Neurolathyrismus ist eine neurologische Erkrankung, die durch den übermäßigen Verzehr von Platterbsen (Lathyrus sativus) oder verwandten Lathyrus-Arten ausgelöst werden kann. Verantwortlich dafür ist die in den Samen enthaltene neurotoxische Aminosäure β-ODAP (β-N-Oxalyl-L-α,β-diaminopropionsäure). Die Krankheit ist insbesondere in Regionen bekannt, in denen die Platterbse während Hungersnöten oder in Dürreperioden als nahezu einzige Nahrungsquelle dient.

Klinisch äußert sich Neurolathyrismus in einer irreversiblen, spastischen Lähmung der unteren Extremitäten. Die Betroffenen entwickeln eine fortschreitende Schwäche und Steifheit der Beine, die bis zur völligen Gehunfähigkeit führen kann. Die Symptome entstehen durch eine Degeneration der motorischen Nervenzellen im Rückenmark (Motoneurone).

Der genaue Wirkmechanismus von β-ODAP ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass die Substanz als Glutamat-Analogon an NMDA-Rezeptoren wirkt und dadurch oxidativen Stress und eine Überstimulation der Nervenzellen verursacht. Besonders gefährdet sind unterernährte Menschen, bei denen antioxidative Schutzmechanismen geschwächt sind.

Historisch trat Neurolathyrismus gehäuft in ländlichen Gebieten von Indien, Nepal, Bangladesch, Äthiopien sowie im Mittelmeerraum auf. Heute ist die Erkrankung selten, da verbesserte Anbaumethoden, Diversifizierung der Ernährung und moderne Verarbeitungstechniken den β-ODAP-Gehalt in Lebensmitteln stark reduzieren.

Neurolathyrismus ist nicht ansteckend und betrifft ausschließlich das motorische Nervensystem, das Bewusstsein und die geistigen Fähigkeiten bleiben erhalten.

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