Nach heftigen Debatten

Französisches Parlament stimmt neuem Gentechnikgesetz zu

Das französische Parlament hat am Mittwoch einem neuen Gentechnikgesetz zugestimmt. Der Gesetzentwurf, der mit 249 zu 228 Stimmen angenommen wurde, schafft einen lange erwarteten Rechtsrahmen für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Frankreich und setzt damit die seit 2001 bestehende EU-Freisetzungsrichtlinie um. Die eine Woche dauernde Debatte in der Nationalversammlung wurde von internen Auseinandersetzungen in den Reihen der Mitte-Rechts-Regierung und scharfer Kritik seitens der Opposition begleitet, die mehrere Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf durchsetzte. Am 16. April wird das neue Gesetz in zweiter Lesung im Senat diskutiert.

Jean-Louis Borloo, französischer Umweltminister, betonte, es sei nicht Ziel des Gesetzes, grundsätzlich darüber zu entscheiden, ob gv-Pflanzen verwendet werden dürfen oder nicht. Diese Entscheidung liege letztlich bei der Europäischen Union.

Innerparteilicher Aufruhr: Umweltstaatssekretärin Nathalie Kosciusko-Morizet provozierte Unmutaus den eigenen Reihen der Mehrheitsfraktion, als sie ineinem Interview in „Le Monde“ sagte, sie sei es satt, einer „Armee von Feiglingen“ gegenüber-zustehen. Sie hatte ihre Zustimmung zu Änderungsanträgen der Opposition signalisiert und war dafür gerügt worden.

Fünf Sitzungstage lang haben sich die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung mit dem Entwurf für eine neue nationale Gentechnik-Gesetzgebung befasst. Das Gesetz soll den rechtlichen Rahmen für die Nutzung gentechnisch veränderter Organismen festlegen. Darunter fallen Forschungsprojekte mit GVOs ebenso wie der kommerzielle Anbau von gv-Pflanzen und die Koexistenz mit konventionellem und Öko-Anbau.

Im Laufe der Parlamentsdebatten mussten die Abgeordneten über 479 Änderungsvorschläge an dem ursprünglichen Gesetzestext befinden und sind darüber in heftige Diskussion geraten. Agrarminister Michel Barnier wurde eine zu große Abhängigkeit von der Saatgutindustrie unterstellt. Die Grünen und Linken forderten eine Freilassung von gewalttätigen Gentechnik-Gegnern, konnten dies jedoch letztlich nicht durchsetzen.

Mehrheitliche Zustimmung fand dagegen ein Änderungsvorschlag, der die Verwendung von gv-Pflanzen stark einschränkt: Während der ursprüngliche Gesetzentwurf bei deren Anbau lediglich „Rücksichtnahme auf die Umwelt und die öffentliche Gesundheit“ fordert, dürfen transgene Pflanzen nun nur unter Rücksichtnahme auf landwirtschaftliche Strukturen, regionale Ökosysteme sowie „Gentechnik-freie“ Produktionslinien angebaut werden. Die Opposition bezeichnete dies als „politischen Sieg“ über die rechtsgerichtete Mehrheitspartei UMP (Union pour un Mouvement Populaire). Neben den sozialistischen, kommunistischen und grünen Abgeordneten hatten auch vier Abgeordnete der regierenden Mehrheitsparteien der Änderung zugestimmt.

Rechtsrahmen für Gentechnik lange überfällig

Aus Sicht der Sozialisten schafft das Gesetz in der aktuellen Form die rechtliche Basis, um Gentechnik aus bestimmten Regionen Frankreichs fernzuhalten. Verschärft werden außerdem die Strafen für die vorsätzliche Zerstörung von Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen. In solchen Fällen ist künftig mit 75.000 bis 150.000 Euro Geldstrafe und bis zu drei Jahren Haft zu rechnen.

Gentechnik-Gegner wie Greenpeace und France Nature Environnement kritisieren den Gesetzentwurf als Legalisierung einer umweltgefährdenden Technologie. Sie begrüßen die von der Opposition durchgesetzten Änderungen, bezeichnen sie aber gleichzeitig als reine „Kosmetik“ für ein Gesetz, von dem „eine Hand voll Industrielle“ profitiert. Umweltminister Jean-Louis Borloo betonte dagegen, es sei nicht Ziel des Gesetzes, grundsätzlich darüber zu entscheiden, ob gv-Pflanzen verwendet werden dürfen oder nicht. Diese Entscheidung liege letztlich bei der Europäischen Union. Das Gesetz solle vielmehr einen rechtlichen Rahmen für die GVO-Nutzung und die damit verbundenen Belange schaffen. Seit zehn Jahren sei die Situation der land-wirtschaftlichen Biotechnologie in Frankreich nicht gesetzlich geregelt, obwohl die Europäische Union schon seit 2001 von den Mitgliedstaaten verlangt, eigene Gesetze zu formulieren.

„Hoher Rat für Biotechnologie“

Die Abgeordneten diskutierten auch über die Zusammensetzung des Expertengremiums, das künftig Stellungnahmen zu allen für die Gentechnik relevanten Fragen erarbeiten und sich vor allem mit der Sicherheitsbewertung von gv-Pflanzen befassen soll. Der so genannte „Hohe Rat für Biotechnologie“, der im vergangenen Herbst bereits provisorisch eingesetzt wurde, soll nicht nur aus Naturwissenschaftlern bestehen, sondern auch wirtschaftliche, gesellschaftliche und ethische Aspekte berücksichtigen und Experten für diese Bereiche umfassen. Im Januar hatte das vorläufige Komitée die Stellungnahme verfasst, auf deren Basis die Regierung das Anbauverbot für MON810-Mais ausgesprochen hatte.