Anzahl und ihre jeweilige Transportrate. Reguliert wird diese Aktivität auf unterschiedlichen Ebenen, sowohl transkriptional und posttranskriptional sowie translational und posttranslational. Auch direkte Protein-Protein-Interaktionen und die Oligomerisierung von Transportmolekülen sind an den regulatorischen Vorgängen beteiligt.

Um den Interaktionen der Zuckertransporter auf die Schliche zu kommen, haben die ForscherInnen die Membran-basierte Interaktionsnetzwerk-Datenbank (MIND) für Arabidopsis thaliana bemüht. Sie enthält Daten zu mutmaßlichen Interaktionen zwischen Membranmolekülen und Signalproteinen, also zumindest einen Teil der möglichen Interaktionen von Zuckertransportern. Für die insgesamt 79 Zuckertransporter der Ackerschmalwand identifizierte das Team in MIND 920 wahrscheinliche Interaktionen mit Proteinen. Für 32 der 79 Zuckertransporter fanden sich keine bekannten Interaktionen in der Datenbank.

Kontenpunkte im Interaktionsnetzwerk

Deutlich wurde dabei, dass sich eine große Zahl der Interaktionen auf wenige Zuckertransporter konzentriert, die somit zentrale Knotenpunkte im Interaktionsnetzwerk darstellen. So hat AtSWEET5 112 mutmaßlich interagierende Proteine, AtSWEET7 57, At1g54730 56, AtSUC2 31 und AtSUC4 30. Außerdem förderte die Studie zwei bislang unbekannte Interaktionen zwischen jeweils zwei Zuckertransportern zu Tage.

Um die gefundenen mutmaßlichen Interaktionen besser einordnen zu können, verwendete das Forschungsteam die Co-Expressions-Netzwerkanalyse ATTED-II. Eine Co-Expression deutet darauf hin, dass zwei Gene derselben transkriptionalen Regulation unterliegen, funktional verwandt sind oder zum gleichen regulatorischen Pfad oder Proteinkomplex gehören. Für die 34 Zuckertransporter-Gene, bei denen MIND Interaktionen angezeigt hatte, fanden sich 32 Co-Expressionen.

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Die unscheinbare Pflanze Arabidopsis thaliana ist die wichtigste Modellpflanze in der Pflanzenforschung. Warum das so ist erfahren Sie in dieser Bildstrecke.
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Bildquelle: © Jörg Abendroth / MPl für Entwicklungsbiologie

Korrelationen geben Hinweise

Die dabei identifizierten Gene legen den Schluss nahe, dass der Zucker- und Stickstofftransport sowie der Metabolismus dieser beiden Stoffgruppen regulatorisch gekoppelt sind. Die ForscherInnen vermuten, dass auf die Weise eine Feinabstimmung des Verhältnisses von Kohlenstoff und Stickstoff in der Zelle stattfindet.

Eine weitere Korrelation besteht mit der Transkription für Aquaporine – ein Hinweis auf den parallelen Membrantransport von Wasser und Zucker. Eine der Co-Expressionen betrifft Annexine, die neben dem Membrantransport auch an der pflanzlichen Immunität und der Antwort auf Salzstress mitwirken. Wieder andere co-exprimierte Gene scheinen daran beteiligt zu sein, die Zuckertransporter an den richtigen Zielort zu geleiten und später einem Recycling zuzuführen.

In MIND sind bisher nur ein Bruchteil aller Membranproteine von Arabidopsis erfasst, sodass erst in Zukunft nach Vervollständigung der Datenbasis das gesamte Interaktom sichtbar wird. Übrigens kann auch die Pflanzenzucht von den neuen Erkenntnissen profitieren. Denn mit vergleichender Phylogenomik lassen sich die bei Arabidopsis gewonnenen Daten auch zur Optimierung von Nutzpflanzenarten nutzen.


Quelle:
Wipf, D. et al. (2020): Identification of Putative Interactors of Arabidopsis Sugar Transporters. In: Trends in Plant Science, (in press, 2020), doi: 10.1016/j.tplants.2020.09.009.

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Titelbild: In ihren Blättern erzeugen Pflanzen mittels Photosynthese Zuckermoleküle, die ihrem Stoffwechsel als Kohlenstoffquelle dienen. (Bildquelle: © Erich Röthlisberger/Pixabay/CC0)