Projekt InFuProts

Ankerproteine halten biokompatible Insektizide auch bei Regen auf den Blättern

07.03.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Neuartige Ankerproteine sollen biokompatible Insektizide auch bei Regen auf den Blättern halten. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Neuartige Ankerproteine sollen biokompatible Insektizide auch bei Regen auf den Blättern halten. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)

Ein neuartiges insektizides Protein soll Nutzpflanzen vor Schädlingen schützen. Das Besondere: Dank spezieller Ankerproteinen haftet der Wirkstoff besser auf den Blättern und wird nicht so leicht von Regen abgewaschen.

Heute noch schützen vor allem chemische Insektizide unsere Nutzpflanzen vor Schädlingen. Doch allzu oft gelangen sie ins Erdreich, ins Grundwasser und schlussendlich in unsere Nahrungskette. Es ist daher wichtig, dass insektizide Moleküle keinerlei negative Wirkung auf Menschen und Umwelt haben. Ideal sind auch solche Wirkstoffe, die schon nach kurzer Zeit komplett biologisch abgebaut werden. Zurzeit sind in Deutschland 281 Pflanzenschutzmittel zugelassen. Doch nur die wenigsten erfüllen diese zwei Bedingungen. Es gibt daher einen dringenden Bedarf an neuen Wirkstoffen, um unsere Landwirtschaft nachhaltiger zu machen.

Die Projektpartner und das übergeordnete Ziel

Wissenschaftliche Partner

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Chinesicher Brokkoli (Brassica alboglabra) ist in Thailand ein wichtiges Gemüse. Die Pflanze wird oft von den Raupen der Zuckerrübeneule (Spodoptera exigua) befallen.

Chinesicher Brokkoli (Brassica alboglabra) ist in Thailand ein wichtiges Gemüse. Die Pflanze wird oft von den Raupen der Zuckerrübeneule (Spodoptera exigua) befallen.

Bildquelle: © National Center for Genetic Engineering and Biotechnology

Ein solcher Wirkstoff ist Vip3A. Es handelt sich um ein natürliches Protein, dass aus dem Bakterium Bacillus thuringensis stammt und effektiv blattfressende Schmetterlingslarven abtötet. Für den Menschen und andere Tiere gilt die Substanz hingegen als unschädlich. Es gibt jedoch zwei Probleme: Vip3A ist nicht besonders hitzestabil und verliert bei höheren Temperaturen um 50°C seine biologische Funktion. Ferner ist “eine regenresistente Anbindung von Protein-Toxine an Pflanzenblättern aufgrund fehlender Blatt-Bindedomänen ein generelles Problem“, erklärt Professor Ulrich Schwaneberg.

Das soll sich nun durch das Projekt InFuProts ändern. Die Wissenschaftler der RWTH Aachen und im DWI setzen auf Protein-Engineering, um die Struktur des Wirkstoffs entsprechend anzupassen. Das heißt, sie verändern die Gensequenz, um dem Protein die gewünschten Eigenschaften zu verleihen. Partner sind dabei Experten aus Thailand. Dort ist insbesondere der Chinesischer Brokkoli (Brassica alboglabra) eine wichtige Gemüsepflanze, an denen der neue Wirkstoff beispielhaft getestet werden soll. Das thailändische Team ist auch für die Wirkstoffproduktion verantwortlich.

Das Vorgehen

Um die Haftung von Peptid-Proteinen auf den Blättern zu verbessern, generierte Dr. Florian Bourdeaux im Team von Prof. Ulrich Schwaneberg ein Fusionsprotein aus dem Vip3A-Toxin und einem Adhäsionsvermittlerpeptide namens AP24. Das Vip3A-Adhäsionsvermittlerpeptide ist ungiftig und haftet das Vip3A Protein an die Wachsschicht von Blättern. Die Anhaftung ist aufgrund der 3-D Struktur und Vielzahl an Interaktionen sehr stark, so dass das Fusionsproteine AP24-Vip3A auch nach einem starken Regenguss auf der Blattoberfläche haften und aktiv bleibt.

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Raupen der Gattung Spodoptera fallen wie eine Armee über Felder her und zerstören die Pflanzen. Im Englischen werden sie daher auch Armyworms genannt. Das regenfest gemachte Pestizid Vip3A soll die Pflanzen schützen.

Raupen der Gattung Spodoptera fallen wie eine Armee über Felder her und zerstören die Pflanzen. Im Englischen werden sie daher auch Armyworms genannt. Das regenfest gemachte Pestizid Vip3A soll die Pflanzen schützen.

Bildquelle: © National Center for Genetic Engineering and Biotechnology

Als nächsten Schritt hat die Arbeitsgruppe in Aachen die Temperaturresistenz des Vip3A-Proteins erhöht. Mit Hilfe von computergestützten Methoden identifizierten sie die Domäne des Proteins, die am wenigsten temperaturstabil war und über molekulardynamische Simulationen wurden die Aminosäurenpositionen ausgewählt um Fluktuationen zu minimieren und damit die Temperaturresistenz zu erhöhen. In Thailand testeten die Forschenden dann, welches der veränderten Proteine die beste Wirkung gegen Insekten aufwies. „Unser neues Vip3A ist um vier bis fünf Grad stabiler und genauso wirksam“, sagen Prof. Schwaneberg und Dr. Bourdeaux stolz. Das Ap24-Vip3A-Fusionsprotein kann einfach als Lösung auf die Blätter aufgesprüht werden. In Thailand ist Vip3A bereits ein Produkt, das verkauft wird.

Ausblick

Die prinzipielle Technologie dahinter könnte jedoch auf Feldern auf der ganzen Welt Einzug halten. Denn inzwischen hat Schwaneberg eine ‚Company-Building‘ Firma gegründet, die Aachen Proteineers, die die sogenannten Adhäsionsvermittler-Technologieplattform vermarktet. Zum Einsatz kommen in einer Produktlinie  Wirkstoff-Container, die mit Adhäsionsvermittlerpeptiden dekoriert sind. Die Container bestehen aus Zuckerpolymeren, die über die Adhäsionsvermittlerpeptide ebenso gut auf den Blättern haften und mit nahezu beliebigem Inhalt/Wirkstoffen gefüllt werden können. Zum Beispiel mit einem Kupfersalz, das im Weinanbau als Pflanzenschutzmittel eine große Rolle spielt. Da das Pflanzenschutzmittel so über längere Zeit auf der Blattoberfläche fixiert wird, wird weniger davon gebraucht: „Wir konnten zeigen, dass durch die Container der Kupferauftrag im Feld um den Faktor 3 reduziert werden konnte, im Gewächshaus sogar um den Faktor 40“, sagt Schwaneberg.


Vorangegangene Veröffentlichungen:

  • Meurer, R. A., Kemper, S., Knopp, S., Eichert, T., Jakob, F., Goldbach , H. E., Schwaneberg*, U., Pich*, A. (2017). Biofunctional Microgel Based Fertilizers for Controlled Foliar Delivery of Nutrients to Plants. Angewandte Chemie, 56, 1 7. https://doi.org/10.1002/anie.201701620
  • Schwinges, P., et. Al, Schwaneberg*, U., Conrath*, U. (2019). A bifunctional dermaseptin–thanatin dipeptide functionalizes the crop surface for sustainable pest management. Green Chem , 21, 2316-2325 https://doi.org/10.1039/C9GC00457B

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Titelbild: Neuartige Ankerproteine sollen biokompatible Insektizide auch bei Regen auf den Blättern halten. (Bildquelle: © Pflanzenforschung.de)