Bedenklicher Zustand von Flüssen und Bächen

Je intensiver die Landwirtschaft, desto schlechter die ökologische Qualität von Fließgewässern

19.02.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Im Extremfall sind Gewässer nur noch Abwasserrinnen umgeben von Flächen mit intensiver Landwirtschaft (Symbolbild). (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Im Extremfall sind Gewässer nur noch Abwasserrinnen umgeben von Flächen mit intensiver Landwirtschaft (Symbolbild). (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Eine Studie der Universität Duisburg-Essen konnte einen direkten Zusammenhang zwischen der ökologischen Qualität von Fließgewässern und der Art und Intensität von Landwirtschaft in deren Einzugsgebieten feststellen. Düngung, chemischer Pflanzenschutz, Wasserentnahmen und ufernahe landwirtschaftliche Flächennutzung erwiesen sich als mitentscheidende Faktoren für die Qualität von Süßwasser-Ökosysteme.

Landwirtschaft ist heute noch ein Kompromiss zwischen der Notwendigkeit, ausreichend Nahrungsmittel zu produzieren, wirtschaftlichen Faktoren und Naturschutz. Es steht heute außer Frage, dass die intensive Landwirtschaft eine Reihe von negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt und den ökologischen Zustand der Anbauflächen und benachbarter Gebiete hat. Wie stark dieser Einfluss speziell auf die ökologische Qualität von Gewässern ist, hat ein Forschungsteam der Universität Duisburg-Essen nun genauer untersucht. Diese Frage ist auch deshalb so bedeutsam, weil sich heute nur noch weniger als zehn Prozent der Flüsse und Bäche in Deutschland in einem guten, naturnahen Zustand befinden, bezogen auf Gesamteuropa beträgt dieser Anteil etwa 40 Prozent. 

Index für landwirtschaftlichen Druck

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Kumulativer Index der landwirtschaftlichen Belastung, der die durchschnittliche Intensität der verschiedenen landwirtschaftlichen Belastungen der Gewässer in Europa klassifiziert.

Kumulativer Index der landwirtschaftlichen Belastung, der die durchschnittliche Intensität der verschiedenen landwirtschaftlichen Belastungen der Gewässer in Europa klassifiziert.

Bildquelle: © Schürings, C. et al. (2024), CC BY 4.0 DEED

Die Forscher:innen haben zuerst die landwirtschaftlichen Aktivitäten in 20 Regionen Europas anhand von individuellen Belastungsprofilen wie Nährstoffanreicherung, Pestizideinträge, Wasserentnahme und landwirtschaftliche Flächennutzungen in den Uferzonen charakterisiert. Heraus kam ein Index für den „Druck“, den die Landwirtschaft auf Ökosysteme ausübt. Dieser wurde mit dem ökologischen Zustand der Fließgewässer – von kleinen Bächen bis zu großen Flüssen - in Beziehung gesetzt.

Das Ergebnis: Die Art der Landwirtschaft ist mitentscheidend für den Zustand der Gewässer. Am stärksten wirkt sich die Intensivlandwirtschaft aus. Der kumulative Belastungsindex zeigt die höchsten Werte für die intensiven Anbauflächen im Mittelmeerraum, die in bestimmten Regionen Griechenlands, Italiens und Spaniens liegen. Hier ist besonders der Bewässerungsfeldbau kritisch zu sehen. Die intensiv bewirtschafteten Regionen im westlichen Teil der gemäßigten Zone, darunter Frankreich, Deutschland, Dänemark und das Vereinigte Königreich, weisen ebenfalls hohe Indexwerte auf - hauptsächlich bedingt durch den hohen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Dünger. Diese gelangen früher oder später in die Gewässer und können den Wasserorganismen schaden und zu einer Eutrophierung führen.

Aber es komme noch weitere belastende Faktoren dazu: Die Begradigung von Flüssen und der Verlust von Auenlandschaften tragen ebenfalls zu einer Verarmung der Artenvielfalt bei.

Biolandbau hat kaum Auswirkungen

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Insbesondere in Südeuropa belastet ein hoher Wasserverbrauch durch die Landwirtschaft die Fließgewässer. Auf dem Foto sind zahlreichen Gewächshäuser für Gemüse in der Provinz Almeria (Spanien) zu sehen, die künstlich bewässert werden.

Insbesondere in Südeuropa belastet ein hoher Wasserverbrauch durch die Landwirtschaft die Fließgewässer. Auf dem Foto sind zahlreichen Gewächshäuser für Gemüse in der Provinz Almeria (Spanien) zu sehen, die künstlich bewässert werden.

Bildquelle: © kallerna / Wikipedia, CC BY-SA 4.0

Landwirtschaftliche Gebiete mit geringem Druck befinden sich hauptsächlich in den osteuropäischen Ländern sowie in den nördlichen und den Hochlandregionen. Auch von biologisch bewirtschafteten Flächen gehe keine oder eine ungleich geringere Gefahr für die aquatischen Ökosysteme aus. Die Anbauflächen sind kleinteiliger, die Düngung reduziert und chemische Pflanzenschutzmittel außen vor. Auch das Anlegen von Hecken und Blühstreifen wirkt sich positiv auf den Gewässerzustand aus.

Appell für nachhaltigere Anbausystemen

Die Autoren betonen daher, dass nachhaltigere Anbausysteme wie der Ökolandbau für den Gewässerschutz dringend notwendig seien und hier die Europäische Union mit einer entsprechenden Ausrichtung der Agrarförderung wesentliche Impulse beitragen sollte.

Aber auch die Pflanzenforschung sieht sich hier in der Verantwortung. Um weiterhin hohe Erträge auf den Flächen zu erzielen und damit die Ernährungssicherheit in Deutschland und auf globaler Ebene zu gewährleisten, ist der Ökolandbau mit seinen geringeren Flächenerträgen alleine keine Lösung.

Stattdessen kann die moderne Pflanzenzüchtung mit Methoden wie der Genomeditierung ertragreiche Pflanzensorten hervorbringen, die ohne Ertragsverluste wesentlich umweltfreundlicher angebaut werden können. So veröffentlichte die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina eine Stellungnahmen zur Genomeditierung, die hervorhebt, dass diese Technologie den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln reduzieren und den Düngerverbrauch deutlich senken kann.


Quelle:
Schürings, C. et al. (2024): „River ecological status is shaped by agricultural land use intensity across Europe.“ In: Water Research, Volume 251 (1. März 2024). doi: 10.1016/j.watres.2024.121136

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Titelbild: Im Extremfall sind Gewässer nur noch Abwasserrinnen umgeben von Flächen mit intensiver Landwirtschaft (Symbolbild). (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)