Traditionelle und moderne Technik kombiniert

Pfropfung vereinfacht die Anwendung von CRISPR/Cas

07.02.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Das Genom eines Samen lässt sich nun auch über eine Genschere verändern, die in den Zellen eines Wurzelstockes eingebracht wurde. (Bildquelle: © BlackJack3D / istock)

Das Genom eines Samen lässt sich nun auch über eine Genschere verändern, die in den Zellen eines Wurzelstockes eingebracht wurde. (Bildquelle: © BlackJack3D / istock)

Die Genschere CRISPR/Cas wird von genetisch veränderten Wurzelstöcken in die Blüten einer aufgepfropften Pflanze geschickt. So entstehen Samen mit den gewünschten Eigenschaften, aber ohne die Fremd-DNA der Genschere.

Um dem Klimawandel entgegenzutreten und Ernährungssicherheit langfristig zu gewährleisten, benötigt die Landwirtschaft optimierte Pflanzensorten. Allerdings dauert es mit herkömmlichen Methoden teilweise sehr lange, bis Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften wie Trockenheitstoleranz oder Schädlingsresistenzen auf den Markt kommen. Da die Zeit drängt, bieten sich schnellere Methoden wie das Genom-Editing an. Aber auch hier gibt es noch Hürden, wie etwa die Entfernung der Fremd-DNA nach Anwendung der Genschere CRISPR/Cas. Dazu sind z.B. zeitaufwändige Rückkreuzungen erforderlich.

„Schnipp ohne Schnapp“

#####1#####
Blüte der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana): Durch die neue Methode enthalten die Samen Genommodifikationen, die von der Genschere des Wurzelstocks ausgelöst werden. 

Blüte der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana): Durch die neue Methode enthalten die Samen Genommodifikationen, die von der Genschere des Wurzelstocks ausgelöst werden. 

Bildquelle: © CC BY-SA 3.0 / wikimedia

Es geht auch ohne solche Rückkreuzungen, wie Forscher:innen des Max-Planck-Institutes für molekulare Pflanzenphysiologie nun gezeigt haben. Dafür nutzten sie die Methode des Pfropfens, eine 2000 Jahre alte Technik zur Veredelung von Pflanzen. Beim Pfropfen wird der frisch geschnittene Trieb einer Pflanze, der sogenannte Edelreis, mit einer „Unterlage“ (der Wurzelstock einer anderen Pflanze) zusammengefügt. Die Pflanzenteile verwachsen miteinander und bilden eine Einheit. Das Pfropfen wird vor allem bei Obstgehölzen und Rosen angewendet, um beispielsweise unterschiedliche gewünschte Eigenschaften von Wurzel und Spross zu kombinieren.

Die Forscher:innen nutzten für ihre Versuche eine gentechnisch veränderte Unterlage der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Sie enthielt eine Fusionssequenz von Cas9- und Leit-RNA-Transkripten mit tRNA-ähnlichen Sequenzmotiven, die RNAs von transgenen Wurzelstöcken auf die aufgepropften Sprossen übertragen kann. So gelangte die Genschere in die Blüte und führte bei den Samen zu den gewünschten Genveränderungen – und die Samen blieben dabei frei von Fremd-DNA.

Artübergreifende Anwendbarkeit

In weiteren Versuchen konnten die Forscher:innen zeigen, dass diese Methode auch funktioniert, wenn der Pfropf zu einer anderen Pflanzenart gehört. Dazu propften sie einen Trieb des Rübsens (Brassica rapa) auf die modifizierte Acker-Schmalwand-Unterlage mit der Fusionssequenz. Auch hier konnten sie anschließend Fremd-DNA-freie Rübsen-Samen mit den gewünschten Genveränderungen nachweisen.

Das eröffnet neue Möglichkeiten, so die Forscher:innen: Die einfache, schnelle und preiswerte Pfropfungsmethode könnte in vielen Fällen genutzt werden, um mit der Genschere Fremd-DNA-freie Samen mit einer gewünschten Genmodifikation zu erzeugen.  

Anwendung durch EU-Recht blockiert

#####2#####
So sieht das Pfropfen bei einer Weinrebe aus: Der Edelreiser (rechts) wird in einen Einschnitt im Stamm der Unterlage eingesteckt und mit einer Folie fixiert. Beide Pflanzenteile verwachsen miteinander.

So sieht das Pfropfen bei einer Weinrebe aus: Der Edelreiser (rechts) wird in einen Einschnitt im Stamm der Unterlage eingesteckt und mit einer Folie fixiert. Beide Pflanzenteile verwachsen miteinander.

Bildquelle: © Olivier Colas / wikimedia

„Neue molekulare Züchtungstechniken erlauben eine bisher nie dagewesene Präzision und Effizienz in der Verbesserung von Nutzpflanzen“, so Professorin Dr. Katja Becker, Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft  – und dieses Potenzial sollte vor dem Hintergrund der aktuellen Klima-, Biodiversitäts- und Nahrungsmittelkrise ausgeschöpft werden. Ein Problem ist allerdings noch die praktische Anwendbarkeit in der EU. Obwohl sich die Produkte der Genom-Editierung – wenn sie keine Fremd-DNA mehr enthalten - in der Regel nicht von herkömmlichen Züchtungsprodukten unterschieden, so die Präsidentin, sind sie nach dem EU-Gentechnikrecht streng reguliert, vergleichbar mit klassischen gentechnisch veränderten Organismen (GVOs). In vielen außereuropäischen Ländern sind genom-editierte Pflanzen ohne Fremd-DNA bereits von einer strengen Regulierung ausgenommen.

Daher plädieren Wissenschaftler:innen der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Deutschen Forschungsgemeinschaft dafür, bei einer Neuauflage des europäischen Gentechnikrechts die Sicherheitsbewertung genom-editierter Pflanzen nicht wie bisher von der verwendeten Methode abhängig zu machen, sondern nur von den neuen Eigenschaften einer Pflanzen. Auf diese Weise ließe sich eine Markzulassung genom-editierter Pflanzen stark beschleunigen.


Quellen:

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de: 

Titelbild: Das Genom eines Samen lässt sich nun auch über eine Genschere verändern, die in den Zellen eines Wurzelstockes eingebracht wurde. (Bildquelle: © BlackJack3D / istock)