Globale Nutzpflanzenvielfalt kartiert

Artenreichtum muss besser geschützt werden

01.03.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Sonnenblumenfeld: Nutzpflanzen werden von den Menschen seit vielen Jahrtausenden als Lieferanten für Nahrung, Medizin oder Baumaterial genutzt. (Bildquelle: © dozemode / Pixabay)

Sonnenblumenfeld: Nutzpflanzen werden von den Menschen seit vielen Jahrtausenden als Lieferanten für Nahrung, Medizin oder Baumaterial genutzt. (Bildquelle: © dozemode / Pixabay)

Um die vom Menschen genutzten Pflanzenarten besser zu schützen, hat ein Studienteam die globale Verteilung von 35.687 genutzten Pflanzenarten in 10 Nutzungskategorien kartiert. Dabei zeigte sich, dass gerade in indigenen Gebieten in Mesoamerika, am Horn von Afrika und in Südasien die Vielfalt genutzter Pflanzenarten besonders hoch ist, aber in diesen Regionen zu wenige Schutzgebiete existieren. Die Forscher:innen fordern hier ein Gegensteuern.

Bis heute ist nicht genau klar, wie viele Pflanzenarten von der Menschheit weltweit genutzt werden. Gleichzeitig ist der Schutz dieser Arten wichtig, um Ökosysteme mit ihren Ökosystemfunktionen und Ökosystemdienstleistungen zu erhalten. Der Globale Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal (Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework, GBF) sowie der Weltbiodiversitätsrat (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES)) verfolgen das Ziel, diese Vielfalt an Pflanzenarten zu erhalten und eine nachhaltige Nutzung in Verbindung mit der Bewahrung von traditionellem Wissen möglich zu machen. Dazu muss aber im Detail ermittelt werden, wo diese Pflanzenarten zu finden sind und wie sie effektiv geschützt werden können. Ein internationales Forschungsteam hat dazu jetzt einen wichtigen Beitrag geleistet. 

Globale Karte der Nutzpflanzen

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Auch wilde Verwandte wichtiger Nutzpflanzenarten wie Reis oder Weizen sollen strenger geschützt werden.

Auch wilde Verwandte wichtiger Nutzpflanzenarten wie Reis oder Weizen sollen strenger geschützt werden.

Bildquelle: © 1443435 / Pixabay

Die Forscher:innen untersuchten die Verteilung von 35.687 Nutzpflanzenarten (vom Menschen angebaut oder gesammelt) aus zehn Kategorien (z.B. Nutzung als Energiepflanze, Nahrungspflanze, Futterpflanze, Heilpflanze, Baumaterial, Rohstoff für Kleidung, aber auch verwandte Wildpflanzen als wichtigen Genpool) und erstellten aus den Daten von mehr als elf Millionen botanischer Untersuchungen eine globale Übersichtskarte. Eine besonders hohe Vielfalt an natürlich vorkommenden Nutzpflanzen fanden sie in den Tropen, wo es auch die höchste natürliche Biodiversität gab. Besondere „Hotspots“ lagen beispielsweise in Mittelamerika, in Südafrika, in den tropischen Anden oder in Südostasien. Auch außerhalb der Tropen, etwa in China oder im Himalaya, gab es eine hohe Vielfalt. In Regionen wie Skandinavien und Westeuropa fanden die Forscher:innen dagegen sehr viele eingeführte Nutzpflanzenarten.

Endemische Nutzpflanzen in der Überzahl

Oft ging eine hohe Nutzpflanzenvielfalt mit einem hohen endemischen Vorkommen dieser Pflanzenarten einher, etwa in Mesoamerika, am Golf von Guinea, im südlichen Afrika, Kalifornien, im östlichen Mittelmeerraum, auf Madagaskar, Sri Lanka oder in Ost-Australien. Das unterstreiche die Notwendigkeit, die Vorkommen dieser oft nur noch selten vorkommenden Pflanzenarten zu schützen, so die Forscher:innen. Denn von 2.800 von der IUCN ermittelten Nutzpflanzen sei mittlerweile jede dritte Pflanzenart vom Aussterben bedroht. Auch die Forscher:innen weisen in ihrer aktuellen Studie darauf hin, dass jede zehnte von ihr untersuchte Nutzpflanzenart bereits gefährdet sei. Obwohl etwa 17 Prozent der globalen Landfläche unter Schutz stehen, ist das offenbar nicht genug. Die Berechnungen zeigten auch, dass besonders in Nord- und Südamerika, im südlichen Afrika, in Australien und in Südostasien die bisher eingerichteten Schutzgebiete oftmals keine größere Nutzpflanzenvielfalt enthielten als angrenzende, nicht geschützte Gebiete. Die Forscher:innen betonen daher die Notwendigkeit, die Schutzgebiete bis 2030 auf 30 Prozent der globalen Landmasse auszudehnen. Ebenfalls sei es wichtig, diese Pflanzenarten und ihre genetische Diversität in Samensammlungen und botanischen Gärten zu erhalten.

Traditionelles Wissen über Nutzpflanzen

Überraschenderweise konnten in indigenen Territorien mit Ausnahme von Mittelamerika, Süd- und Südostasien und des Horns von Afrika in der Regel ebenfalls keine höhere Nutzpflanzenvielfalt nachgewiesen werden als außerhalb dieser Gebiete. Da indigene Völker oftmals stark von den genutzten Pflanzenarten abhängig sind, sie nachhaltig nutzen und über ein großes traditionelles Wissen für ihre Anwendung verfügen, vermuten die Forscher:innen, dass frühere Umsiedlungen dieser Völker in Regionen mit geringerer Artenvielfalt zu dieser Situation geführt haben. Trotzdem sollten auch diese Regionen stärker unter Schutz gestellt werden, um sowohl die Pflanzenarten als auch das mit ihnen verbundene traditionelle Wissen zu erhalten, fordern die Forscher:innen. Daher seien sowohl Schutzgebieten mit begrenztem Zugang für Menschen als auch Schutzzonen, in denen lokale Gemeinschaften die Pflanzenvielfalt nachhaltig und im Einklang mit ihrer Kultur nutzen könnten, gleichermaßen notwendig. Das Fazit der Forscher:innen: Es muss mehr getan werden, um die globale Nutzpflanzenvielfalt zu erhalten - auch im Hinblick auf zukünftige Szenarien. Denn einige dieser Arten könnten uns noch helfen, den Hunger zu bekämpfen, Pflanzenkrankheiten zu besiegen oder dem Klimawandel zu trotzen.


Quelle:
Pironon, S. et al (2024): The global distribution of plants used by humans. In: Science Vol 383, 19. Januar 2024. dx.doi.org/10.1126/science.adg8028

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Titelbild: Sonnenblumenfeld: Nutzpflanzen werden von den Menschen seit vielen Jahrtausenden als Lieferanten für Nahrung, Medizin oder Baumaterial genutzt. (Bildquelle: © dozemode / Pixabay)