Puzzleteile der Schädlingsabwehr

Umgebungstemperatur beeinflusst die Verteidigungsreaktion

12.02.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Wie gut sich eine Pflanze gegen Schädlinge verteidigen kann, hängt auch von der Umgebungstemperatur ab. (Bildquelle: © iStock.com/RomoloTavani)

Wie gut sich eine Pflanze gegen Schädlinge verteidigen kann, hängt auch von der Umgebungstemperatur ab. (Bildquelle: © iStock.com/RomoloTavani)

Umweltfaktoren beeinflussen bekanntermaßen Stoffwechselwege in den Pflanzen. Das Kuriose daran: Nicht immer tun sie es auf die gleiche Art und Weise. Beispielsweise reagieren verschiedene Akzessionen von Arabidopsis bei der Produktion von Verteidigungsmolekülen teilweise gegenteilig, wenn die Temperaturen schwanken. Diese neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, die Mechanismen hinter der Abwehr von Schädlingen und Krankheitserregern besser zu verstehen und resistentere Pflanzen zu züchten.

Pflanzen können vor ihren Feinden nicht weglaufen. Stattdessen müssen sie sich mit Hilfe des Immunsystems verteidigen. Ein wichtiges Molekül dabei ist die Salicylsäure. Vielen ist ihr Abkömmling, die Acetylsalicylsäure, als Kopfschmerzmittel bekannt. In Pflanzen dient Salicylsäure als Stresshormon und schaltet in den Verteidigungsmodus. Die Zellen bilden vermehrt immunologisch aktive Stoffe oder sterben „freiwillig“ ab (Apoptose), um das Ausbreiten des Pathogens zu verhindern.

Ein Team um Jane Parker vom Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln hat jetzt in einer großen Assoziationsstudie untersucht, welchen Einfluss die Temperatur auf das Verteidigungsverhalten der Pflanzen hat. Die Ergebnisse überraschen. Es gibt keinen klaren Zusammenhang zwischen der Umgebungstemperatur und der Menge an akkumulierter Salicylsäure. Vielmehr gibt es zwischen den einzelnen Akzessionen eine große genetische Variabilität.

Salicylsäuregehalt steigt mal bei Wärme, mal bei Kälte

Das Team der Wissenschaftlerin ließ insgesamt 105 Arabidopsis-Linien bei 16 °C/14 °C (Tag/Nacht) beziehungsweise bei 22 °C/20 °C wachsen. Nach fünf Tagen wogen sie die oberirdischen Pflanzenteile und bestimmten den Gehalt an Salicylsäure in den Blättern.

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Kein eindeutiges Bild: Einige Arabidopsis-Akzessionen bildeten bei 16 Grad Celsius mehr Salicylsäure, andere bei 22 Grad Celsius.

Kein eindeutiges Bild: Einige Arabidopsis-Akzessionen bildeten bei 16 Grad Celsius mehr Salicylsäure, andere bei 22 Grad Celsius.

Bildquelle: © sinitar / Fotolia.com

Bei beiden Temperaturregimes gab es zwischen den Linien beträchtliche Unterschiede. Die Biomasse war allgemein bei den Pflanzen niedriger, die bei kälteren Temperaturen wuchsen. Für den Gehalt an Salicylsäure ließ sich jedoch kein solcher Zusammenhang finden. Einige Akzessionen bildeten bei 16 Grad Celsius mehr Salicylsäure, andere bei 22 Grad Celsius.

Das bedeutet zusammengefasst auch: Es gibt Pflanzen, bei denen eine vermehrte Anregung des Immunsystems nicht mit einem gehemmten Wachstum einhergeht, wie es gemeinhin angenommen wird. Ein offensichtliches geographisches oder klimatisches Verteilungsmuster für diesen Mechanismus konnten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nicht finden.

Je mehr Salicylsäure, desto besser die Verteidigung

Für die nächsten Experimente wählten die ForscherInnen Linien aus, die entweder bei den wärmeren oder bei den kälteren Temperaturen deutlich mehr Salicylsäure produzierten. Zusätzlich testeten sie zwei Akzessionen, die bei beiden Temperaturen gleich viel Salicylsäure anreicherten. Sie besprühten die Blätter der Pflanzen dann mit dem Pathogen Pseudomonas syringae pv. tomato DC3000, abgekürzt Pst DC3000.

Nach vier Tagen zeigte sich, dass es eine robuste inverse Korrelation zwischen temperaturabhängiger Anreicherung von Salicylsäure und Bakterienwachstum gab. Je mehr Salicylsäure vorhanden war, desto besser konnten sich die Pflanzen gegen die Bakterien verteidigen. Vor allem, wenn bereits vor einer Infektion viel Salicylsäure akkumuliert war, verbesserte sich die Immunität der Pflanzen.

Zweiter Abwehrmechanismus basiert auf anderem Prinzip

Salicylsäure ist jedoch nicht das einzige Molekül, auf das es bei der Verteidigung gegen Schädlinge und Krankheitserreger ankommt. Auch das konnte Jane Parker und ihr Team herausfinden. Sie gaben ein Enzym auf die Blätter, das die Salicylsäure spaltet und damit als Pflanzenhormon inaktiviert. Auch jetzt noch zeigten sich große Unterschiede beim Bakterienwachstum in den Blättern. Es scheint also einen zweiten Verteidigungsmechanismus zu geben, der nicht auf Salicylsäure angewiesen ist. Genetische Analysen deuten darauf hin, dass der Transkriptionsfaktor bHLH059 dabei eine wichtige Rolle zu spielen scheint.

Als nächstes wollen sie untersuchen, ob eine veränderte Expression von bHLH059 oder seinem Paralog bHLH007 in Arabidopsis das Überleben bei Pathogeninfektionen in unterschiedlichen Umgebungstemperaturen erhöhen kann. Je mehr man über die Rolle des pflanzlichen Immunsystems weiß, umso gezielter lassen sich auch Nutzpflanzen mit Krankheitsresistenzen züchten.


Quelle:
Bruessow, F. et al. (2021): Natural variation in temperature-modulated immunity uncovers transcription factor bHLH059 as a thermoresponsive regulator in Arabidopsis thaliana. In: PLOS Genetics 17(1), e1009290, (25. January 2021), doi: 10.1371/journal.pgen.1009290.

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Titelbild: Wie gut sich eine Pflanze gegen Schädlinge verteidigen kann, hängt auch von der Umgebungstemperatur ab. (Bildquelle: © iStock.com/RomoloTavani)