Strukturell komplexe Loci
Strukturell komplexe Loci sind Abschnitte im Genom, die durch ihre vielschichtige genetische Struktur und Organisation gekennzeichnet sind. Sie enthalten oft mehrere Gene, repetitive Sequenzen, Genduplikationen oder Regionen mit hoher genetischer Variabilität. Diese Loci spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation komplexer Merkmale und bei der Anpassung von Organismen an ihre Umwelt.
Eigenschaften strukturell komplexer Loci:
- Hohe genetische Vielfalt:
In diesen Bereichen gibt es oft viele verschiedene Versionen eines Gens (Allele), die unterschiedliche Funktionen oder Eigenschaften beeinflussen können. - Repetitive Sequenzen:
Sie enthalten oft wiederholte DNA-Bausteine, die ihre Analyse und Assemblierung erschweren. - Genduplikationen:
Mehrere Kopien eines Gens können in engem Abstand vorkommen, was die Funktion der Gene erweitern oder modifizieren kann. - Evolutionäre Dynamik:
Strukturell komplexe Loci stehen häufig unter starkem Selektionsdruck und verändern sich daher schneller als andere Bereiche des Genoms.
Strukturell komplexe Loci sind besonders in der Gerste (Hordeum vulgare) gut untersucht, da diese Pflanze ein großes, repetitives Genom besitzt. Zwei prominente Beispiele sind:
- Mla-Locus (Krankheitsresistenz):
- Dieser Locus kodiert für Resistenzgene, die die Pflanze vor Mehltau (Blumeria graminis) schützen.
- Er enthält viele eng beieinanderliegende Gene mit unterschiedlicher Spezialisierung gegen verschiedene Mehltaurassen.
- Durch Gen-Duplikationen und hohe Variabilität bietet der Mla-Locus eine Vielzahl von Resistenzoptionen, was ihn evolutionär besonders dynamisch macht.
- HvTB1-Locus (Pflanzenarchitektur):
- Der HvTB1-Locus steuert die Ährenstruktur der Gerste, insbesondere die Ausbildung von zwei- oder sechszeiligen Ähren.
- Während der Domestizierung entstanden durch Veränderungen in diesem Locus domestizierte Formen, die es in Wildgersten nicht gibt.