Resistenzen verstehen

Wichtige Unkraut-Genome entschlüsselt

11.09.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Grünähriger Fuchsschwanz. (Bildquelle: © Steve Bowe)

Grünähriger Fuchsschwanz. (Bildquelle: © Steve Bowe)

Landwirte kennen die Namen: Palmer Amarant, Warzenfrüchtiger und Grünähriger Fuchsschwanz. Es sind Unkräuter, die weit verbreitet sind und häufig schon gegen Herbizide resistent sind. Ein Forscherteam der Universität Illinois und des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen hat die Genome aller drei Arten nun mit neuen Technologien detailliert analysiert. Die neuen multiplen Referenzgenome sind die Basis für zukünftige Genomstudien, um Resistenzmechanismen dieser Pflanzen aufzuklären und nachhaltigere Pflanzenschutzmethoden zu entwickeln.

Weltweit steigt die Anzahl an Unkräutern, die mit Herbiziden nicht mehr oder nur schlecht bekämpft werden können. Der Grund: Viele Unkrautpflanzen entwickeln Resistenzen. Gerade aggressive Unkrautarten wie Palmer Amarant oder Fuchsschwanz sind in vielen Regionen verbreitet. Bei starkem Befall drohen Ernteverluste von bis zu 50 Prozent. Die Landwirte versuchen, ihre Verluste durch immer größere Herbizidmengen in Grenzen zu halten. Nachhaltigere Lösungen sind daher gefragt.

Genanalysen sind der Schlüssel

Doch was tun? Diese Frage beschäftigt vor allem Biowissenschaftler, die an der Entwicklung nachhaltigerer Herbizide arbeiten. Detaillierte Genomanalysen von Unkrautpflanzen können den Weg dorthin deutlich beschleunigen. Jens Lerchl, Leiter der biologischen Forschung zu Herbiziden bei der BASF und Mitautor der neuen Studie erklärt sein Ziel: „Wir wollen die biochemischen Resistenzmechanismen der Fuchsschwanzarten besser verstehen, um den Landwirten neue Lösungen für eine optimale Kontrolle der wichtigsten Unkräuter anzubieten.“

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Pflanzen der Gattung Amarant (Amaranthus) gehören zu den störendsten landwirtschaftlichen Unkräutern der Welt.

Pflanzen der Gattung Amarant (Amaranthus) gehören zu den störendsten landwirtschaftlichen Unkräutern der Welt.

Bildquelle: © Steve Bowe, BASF

Das Genom-Puzzle zusammenbauen

Genomanalysen – was einfach klingt, ist in der Praxis aber gar nicht so leicht zu bewerkstelligen. Denn die Verfahren sind immer noch sehr aufwändig und teuer. So war zwar ein Teil der Erbinformationen von den eng verwandten Arten des Palmer Amarant und Grünährigem Fuchsschwanz bereits bekannt, eine lückenlose Genomkartierung mit detaillierten Geninformationen fehlte jedoch noch. Diese notwendigen Daten liefert das deutsch-amerikanische Forscherteam in ihrer Studie nun.

Jacob Montgomery, Erstautor und Doktorand der Universität Illinois, erklärt: „Das Ziel jeder Zusammenstellung von Genominformationen ist es, die vollständige Anordnung aller Gene im Genom zu klären. In den zuvor veröffentlichten Vorschlägen für diese Arten wurde das Genom in tausende kleiner Teile zerlegt, während die von uns ermittelten Bausteine auf wenige hundert reduziert werden konnten. Die überwiegende Mehrheit der vollständigen Erbinformation besteht nun aus sehr großen Fragmenten.“ Soll heißen: Das Genompuzzle besteht nun nicht mehr aus so vielen Teilen und das erleichtert die Festlegung der Abfolge dieser Teilsequenzen im Genom.

Verschiedene Methoden führten zum Ziel

Mithilfe moderner Long-Read-Sequenzierung konnten die ForscherInnen die Genome aller drei Unkräuter sequenzieren. Im Vergleich zu früheren Methoden ist diese Technologie sehr viel schneller. Allerdings müssen die sequenzierten Genom-Fragmente in einem zweiten Schritt noch geordnet (‚assembliert‘) werden. Dafür nutzten die ForscherInnen für Palmer Amarant und die anderen beiden Arten unterschiedliche Methoden. Bei Amarant kam die sogenannte „Chromatin-Conformation-Capture“-Sequenzierung (dt.: Konformationserfassung von Chromosomen) zum Einsatz. Dieses Verfahren gibt Aufschluss darüber, welche Abschnitte des Genoms sich im Zellkern in räumlicher Nähe zueinander befinden.

Trio-Binning für Pflanzen statt Rinder

Die Assemblierung der Genome von Warzenfrüchtigem und Grünährigem Fuchsschwanz wurden hingegen mit einem innovativen Ansatz aus der Rinderzucht erstellt: der Trio-Binning-Methode. Dazu kreuzten die WissenschaftlerInnen die beiden Unkräuter und erzeugten so hybride Nachkommen. Der Warzenfrüchtige Fuchsschwanz diente dabei als männlicher Elternteil, der Grünährige Fuchsschwanz als weiblicher Elternteil.

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Statt Unkraut mühsam zu jäten, setzen Landwirte Pflanzenschutzmittel gegen die Unkrautverbreitung ein. Doch einige Arten sind bereits resistent gegen die Herbizide.

Statt Unkraut mühsam zu jäten, setzen Landwirte Pflanzenschutzmittel gegen die Unkrautverbreitung ein. Doch einige Arten sind bereits resistent gegen die Herbizide.

Bildquelle: © iStock.com/JohnAlexandr

Die Trio-Binning-Technik erlaubte es den Forschern, die Genkopien von Vater und Mutter zu trennen, was zu haploiden Genomen mit nur einem einfachen Chromosomensatz für jede Art führte. „Dieser Ansatz löst ein Problem in der früheren Fuchsschwanz-Genom-Assemblierung. Wenn sich die Elternallele sehr stark voneinander unterscheiden, interpretiert das Genomassemblierungsprogramm sie als unterschiedliche Gene“, erläutert Professor Pat Tranel, der Doktorvater von Montgomery. „Mit nur einem Allel von jeder Art konnten wir eine erheblich sauberere Assemblierung ihrer Gensequenzen erzielen.“

Für mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Die nun vorliegenden Genominformationen aller drei Unkrautarten könnten es nun ermöglichen, die häufig auftretenden Herbizidresistenzen besser zu verstehen und zukünftig solche Entwicklungen zu vermeiden. Antoine Janssen, ein am Projekt beteiligter Genominformatik-Experte, sieht das als Ansporn: „In den Biowissenschaften ist die Unkrautgenetik wichtig für die Nachhaltigkeit unserer zukünftigen Landwirtschaft. Unsere Ergebnisse werden hoffentlich Wissenschaftler auf der ganzen Welt dazu anregen, die Forschung hierzu fortzusetzen und zu fördern“.


Quelle:
Montgomery, J.S. et al. (2020): Draft genomes of Amaranthus tuberculatus, Amaranthus hybridus and Amaranthus palmeri. In: Genome Biology and Evolution, evaa177, (24. August 2020), doi: 10.1093/gbe/evaa177.

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Titelbild: Grünähriger Fuchsschwanz. (Bildquelle: © Steve Bowe)