Großreinemachen auf Pflanzenart

Pflanzen können radioaktives Cäsium aus dem Boden entfernen

02.03.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Ackerschmalwand kann Cäsium aus dem Boden aufnehmen. (Quelle: © iStockphoto.com/kovalvs)

Die Ackerschmalwand kann Cäsium aus dem Boden aufnehmen. (Quelle: © iStockphoto.com/kovalvs)

Spezielle Transportproteine der Pflanzen nehmen Cäsium aus dem Boden auf und lagern es in ihren Zellen ab. Könnten sie in Pflanzen stärker exprimiert werden, hätte man möglicherweise eine effiziente „Putzkolonne“ für belastete Böden.

Ein gesunder, fruchtbarer Boden ist essentiell für die Nahrungsmittelproduktion. Leider sind viele Böden heutzutage mit Schwermetallen oder radioaktiven Substanzen kontaminiert und sind daher für die Landwirtschaft ungeeignet. In einer neuen Studie hat ein Forschungsteam jetzt untersucht, wie Pflanzen Cäsium-137 aufnehmen. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Cäsium-Aufnahme in den Pflanzen zu steuern. Entweder damit Nahrungspflanzen möglichst wenig radioaktives Cäsium aufnehmen oder damit Pflanzen möglichst viel der giftigen Substanz aus dem Boden ziehen. Statt kontaminierte Bodenschichten aufwändig abzutragen, könnten solche Pflanzen den Boden effizient sanieren.

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Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl (hier ein Bild von der Geisterstadt Prypjat) waren neben radioaktivem Cäsium (Cäsium-137 und Cäsium-134) auch Jod (Jod-131) für die Strahlenexposition des Menschen entscheidend. Heute ist nur noch das langlebige Cäsium-137 relevant, da es eine Halbwertszeit von etwa 30 Jahren hat und somit noch nicht abgebaut ist.

Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl (hier ein Bild von der Geisterstadt Prypjat) waren neben radioaktivem Cäsium (Cäsium-137 und Cäsium-134) auch Jod (Jod-131) für die Strahlenexposition des Menschen entscheidend. Heute ist nur noch das langlebige Cäsium-137 relevant, da es eine Halbwertszeit von etwa 30 Jahren hat und somit noch nicht abgebaut ist.

Bildquelle: © Денис Резник / Pixabay

Pflanzen nehmen aktiv Cäsium auf

Cäsium (Cs) ist ein natürlich vorkommendes Alkalimetall mit geringer Giftigkeit für den menschlichen Körper. Weitaus gefährlicher ist das radioaktive Isotop Cäsium-137, das bei der Kernspaltung entsteht. Durch Bombentests oder Unfälle mit anschließendem radioaktivem Niederschlag (Fallout) wird unter anderem Cäsium-137 in der Umwelt freigesetzt und lagert sich im Boden ab.

Da Cäsium ähnliche chemische Eigenschaften hat wie Kalium (K) – beide gehören zur Gruppe der Alkalimetalle – kann es von Pflanzen und anderen Lebewesen aufgenommen werden und so in die Nahrungskette gelangen. Die Aufnahme geschieht wie bei Kalium über sogenannte ABC-Transporter (ATP-Binding-Cassette-Transporter), die Substrate aktiv gegen einen Konzentrationsgradienten unter Aufwendung von Energie durch die Zellmembranen transportieren können. Da Cäsium negativ auf das Wurzelwachstum wirkt, lagern Pflanzen es in den Zellvakuolen ein, wo es weniger schädlich ist.

Geeignet für die Phytoremediation?

Durch die aktive Aufnahme von Cäsium in Pflanzenzellen verschwindet es nach und nach aus dem Boden. Das macht man sich bei der Methode der Phytoremediation zunutze. Eigens dafür gesäte Pflanzen nehmen die schädlichen Stoffe über ihre Wurzeln auf und speichern sie (Hyperakkumulation). Anschließend werden die Pflanzen geerntet (Phytoextraktion), so dass der Boden „gereinigt“ ist.

Da Cäsium auf dem gleichen Weg wie Kalium aufgenommen wird, könnte man theoretisch Pflanzen mit überexprimierten Kalium-ABC-Transportern nutzen, um den Boden effektiv zu säubern. Nur würden diese Pflanzen zwar viel Cäsium, aber noch mehr Kalium aus dem Boden aufnehmen und ihn auslaugen.

Cäsium-Transporter gesucht

Um diese Problematik zu umgehen, untersuchten die Forscher die ABC-Transporter der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). Über genetische Verfahren ermittelten sie zwei spezialisierte Transporter, die Cäsium, aber kein Kalium transportieren: Eine Gain-of-Function-Mutation des Transportergens abcg37 zeigte eine Hypersensitivität der Pflanzen gegenüber Cäsium, eine Knock-Out-Mutation von abcg37 bewirkte aber keinen Stopp der Cäsium-Aufnahme. Daher vermuteten die Forscher ein homologes Gen, das die Aufgabe von abcg37 beim Knock-Out übernimmt.

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Wurzelzellen der Modellpflanze Arabidopsis thaliana: Über ABC-Transporter nehmen die Pflanzen Cäsium auf und speichern die Schadstoffe in den Vakuolen.

Wurzelzellen der Modellpflanze Arabidopsis thaliana: Über ABC-Transporter nehmen die Pflanzen Cäsium auf und speichern die Schadstoffe in den Vakuolen.

Bildquelle: © iStock.com/defun

Durch eine doppelte Knock-Out-Mutation von abcg37 und dem zu 80 Prozent übereinstimmenden homologen Gen abcg33 konnten die Pflanzen schließlich kaum noch Cäsium aufnehmen. Trotz der Blockade der beiden Gene blieb die Kaliumaufnahme der Pflanze unbeeinflusst. Daraus schlossen die Forscher, dass die beiden Transporter ABCG33 und ABCG37 unabhängig von der Kaliumaufnahme Cäsium in die Zellen transportieren.

Wegweisend für die Zukunft

Die Identifikation dieser ABC-Transporter ebnet einen Weg, wie in Zukunft mit radioaktivem Cäsium kontaminierte Böden effektiv mit Hilfe von Pflanzen gesäubert werden könnten. Weitere Forschung soll darüber hinaus zeigen, ob auch andere schädliche Stoffe im Boden über spezielle ABC-Transporter entfernt werden können. Das würde der Methode der Phytoremediation einen großen Schub verleihen.


Quelle:
Ashraf, M.A. et al. (2021): ATP Binding Cassette Proteins ABCG37 and ABCG33 function as potassium-independent cesium uptake carriers in Arabidopsis roots. In: Molecular Plant, (12. Februar 2021), doi: 10.1016/j.molp.2021.02.002.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Die Ackerschmalwand kann Cäsium aus dem Boden aufnehmen. (Quelle: © iStockphoto.com/kovalvs)