Pflanzennährstoffe besser nutzen

Das Projekt „INPLAMINT“

16.03.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Das Team startet 2019 einen Versuch mit Weizen unter verschiedensten Anbaubedingungen. (Bildquelle: © X. Cao)

Das Team startet 2019 einen Versuch mit Weizen unter verschiedensten Anbaubedingungen. (Bildquelle: © X. Cao)

Wie können Landwirte Pflanzennährstoffe effizienter einsetzen? Lassen sich die Nährstoffkreisläufe durch Interaktionen von Pflanzen, Mikroorganismen und Böden optimieren, damit die Äcker fruchtbarer und die Ernten üppiger werden? Wie gelingt es, Gewässer vor zu hohen Nitratbelastungen zu schützen? Diesen zentralen Fragen geht das Forschungsprojekt „INPLAMINT“ nach.

Nährstoffüberschüsse – vor allem Stickstoffverbindungen – aus landwirtschaftlichen Quellen sind problematisch. Deutschland wurde bereits 2016 von der EU-Kommission wegen der anhaltend hohen Nitratbelastung von Gewässern beim europäischen Gerichtshof verklagt. Aufgrund seines Urteils musste die Düngeverordnung umfassend überarbeitet werden. Die neue Verordnung trat im Mai 2020 in Kraft. Das Nitrat-Problem besteht jedoch fort.

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Hier werden Bodenproben genommen.

Hier werden Bodenproben genommen.

Bildquelle: © R. Reichel

Dreh- und Angelpunkt ist daher weiterhin Stickstoff. Dieser ist für das Wachstum von Pflanzen essentiell und wird häufig in Form von Ammonium- und Nitratsalzen als Dünger eingesetzt. Doch oft werden diese Verbindungen nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen. Hinzu kommt, dass überschüssiges Ammonium im Boden von bestimmten Bakterien (Nitrifizierer) zu leicht auswaschbarem Nitrat und Lachgas umgesetzt wird. Die hohe Nitratlast gefährdet das Grundwasser und erhöht die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft.

Nährstoffe effizient zu nutzen, ist daher ein zentrales Ziel von nachhaltiger Landwirtschaft, dem sich auch das interdisziplinäre Projekt „INPLAMINT“ verschrieben hat.

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderprogramm „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ seit 2015 gefördert und ist bereits in seiner zweiten Phase, die dieses Jahr ausläuft. Doch auch noch eine dritte Förderphase ist möglich. Gute Voraussetzungen, denn in insgesamt dann neun Jahren Projektlaufzeit können viele wertvolle Langzeitexperimente durchgeführt werden.

Die Projektpartner und Ziele

„In unserem Projekt wollen wir die landwirtschaftliche Nährstoffnutzungseffizienz erhöhen, indem wir versuchen, die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Boden und Mikroorganismen zu optimieren“, so beschreibt Projektkoordinator Prof. Nicolas Brüggemann vom Forschungszentrum Jülich das zentrale Ziel.

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Im Projekt wird untersucht, wie sich Nährstoffe effizient nutzen lassen. 

Im Projekt wird untersucht, wie sich Nährstoffe effizient nutzen lassen. 

Bildquelle: © Y. Zhao

Im Projekt untersuchen die WissenschaftlerInnen, wie Düngezeitpunkt sowie Bodenzusatzstoffe dieses Wechselspiel beeinflussen. Dabei berücksichtigen sie verschiedene Fruchtfolgen, Bodentypen und klimatische Bedingungen, aber auch sozioökonomische Parameter. „Wir zeichnen uns durch eine ganzheitliche Betrachtung aus“, sagt Brüggemann.

Bei den Nährstoffen konzentriert sich das Konsortium auf Stickstoff, Phosphor und Kohlenstoff, da diese Elemente sowohl für Pflanzen als auch für Mikroorganismen für Wachstum und Biomasseaufbau benötigt werden. Am Ende will das Team praxistaugliche Managementmaßnahmen entwickeln, die optimale Ergebnisse für den Landwirt, die Pflanzen und den Boden liefern.

Projektstrategie und Versuchsdurchführung

Versuche im Gewächshaus und auf dem Feld

Um die Interaktionen von Boden, Pflanzen und Mikrobiom sowie das Zusammenspiel der drei Nährelement zu optimieren, testet das Projekt-Team die Wirkung von verschiedenen Bodenzusatzstoffe wie Stroh, Sägemehl/-späne oder Grünschnittkompost.

Die Universität Kiel führt schon seit Beginn des Projektes Feldversuche mit Weizenstroh und Sägemehl durch. Mit den Daten aus dieser langjährigen Beobachtung soll die Praxistauglichkeit der Methode überprüft werden. Dazu zählt auch, ob Landwirte mit ihren herkömmlichen Düngestreuern das Sägemehl auf die Äcker ausbringen können und somit keine neuen Maschinen brauchen.

Hinzu kommen sogenannte Lysimeter-Untersuchungen. Ein Lysimeter ist ein Gerät zur Ermittlung von bestimmten Bodenparametern wie Versickerungsrate oder Verdunstung und – für INPLAMINT von besonderen Interesse – zur Beprobung von Bodensickerwasser. Damit lässt sich bestimmen, welche Mengen Stickstoff und anderer Nährstoffe aus dem Boden ausgewaschen werden und somit ins Grundwasser gelangen können.

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Hier werden die Lysimeter gerade mit dem Bagger gefüllt und ausgegraben.

Hier werden die Lysimeter gerade mit dem Bagger gefüllt und ausgegraben.

Bildquelle: © R.-U. Limbach

Die Lysimeter sind offene Metallzylinder, die von einem Bagger in den Boden gedrückt und dadurch mit einem Bodenkern gefüllt wurden. Anschließend wurden die Lysimeter – insgesamt 30 Stück – samt Bodenkern wieder ausgegraben, mit einer Platte am unteren Ende verschlossen und auf das Gelände des Forschungszentrums Jülich gebracht. Hier startete das Team 2019 einen Versuch mit Weizen unter verschiedensten Anbaubedingungen. Dabei werden das Wachstum und die Qualität der Pflanzen sowie die Nährstoffhaltekapazität und Treibhausgasemissionen der Böden beobachtet.

Im Projekt laufen auch Gewächshausversuche, bei denen die Nährstoffkreisläufe in Abhängigkeit verschiedener Bodentypen und wechselnder Fruchtfolgen untersucht werden.

Speziell mit den Pflanzenwurzeln beschäftigen sich die WissenschaftlerInnen der Leuphana Universität Lüneburg. Sie analysieren unter kontrollierten Bedingungen, wie sich die Nährstoffkonkurrenz mit Mikroben auf Pflanzen auswirken.

Bodenanalysen und Untersuchungen des Mikrobioms

Das Forschungszentrum Jülich übernimmt im Projekt die Lysimeter-Versuche und testet zusätzlich Feldbodenproben. Es werden Nährstoffgehalte, Gas-Emissionen und die Auswaschung von Nährstoffen über das Sickerwassers ausgewertet.

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Das Team analysiert auch Bodenproben von Rekultivierungsflächen aus dem Tagebau des Rheinischen Braunkohlereviers.

Das Team analysiert auch Bodenproben von Rekultivierungsflächen aus dem Tagebau des Rheinischen Braunkohlereviers.

Bildquelle: © R. Reichel

Einige Proben stammen auch aus Rekultivierungsflächen aus dem Tagebau des Rheinischen Braunkohlereviers. Sie sollen zeigen, wie schnell sich der Boden nach dem Ende des Braunkohleabbaus regeneriert.

Weitere Partner fokussieren sich auf das mikrobielle Bodenleben. So untersucht die Universität zu Köln die mikrobielle Aktivität unter wechselnden Bodenbedingungen und Nährstoffverfügbarkeiten. Eine Arbeitsgruppe vom Helmholtz Zentrum München charakterisiert die bakterielle Biodiversität im Boden, die FU Berlin die pilzliche Biodiversität. Dabei wird vor allem nach für das Pflanzenwachstum förderlichen Pilzen gefahndet. All dies untersuchen die WissenschaftlerInnen immer in Abhängigkeit von verschiedenen Pflanzenarten und Anbaustrategien.

Sozioökonomische Betrachtungen

Damit am Ende praxistaugliche Lösungen zur Verfügung stehen, analysieren die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen und das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg auch die praktische Verfügbarkeit der eingesetzten Bodenzusatzstoffe, deren Preise und mögliche Konkurrenznutzungen. Sie untersuchen auch die Auswirkungen der verschiedenen Managementformen auf Umwelt, Ökobilanz und betriebswirtschaftliche Faktoren. Erst durch diese ganzheitliche Betrachtung kann das Team am Ende praktikable Maßnahmen vorschlagen, die für Landwirte wirtschaftlich tragbar sind.

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Bei den Lysimeter-Untersuchungen werden das Wachstum und die Qualität der Pflanzen sowie die Nährstoffhaltekapazität und Treibhausgasemissionen der Böden beobachtet.

Bei den Lysimeter-Untersuchungen werden das Wachstum und die Qualität der Pflanzen sowie die Nährstoffhaltekapazität und Treibhausgasemissionen der Böden beobachtet.

Bildquelle: © R. Reichel

„Es nützt nichts, wenn wir im Labor zeigen können, dass mit einem Substrat optimale Ergebnisse erzielt werden, es aber nicht in den nötigen Mengen verfügbar ist oder zu teuer oder nicht mit den existierenden Maschinen ausgebracht werden kann – dann hat es keine Praxisrelevanz“, betont Brüggemann. Allerdings müsse man die Kosten für das geänderte Bodenmanagement auch gegen etwaige Strafzahlungen wegen zu hohen Nitratgehalten abwägen, die aus Brüssel kommen könnten. Auch über Anreize im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) könne man nachdenken, ergänzt Brüggemann.

Die Ergebnisse

Einige Ergebnisse liegen bereits vor. So zeigte sich, dass die verschiedenen Bodenzusatzstoffe sowohl Vor- als auch Nachteile haben. Stroh ist in vielen Betrieben verfügbar und müsste nicht zusätzlich gekauft werden. Diese innerbetriebliche Nutzungsverlagerung ist aus soziökonomischer Sicht sinnvoll. Zusätzlich ist es bakteriell gut abbaubar und bietet dadurch den Pflanzen schnell zusätzliche Nährstoffe. Durch den raschen Stroh-Abbau steigen zwar auch die CO2-Emmissionen der Böden, aber es kommt auch zu einem Anstieg der mikrobiellen Biomasse. Pro Hektar können dadurch bis zu 70 Kilogramm Stickstoff in kurzer Zeit gebunden werden. Dieser Effekt hält aber nur wenige Wochen an. Dann sinkt die mikrobielle Biomasse wieder und Stickstoff wird erneut freigesetzt.

Sägemehl und -späne enthalten wenig Stickstoff und die enthaltenen Nährelemente werden nur langsam freigesetzt. Sie sind quasi „harte Kost“ für die Mikroorganismen. Aber dafür hält die Wirkung dieses Substrates über einen längeren Zeitraum an und bis zu 40 kg Stickstoff pro Hektar lassen sich so binden. Allerdings kommt es hier zu einer Konkurrenzsituation: Sägemehl und -späne sind ein begehrter Rohstoff z. B. zur Produktion von Heizpellets. Dieser Zusatzstoff ist daher deutlich teurer als Stroh und den Berechnungen zufolge ist das Verfahren damit für Landwirte unwirtschaftlich.

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Am Ende will das Team praxistaugliche Managementmaßnahmen entwickeln, die optimale Ergebnisse für den Landwirt, die Pflanzen und den Boden liefern.

Am Ende will das Team praxistaugliche Managementmaßnahmen entwickeln, die optimale Ergebnisse für den Landwirt, die Pflanzen und den Boden liefern.

Bildquelle: © R. Reichel

Das Team hat herausgefunden, dass eine Mischung von Stroh und Sägemehl zusätzliche Vorteile bietet. So lassen sich die kurz- und langfristigen Effekte beider Substrate gewinnbringend kombinieren. An der richtigen Mischung forscht das Team derzeit noch. Darüber hinaus wurde deutlich, dass nicht binnen einer Vegetationsperiode der gesamte Stickstoff aus Stroh oder Sägespäne an den Boden abgegeben wird. Optimale Mengen und Applikationszeitpunkte müssen noch ermittelt werden.

Ein weiteres Projektergebnis betrifft den Kohlenstoffgehalt der Böden. „Durch die intensive landwirtschaftliche Praxis hat man die Böden verarmt. Sie sind nicht mehr in der Lage, den überschüssigen Stickstoff zu halten“, beschreibt Brüggemann. Daher müsse man die Ackerböden mit organischen Kohlenstoff anreichern – mehr Humus braucht der gesunde Acker.

Nun weiß man auch mehr über die benötigte Zeit für die Rekultivierung von Tagebauareale. Durch die landwirtschaftliche Nutzung und gezieltes Management nimmt der Gehalt an Nährstoffen langsam zu. Aber es dauert Hochrechnungen zufolge über 100 Jahre, bis der ursprüngliche organische Kohlenstoffgehalt wieder erreicht wird.


Weiterführende Informationen:

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Das Team startet 2019 einen Versuch mit Weizen unter verschiedensten Anbaubedingungen. (Bildquelle: © X. Cao)