Bt-Maisreste in Gewässern:

Gefahr für Köcherfliegen?

Amerikanische Wissenschaftler vermuten in einer Studie, dass gentechnisch veränderter Bt-Mais, der in der Nähe von Gewässern wächst, Wasserbewohnern wie z.B. Köcherfliegen schadet. Die Tiere zeigten in Laborversuchen bei Fütterung mit Bt-Maisblättern reduzierte Wachstumsraten. Ob die im Labor gefundenen Ergebnisse übertragbar sind auf natürliche Bedingungen im Freiland, bleibt allerdings fraglich.

Köcherfliege

Köcherfliege. Die Larven der Köcherfliegen leben im Wasser. Die meisten Arten wachsen in selbstgebauten Röhren auf, die als Köcher bezeichnet werden. Deshalb der Name Köcherfliege. Köcherfliegen sind ein verlässlicher Indikator für die Gewässerqualität, weil sie nur in Gewässern mit guter Qualität vorkommen.
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Im und am Wasser lebende Insekten wie z.B. Köcherfliegen ernähren sich u.a. auch von Pflanzenresten, die sich in Gewässern finden. Auch Pollen, Blätter und andere Pflanzenteile von gentechnisch verändertem Bt-Mais gelangen über Oberflächenwasser in die Oberläufe von Flüssen und dienen den dort lebenden Tieren als Nahrungsquelle. Die Autoren der Studie, Wissenschaftler der Universitäten Chicago, Indiana und Southern Illinois, befürchten, dass der großflächige Anbau von Bt-Mais unerwartete Auswirkungen auf aquatische Ökosysteme haben könnte. Dies sei bislang nicht ausreichend untersucht worden. Sie kritisieren, dass für die Zulassung von GVOs als Stellvertreter für aquatische Organismen Wasserflöhe gestestet werden, nicht aber Insekten wie die Köcherfliegen, die anders als der Name vermuten lässt, mit Schmetterlingen verwandt sind. Da bestimmte Bt-Maissorten ein Bt-Toxin bilden, dass gegen Schmetterlinge gerichtet ist, sind mögliche Auswirkungen auf Köcherfliegen nicht auszuschließen.

Bei den Köcherfliegen gibt es sowohl Arten, die Netze bauen, mit denen sie z.B. Pollen aus dem Wasser filtern können als auch Arten, die eher Blätter fressen.

Bt-Maisreste in Gewässern

Zunächst wollten die Wissenschaftler in Freilandexperimenten herausfinden, wie viel Pflanzenmaterial aus angrenzenden Maisfeldern sich in Flussläufen wiederfindet und über welche Entfernungen es dann weitergetragen wird.

Die Autoren haben ihre Untersuchungen 2005 und 2006 an insgesamt zwölf fließenden Gewässern durchgeführt, an deren Ufern Mais angebaut wird. Die Gewässer unterschieden sich hinsichtlich Breite, Durchfluss, Fließgeschwindigkeit, Entfernung vom Feld und Uferböschung.

  • Auffangsiebe wurden in die Flüsse gestellt, monatlich geleert und der Inhalt sortiert und gewogen. Es fand sich Pflanzenmaterial zwischen 0,1 bis 7,0 Gramm Trockengewicht (AFDM) pro Quadratmeter Flussbett pro Jahr. Zur Blüte wurden Pollenfallen über der Wasseroberfläche aufgestellt und täglich geleert. An allen Standorten wurde Pollen aufgefangen, aber in sehr unterschiedlichen Mengen von 0,1 bis ein Gramm pro Quadratmeter Flussbett pro Jahr.
  • Mit Hilfe von farbig markierten Blättern, Kolben und Pollen wurde ermittelt, über welche Entfernungen das Pflanzenmaterial transportiert wird. Blätter und Kolben wurden zwischen 0,38 und 180 Meter weit transportiert, Pollen zwischen 20 und 60 Meter.
  • Die Abbauraten von Bt- und Nicht-Bt-Blättern wurden bestimmt. Dazu wurden so genannte „litterbags“ mit Pflanzenmaterial in die Gewässer gehängt. Es wurden keine Unterschiede in der Abbaurate zwischen Bt- und Nicht-Bt-Mais gefunden.
  • Während des Pollenflugs 2005 wurden Därme von Köcherfliegen (Hydropsyche ssp.) auf Maispollen hin untersucht. 50 Prozent der Netz-bildenden Köcherfliegen enthielten Pollen im Darm.

Fütterungsstudie mit Köcherfliegen

Nachdem sie zeigen konnten, dass Erntereste durchaus durch Oberflächenwasser in Bäche gelangen, haben die Autoren im zweiten Schritt Fütterungsstudien im Labor mit zwei verschiedenen Köcherfliegenarten durchgeführt. Sie haben dabei Pollen und Blattmaterial von Bt-Mais im Vergleich mit konventionellem Mais verfüttert. Allerdings haben sie nicht wie sonst üblich für den Vergleich isogene Linien genommen, sondern Maissorten mit vergleichbarem Ligningehalt und Kohlenstoff/Stickstoff-Verhältnis. Bt-Mais habe im Vergleich zur konventionellen Ausgangssorte einen höheren Ligningehalt und unterscheide sich von daher in der Nahrungsqualität, so die Begründung.

  • Köcherfliegen der Art Helicopsyche borealis wurden mit Algen - ihrer typischen Nahrungsquelle - und Pollen gefüttert. Die Pollenkonzentration entsprach dem Durchschnitt der in den Freilanduntersuchungen gefundenen Menge sowie dem zwei bis dreifachen der maximal gefundenen Menge. Die Tiere stammten aus einem Gewässer, an dem kein Mais angebaut wurde. Je zehn Tiere wurden in je sechs Wiederholungen über 18 Tage beobachtet. Bei der zwei- bis dreifach erhöhten maximalen Pollenkonzentration war die Sterblichkeit bei Fütterung mit Bt-Pollen erhöht (43 gegenüber 18 Prozent).
  • Blatt-zerkleinernde Köcherfliegen (Lepidostoma liba) wurden in kleinen Aquarien mit Bt- und Nicht-Bt-Blättern gefüttert. Dabei wurden das Wachstum und die Sterblichkeit der Tiere beobachtet. Die Fütterungsversuche liefen über 29 Tage. Blätter wurden nach Bedarf zugegeben. Lepidostoma liba zeigten bei Fütterung mit Bt-Maisblättern um mehr als 50 Prozent reduzierte Wachstumsraten gegenüber Nicht-Bt-Mais, wohingegen die Sterblichkeit sich nicht unterschied.

Laborergebnisse auch im Freiland von Bedeutung?

Die Autoren der Studie sehen in den Ergebnissen der Fütterungsstudie einen Hinweis auf mögliche negative Auswirkungen von Bt-Ernterückständen auf aquatische Ökosysteme. Daher schlagen sie vor, dass in die Bewertung von gentechnisch veränderten Pflanzen auch der Einfluss auf relevante aquatische Organismen wie Köcherfliegen aufgenommen wird.

Es bleibt allerdings fraglich, ob die reduzierten Wachstumsraten im Labor auf das Freiland übertragbar sind. Die Bt-Gehalte in Bt-Maispollen und Bt-Pflanzenresten in den Gewässern wurden von den Autoren nicht gemessen. Es bleibt unklar, wie das Bt-Protein in Gewässern abgebaut wird und in welchem Maße Köcherfliegen dem Bt-Toxin unter natürlichen Bedingungen tatsächlich ausgesetzt sind.

Bei den Fütterungsversuchen wird von den Autoren weder die Herkunft des Bt-Pollens noch des Bt-Blattmaterials angegeben. Die Bt-Gehalte können aber je nach Eventin den verschiedenen Pflanzenteilen sehr unterschiedlich sein. Es gibt keine Angaben über die Konzentration des Bt-Proteins in Pollen und Blättern und so können keine Aussagen über die Wirkung des Bt-Proteins in Abhängigkeit von einer bestimmten Dosis gemacht werden.

Da außerdem nicht wie sonst üblich zum Vergleich Blattmaterial und Pollen von isogenen Linien verwendet wurde, könnten sich diese Sorten auch in weiteren Inhaltsstoffen von den Bt-Pflanzen unterscheiden. Die beobachteten Effekte können somit nicht eindeutig auf das Bt-Protein zurückgeführt werden.

Nachfolgende Freilandstudie: Kein Einfluss durch Bt-Pollen

Die Autoren selbst haben in weiteren Untersuchungen im Freiland ihre Hypothese einer möglichen Schädigung von Köcherfliegen durch Bt-Mais überprüft. Die Ergebnisse stellten sie im Juni 2007 auf einer Konferenz der Nordamerikanischen benthologischen Gesellschaft (NABS) vor. Im Juli 2006 installierten die Wissenschaftler in je drei Bächen an Bt-Maisfeldern und konventionellen Maisfeldern Durchflusskammern, um die Wachstumsraten von zwei verschiedenen Köcherfliegenarten zu beobachten. Sie setzten 40 bis 60 Tiere in diese im Wasser hängenden Kammern und verfolgten deren Wachstum über sieben bis neun Tage. Dabei wurden Wachstumsraten zwischen 0,024 und 0,059 pro Tag sowie eine Sterblichkeit von im Mittel 33 Prozent gefunden. Bt-Maispollen beeinflusste weder das Wachstum noch die Sterblichkeit der Tiere. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen somit keinen Hinweis, dass Köcherfliegen durch Bt-Maispollen beeinträchtigt werden.