Projekt FiSBea

Bessere Knöllchenbakterien für heimischen Sojabohnen-Anbau

15.12.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Sojabohnen auf einem Versuchsfeld in Müncheberg, Brandenburg. (Bildquelle: © Richard Omari).

Sojabohnen auf einem Versuchsfeld in Müncheberg, Brandenburg. (Bildquelle: © Richard Omari).

Sojabohnen gehen Symbiosen mit Knöllchenbakterien ein, um an Luftstickstoff zu kommen. Doch in den heimischen Böden fehlen optimale Bakterienstämme. Das Projekt FiSBea will das ändern und damit den Anbau von Sojabohnen in Zentraleuropa nachhaltiger gestalten.

Sojabohnen werden hierzulande immer beliebter. Ob als Nahrungs- oder Futtermittel – die Nachfrage nach den nahrhaften Bohnen ist hoch. Da überrascht es nicht, dass auch die Anbaufläche für Soja in Deutschland in den letzten Jahren stark angestiegen ist: von etwa 15 000 Hektar im Jahr 2016 auf reichlich 51 400 Hektar im Jahr 2022.

Doch trotzdem klafft noch immer eine riesige Lücke in der europäischen Sojabohnen-Produktion. Zurzeit werden in Europa auf weniger als zwei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Leguminosen angebaut. Um den hiesigen Bedarf zu decken und unabhängig von Importen zu werden, wären neun bis zwölf Prozent notwendig.

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Die Bohnen sind reif für die Ernte. Jetzt kann ermittelt werden, ob die neuen Rhizobien-Stämme den Ertrag gesteigert haben.

Die Bohnen sind reif für die Ernte. Jetzt kann ermittelt werden, ob die neuen Rhizobien-Stämme den Ertrag gesteigert haben.

Bildquelle: © Richard Omari

Und der Anbau sollte möglichst nachhaltig sein und wenige Ressourcen verbrauchen. Da Sojabohnen sehr proteinhaltig sind, brauchen sie viel Stickstoff. Der kann auf zwei Wegen in die Pflanze kommen. Entweder bringt man Dünger auf die Felder auf – und der kann teuer sein und die Treibhausgasemissionen erhöhen. Oder die Pflanzen gehen eine Symbiose mit stickstofffixierenden Knöllchenbakterien, auch Rhizobien genannt, ein. „Die Pflanzen sind am größten und gesündesten, wenn sie eine solche Symbiose eingehen, dann brauchen sie auch keinen Dünger“, erklärt Sonoko Dorothea Bellingrath-Kimura. Sie ist Professorin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung und erforscht, wie man den heimischen Sojabohne-Anbau nachhaltiger gestalten kann.

Denn bisher fehlen in den heimischen Böden Rhizobien, die auf eine Symbiose mit Sojabohnen spezialisiert sind. Daher müssen die Landwirt:innen Saatgut kaufen, dass mit passenden Rhizobien inokuliert worden ist. Doch die Bakterienstämme sind an feucht-warme Regionen in Brasilien und Zentralamerika angepasst. Im kalten deutschen Klima überleben sie den Winter nicht.

Die Projektpartner und das übergeordnete Ziel

Ziel des Projekts ist es, neue Rhizobien-Stämme zu finden, die an ein Leben im kühlen zentraleuropäischen Klima angepasst sind. Neben der Temperatur sind auch die hiesige Bodenbeschaffenheit und die Trockenheit eine Herausforderung für die Bakterienstämme.

Das Vorgehen

Es ist nicht so, dass es in den Böden hierzulande keine Rhizobien gäbe, nur müssen sie für den Sojabohnenanbau optimal sein. „Teilweise findet man sogar Nachkommen von Stämmen, die einst mit inokulierten Sojabohnen-Samen aufs Feld gekommen sind“, erklärt Bellingrath-Kimura. Doch sie sind fast nicht wiederzuerkennen: Ihr Erbgut ist teilweise schon zu 90 Prozent mutiert.

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Sojabohnen-Ernte in Müncheberg. Bisher werden hierzulande nur wenige Sojabohnen angebaut, der hohe Bedarf wird vor allem durch Importe gedeckt.

Sojabohnen-Ernte in Müncheberg. Bisher werden hierzulande nur wenige Sojabohnen angebaut, der hohe Bedarf wird vor allem durch Importe gedeckt.

Bildquelle: © Richard Omari

Deshalb sucht das Team um Belllingrath-Kimura gezielt nach den passenden Rhizobien in deutschen Äckern, die eine optimale Symbiose mit den Sojabohnen eingehen können. Die Forscher:innen haben Bodenproben von 30 unterschiedlichen Standorten gesammelt und nach Japan geschickt. Die Kooperationspartner dort sind Spezialisten für Rhizobien. Um aus den tausenden Bodenbakterien diejenigen zu isolieren, die zur Symbiose mit Sojabohnen fähig sind, setzten sie Sojapflanzen in die Bodenproben aus Deutschland. Kleine, pinke Knöllchen an den Wurzeln zeigten an, dass eine Symbiose im Gange war. Aus den Knöllchen extrahierten die Wissenschaftler:innen die Bakterien und analysierten ihre DNA.

Insgesamt isolierten sie auf diesem Wege 60 Bakterienstämme. In unterschiedlichen Tests mussten sie zeigen, welcher am robustesten ist und die Pflanzen am besten mit Stickstoff versorgt. Am Ende blieben fünf Kandidaten übrig, die wieder nach Deutschland geschickt wurden.

Hier finden die Feldversuche statt. Auf den brandenburgischen Testfeldern wuchsen Sojabohnen ohne Rhizobien, solche mit Standard-Rhizobien aus den USA sowie Sojabohnen mit den neu entdeckten Rhizobien-Stämme. Auch mit der Bewässerung wurde experimentiert: Ein Teil des Feldes wurde bewässert, ein anderer musste die sommerliche Trockenheit ertragen, die sich in den sandigen Böden Brandenburgs besonders stark bemerkbar macht. „Wenn es in Brandenburg klappt, dann klappt es überall“, scherzt Bellingrath-Kimura über die klimatischen Herausforderungen für die Pflanzen.

Ausblick

Zwei Jahre lang laufen die Feldversuche bereits, 2024 soll der letzte Durchlauf starten. Erste Ergebnisse gibt es ebenfalls bereits zu vermelden. „Wir haben herausgefunden, dass die Standard-Rhizobien aus den USA bei Bewässerung gut funktionieren, aber in trockenen Jahren zeigen unsere neuen Varianten ohne Bewässerung bessere Ergebnisse“, sagt Bellingrath-Kimura. Ein zweiter Vorteil: Die neu entdeckten Rhizobien-Stämme können auch hierzulande überwintern. Landwirt:innen müssten dann kein teures inokuliertes Saatgut mehr kaufen, sondern könnten sich darauf verlassen, dass die Knöllchenbakterien nach dem ersten Jahr des Sojaanbaus bereits im Boden vorhanden sind.


Veröffentlichungen:
Poster „Frontier in soya bean cropping systems in Central Europe: Exploiting plant growth-promoting rhizobacteria for stable and resource-efficient production (FisBea)"

Guilpart, N. et al. (2022): “Data-driven projections suggest large opportunities to improve Europe's soybean self-sufficiency under climate change”. In: Nat Food. 2022 Apr;. doi: 10.1038/s43016-022-00481-3.

Omari, RA et al. (2022): “Enhanced Soybean Productivity by Inoculation With Indigenous Bradyrhizobium Strains in Agroecological Conditions of Northeast Germany”. In: Front Plant Sci. 2022 Jan 12. doi: 10.3389/fpls.2021.707080.

Watson, C. A. et al. (2017): “Chapter Four - Grain Legume Production and Use in European Agricultural Systems, Advances in Agronomy, Academic Press, Volume 144, 2017, Pages 235-303, doi: 10.1016/bs.agron.2017.03.003

Yuan, K. et al. (2020): “Characterization of Rhizobia for the Improvement of Soybean Cultivation at Cold Conditions in Central Europe”. In: Microbes Environ. 2020. doi: 10.1264/jsme2.ME19124.

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Sojabohnen auf einem Versuchsfeld in Müncheberg, Brandenburg. (Bildquelle: © Richard Omari).