Italien: Vorübergehende Lockerung des Gentechnikrechts

Kommt nun der erste EU-Freilandversuch mit genomeditierten Pflanzen?

09.02.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Reispflanzen mit typischen Läsionen, die der Reisbrand auslöst. (Bildquelle: © Donald Groth / USDA Forest Service / Public Domain)

Reispflanzen mit typischen Läsionen, die der Reisbrand auslöst. (Bildquelle: © Donald Groth / USDA Forest Service / Public Domain)

Eine durch die Genschere CRISPR/Cas9 veränderte Reissorte könnte bereits in diesem Frühjahr auf einem Testfeld in Norditalien angebaut werden, nachdem im letzten Jahr die italienische Regierung die entsprechenden Rechtsvorschriften gelockert hat.

Ein Team der Universität Mailand ist die erste Forschungsgruppe, die nach einer Gesetzesänderung in Italien einen Feldtest mit einer genomeditierten Pflanze beantragt hat. Weitere Anträge könnten bald folgen.

Der Freisetzungsantrag des Forschungsteams von Vittoria Brambilla an der Universität Mailand betrifft eine Reissorte, die mit Hilfe der Genschere CRIPR/Cas eine Resistenz gegen einen Pilzerreger erhalten hat. Das italienische Institut für Umweltschutz und Forschung (ISPRA) wird nach einer einmonatigen öffentlichen Konsultation entscheiden, ob der Versuch genehmigt wird. Seit den frühen 2000er Jahren waren Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Italien durch eine strenge Auslegung der EU-Vorschriften praktisch unmöglich.

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Das ThemenSpecial gibt einen Überblick zum Thema Genomeditierung.

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Bildquelle: © Pflanzenforschung.de

In einem Artikel von Nature Italy zeigt sich die Projektleiterin optimistisch: „Meine Gruppe ist glücklich, den ersten Schritt gemacht zu haben“, sagt Brambilla. „Wir hoffen, dass dies den Beginn einer neuen Ära für die italienische Pflanzenforschung einläutet, die lange auf ein Zeichen der Entspannung seitens der politischen Institutionen gewartet hat.“

Befristete Übergangsregelung

Die Lockerung des Gentechnikrechts in Italien ist zunächst bis Ende 2024 befristet und soll den Zeitraum bis zur erwarteten Überarbeitung des EU-Regulierungsrahmens für gentechnisch veränderte Pflanzen überbrücken. Nach einer positiven Abstimmung des Umweltausschusses am 24. Januar dieses Jahres hat mittlerweile auch das EU-Parlament am 7. Februar einen Vorschlag der Europäischen Kommission zu neuen genomischen Techniken (NGTs) zugestimmt. Nun werden die Mitgliedsländer den Vorschlag verhandeln. Ziel ist es, die Forschung an und den kommerziellen Anbau von bestimmten genomeditierten Pflanzen stark zu vereinfachen.

Die umfangreichsten Lockerungen gelten dabei für genomeditierte Pflanzen der Kategorie 1 (NGT-1). Diese Pflanzen enthalten ausschließlich Genmaterial, das sich im züchterisch genutzten Genpool der jeweiligen Art befindet. Für diese Pflanzen soll es künftig keine aufwändigen Zulassungsverfahren mehr geben

Forscher:innen müssen bei der Genomeditierung oft vorübergehend Gene einführen, die für die Cas9-Nuklease und deren Zielsequenzen im pflanzlichen Genom kodieren – so auch bei dem pilzresistenten Reis aus Mailand. Daher ist es für die Einstufung als NGT-1-Pflanze entscheidend, dass diese Sequenzen in den resultierenden Pflanzen nicht mehr vorhanden sind. Diese Voraussetzung erfüllt der modifizierte Reis

Reisbrand-Resistenz durch Ausschalten von „Anfälligkeitsgenen“

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Die Mailänder Arbeitsgruppe wählten eine für die Zubereitung von Risotto geeignete Sorte (Telemaco Ris8imo) aus und führte mittels der Genschere Deletionen in die kodierenden Sequenzen von drei Genen ein, die die Anfälligkeit des Reises für den Pilz Pyricularia oryzae, der Auslöser von Reisbrand, verursachen. Das wichtigste Gen ist dabei Pi21, dessen Rolle gut dokumentiert ist. Im Labor zeigten die editierten Reispflanzen kaum noch Blattläsionen bei einer Pilzinfektion. Nun ist ein Freilandtest notwendig, um den Schutzeffekt unter landwirtschaftlichen Bedingungen zu verifizieren.

Laut Brambilla ist Reisbrand eine weltweit verheerende Krankheit, für deren Bekämpfung nur eine begrenzte Auswahl an ökologisch verträglichen Pflanzenschutzmitteln zur Verfügung steht. Resistente Sorten würden daher sowohl den Anbauern als auch der Umwelt zugutekommen

Der für April geplante Freisetzungsversuch soll auf einem Bauernhof in der Nähe von Pavia in der Region Lombardei stattfinden. Die Freisetzungsfläche beträgt 28 m² und liegt inmitten eines 400 m² großen Feldes, das als Pufferzone eine Auskreuzung auf andere Reispflanzen verhindern soll.

Weitere Anträge wahrscheinlich

CREA, die führende italienische Forschungseinrichtung für Landwirtschaft und Ernährung, koordinierte bis 2022 ein nationales Forschungsprogramm zur Nutzung von Genomeditierung und Cisgenese von Kulturpflanzen. Ungefähr ein Dutzend dabei entwickelter Pflanzen fallen unter die Definition NGT-1 und könnte nun auch bei Feldversuchen getestet werden. Es handelt sich um Weinreben, Tomaten und Weizen mit Resistenzen gegen Mehltau, Falschen Mehltau und Sommerwurz, einem parasitären Unkraut. Laut einem Vertreter von CREA wäre es wahrscheinlich, dass bei einer Verlängerung der Übergangsregeln bald weitere Freisetzungsanträge für genomeditierte Pflanzen in Italien folgen werden.