Schon gewusst? – Mathematik bei Pflanzen

Venusfliegenfallen können bis fünf zählen

16.10.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die fleischfressende Venus-Fliegenfalle (Dionaea muscipula) kann bis fünf zählen. (Bildquelle: © MonikaP/Pixabay/CC0)

Die fleischfressende Venus-Fliegenfalle (Dionaea muscipula) kann bis fünf zählen. (Bildquelle: © MonikaP/Pixabay/CC0)

Die fleischfressende Venusfliegenfalle Dionaea muscipula kann rechnen! Doch zuerst einmal die Frage: Wozu macht sie das? Die Pflanze besitzt Schnappfallen, mit denen sie Insekten und andere kleine Tiere blitzschnell einschließen und anschließend verdauen kann. Berührungsempfindliche Sinneshaare in der Falle verraten ihr, wenn etwas in der Falle ist. Doch ist es wirklich ein Beutetier?

Um sicherzugehen, zählt die Pflanze zeitabhängig die Zahl der Berührungen. Nur wenn innerhalb von 30 Sekunden die Sinneshaare zweimal einen Kontakt melden und das Vorhandensein eines Beutetiers so bestätigt wird, schnappt die Falle zu. Doch die Pflanze kann sogar bis fünf zählen: Zwei oder mehr Reize führen zur Produktion des Berührungshormons Jasmonat. Erst bei fünf und mehr Signalen werden dann Verdauungsenzyme in das Falleninnere ausgeschieden und Transportproteine für die Aufnahme der nährstoffreichen Mahlzeit bereitgestellt. Diese Zähl-Strategie hilft der Pflanze, wertvolle Ressourcen zu sparen.

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Berührt ein Beutetier die Sinneshaare der Venusfliegenfalle, wird ein Aktionspotential ausgelöst. Diese elektrische Information wird dann in eine chemische Calciumwelle übersetzt.

Berührt ein Beutetier die Sinneshaare der Venusfliegenfalle, wird ein Aktionspotential ausgelöst. Diese elektrische Information wird dann in eine chemische Calciumwelle übersetzt.

Bildquelle: © Sönke Scherzer / Universität Würzburg

Wie die Pflanze zählen kann

Berührt ein Beutetier ein Sinneshaar im Falleninneren, wird der mechanische Reiz in ein elektrisches Signal umgewandelt: Ein sogenanntes Aktionspotential breitet sich dann über die gesamte Falle aus. Dies entsteht durch eine blitzartige Erhöhung des Calciumspiegels in den Zellen. Wird zum ersten Mal ein Sinneshaar berührt, ist diese "Calciumwelle“ nicht hoch genug, um den Schließmechanismus der Falle auszulösen. Kommt es allerdings rasch zu einer erneuten Berührung, entsteht eine weitere Calciumwelle und überlagert sich mit der ersten. Die Calciumkonzentration übersteigt dann eine kritische Höhe und die Falle schnappt zu. So zählt die Pflanze bis zwei.

Das Kurzzeitgedächtnis der Pflanze

Doch wenn die Zeitdifferenz zwischen zwei Reizen mehr als 30 Sekunden beträgt, ist die erste Calciumwelle bereits wieder abgeebbt. Es kommt also nicht mehr zu einer Überlagerung der Wellen und die Falle bleibt offen. Es handelt sich also um eine Calciumuhr, die für das Kurzzeitgedächtnis der Pflanze und das Zählen bis zwei verantwortlich ist.

Die Pflanze kann aber – wie bereits erwähnt – bis zu fünf Reize genau zählen. Es ist bislang noch nicht klar, ob auch dafür die Calciumuhr oder andere Mechanismen verantwortlich sind.


Quelle:
Suda, H. et al. (2020): Calcium dynamics during trap closure visualized in transgenic Venus flytrap. In: Nat. Plants, (05. Oktober 2020), doi: 10.1038/s41477-020-00773-1.

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Titelbild: Die fleischfressende Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) kann bis fünf zählen. (Bildquelle: © MonikaP/Pixabay/CC0)