Genom-Editierung wird präziser

Künstliche Intelligenz verbessert die Erfolgsrate beim Prime Editing

28.02.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Mit Hilfe von maschinellem Lernen lässt sich vorhersagen, wie die beste pegRNA für eine erfolgreiche Genomeditierung aussehen sollte. (Bildquelle: ©geralt / Pixabay)

Mit Hilfe von maschinellem Lernen lässt sich vorhersagen, wie die beste pegRNA für eine erfolgreiche Genomeditierung aussehen sollte. (Bildquelle: ©geralt / Pixabay)

Gezielte Veränderungen ins Erbgut einfügen – das ist seit der Erfindung der Genom-Editierung mit Hilfe von CRISPR/Cas zum Standard in den Laboren geworden. Eine Weiterentwicklung der Methode nennt sich Prime Editing. Dank künstlicher Intelligenz wird diese Methode jetzt noch schneller und günstiger – und macht bei der Umschreibung des Gencodes weniger Fehler.

Es ist erst drei Jahre her seitdem die Erfinderinnen der Genom-Editierung einen Nobelpreis für ihre Arbeit erhielten. Dank der von Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna entdeckten CRISPR/Cas-Enzyme lassen sich im Genom präzise Veränderungen vornehmen. Doch manchmal kommt es zu unerwünschten Nebeneffekten: Neben der eigentlichen Zielsequenz werden dann auch andere DNA-Abschnitte modifiziert. Wissenschaftler:innen arbeiten daher daran, die Genom-Editierung weiter zu optimieren.

Eine dieser Verbesserungen nennt sich Prime Editing (PE). Dabei wird in der Ziel-DNA nur ein Strang geschnitten, der anschließend gemäß einer Vorlage, der sogenannten pegRNA, von der Zelle aufgefüllt wird. Dabei können einzelne Basen ausgetauscht, eingefügt oder gelöscht werden.

KI sagt die Effizienz von pegRNAs vorher

Doch um beim Prime Editing hohe Erfolgsraten zu erreichen, muss man die pegRNA Schritt für Schritt optimieren. Zurzeit ist dies nur dadurch zu erreichen, dass mehrere pegRNAs im Labor auf ihre Eignung hin getestet werden. Doch dieser Prozess ist zeit- und kostenintensiv. „Pro Mutation gibt es über 200 Möglichkeiten zur Reparatur. Theoretisch müssten alle Designoptionen experimentell getestet werden, um jene pegRNA zu finden, die mit höchster Effizienz und Genauigkeit arbeitet“, sagt Gerald Schwank, Professor am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Universität Zürich (UZH).

#####1#####
Bis Prime Editing auch als breites Werkzeug in der Pflanzenforschung Verwendung findet, muss noch die Effizienz gesteigert werden.

Bis Prime Editing auch als breites Werkzeug in der Pflanzenforschung Verwendung findet, muss noch die Effizienz gesteigert werden.

Bildquelle: © Ralphs_Fotos / Pixabay

Jetzt haben er und sein Kollege Michael Krauthammer, Professor am Institut für Quantitative Biomedizin in Zürich, eine künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die dieses Problem umgeht: „Der Algorithmus kann die effizienteste pegRNA für die Korrektur einer bestimmten Mutation ermitteln“, erklärt Michael Krauthammer. Das Tool wurde bereits erfolgreich in vitro an Zellen von Menschen und Mäusen sowie in vivo an Maus-Hepatozyten getestet. Es ist frei verfügbar unter www.pridict.it.

Ein riesiger Datensatz als Training für die KI

Die Schweizer Wissenschaftler benötigten für das Training der KI einen sehr großen Datensatz: Dazu testete sie im Labor die Effizienz von knapp 120.000 verschiedenen pegRNAs, die auf 14.000 krankheitsauslösende Mutationen in menschlichen Zellen abzielten. Dabei wurde bereits klar: Es gibt sehr große Unterschiede in der Effizienz der unterschiedlichen pegRNAs, die auf ein und dieselbe Mutation abzielten. Die Länge der DNA-Sequenz, die Abfolge der DNA-Bausteine und auch die Form des DNA-Moleküls beeinflussen, wie gute das Prime Editing funktioniert. Nach dem Training mit diesen Daten zeigte die KI, dass sie nun sehr präzise die optimale pegRNA vorhersagen konnte.

Die Forschenden sind zuversichtlich, dass in absehbarere Zeit die DNA-Mutationen von verbreiteten Erbkrankheiten wie Sichelzellanämie, Cystische Fibrose oder Stoffwechselkrankheiten mittels Prime Editing repariert werden können.

Auch ein Tool für die Pflanzenforschung?

Mehrere unabhängige Studien haben gezeigt, dass PE prinzipiell dazu in der Lage ist, Veränderungen auch im Genom von Pflanzen wie Reis, Tomate, Kartoffel und Mais hervorzurufen. Allerdings war die Effizienz häufig sehr niedrig. Teils wurden durch PE sogar mehr unerwünschte Insertionen oder Deletionen erzeugt als beabsichtigte Effekte. In Reis und Mais ist es jedoch durch Modifikationen des pegRNA-Systems bereits gelungen, die Effizienz zu steigern. Das neue KI-Tool aus der Schweiz könnte auch hier den Fortschritt beschleunigen.

Es sind also noch weitere Experimente nötig, um Prime Editing speziell für Pflanzenzellen zu optimieren. Wenn diese Hürden genommen sind, kann sich PE auch als wichtiges Werkzeug für die Genom-Editierung an Nutzpflanzen etablieren. 


Quellen:

  • Mathis, N., Allam, A., Kissling, L. et al. Predicting prime editing efficiency and product purity by deep learning. Nat Biotechnol (2023). https://doi.org/10.1038/s41587-022-01613-7
  • Huang TK, Puchta H. Novel CRISPR/Cas applications in plants: from prime editing to chromosome engineering. Transgenic Res. 2021 Aug;30(4):529-549. doi: 10.1007/s11248-021-00238-x.
  • Qiao D, Wang J. et al. Optimized prime editing efficiently generates heritable mutations in maize. J Integr Plant Biol. 2022 Dec 8. doi: 10.1111/jipb.13428.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: BU: Mit Hilfe von maschinellem Lernen lässt sich vorhersagen, wie die beste pegRNA für eine erfolgreiche Genomeditierung aussehen sollte. (Bildquelle: © geralt / Pixabay)