Cartagena-Protokoll über den Handel mit GVOs

UN-Konferenz berät über Haftungsregeln

In Bonn hat am Montag die vierte UN-Konferenz zur Biologischen Sicherheit (MOP 4) begonnen. Vertreter von 147 Unterzeichnerstaaten des so genannten Cartagena-Protokolls beraten bis einschließlich Freitag über die Umsetzung dieser internationalen Vereinbarung zum grenzüberschreitenden Handel mit lebenden gentechnisch veränderten Organismen (LMO). Ziel ist vor allem, das Abkommen um verbindliche Regeln für die Haftung und Wiedergutmachung zu ergänzen.

Ursula Heinen, Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) ist Vorsitzende der MOP4-Konferenz in Bonn.

Ahmed Djoglaf, Exekutivsekretär der UN-Konvention für biologische Vielfalt während der Pressekonferenz zum Auftakt der Konferenz in Bonn.

Die Vorsitzende der MOP4-Konferenz, die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesverbraucherminister Ursula Heinen, gab sich anlässlich der Eröffnung optimistisch, dass in Bonn eine Einigung über Bestimmungen zur Haftung und Entschädigung erreicht werden könne. Frau Heinen hob hervor, der Mensch habe das Erbgut vieler Nutzpflanzen und Tiere über Jahrtausende durch Selektion und Kreuzung verändert. Die Gentechnik eröffne neue Möglichkeiten für eine bessere Ernährung. Wie jede neue Technologie, berge sie aber auch Risiken für die Biodiversität. Sie betonte, die Haftungsfrage sei von zentraler Bedeutung für die Akzeptanz der Agrarbiotechnologie in der Bevölkerung. Die Vorsitzende appellierte zudem an die Kompromissbereitschaft der Vertragsparteien, eine ausreichende Finanzierung der Arbeiten im Rahmen des Cartagena-Protokolls zu gewährleisten.

Im Jahr 2007 wurden gentechnisch veränderte Pflanzen bereits auf 114,3 Millionen Hektar in 23 Ländern angebaut. Der Handel mit lebenden GVO wie beispielsweise transgenem Saatgut hat daher in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen. Die Cartagena-Vertragsparteien ringen seit vier Jahren in einer Arbeitsgruppe von technischen und juristischen Experten um internationale Regeln für die Haftung und Wiedergutmachung gemäß Artikel 27 des Protokolls.

Zuletzt beriet eine „Gruppe der Freunde des Vorsitzes“ unmittelbar vor Beginn der UN-Konferenz über die bislang erzielten Fortschritte. Unter anderem diskutierten die Delegierten über einen Vorschlag von sechs führenden Biotechnologie-Konzernen. Die Unternehmen wollen sich freiwillig verpflichten, nachweislich durch GVO verursachte Schädigungen der Biodiversität zu begleichen. Die „Freunde des Vorsitzes“ einigten sich auf einen Entwurf zur Definition von Beeinträchtigungen des Schutzes und der nachhaltigen Nutzung der Biodiversität. Sie berieten außerdem detailliert über Ausnahmen, zeitliche Haftungsbeschränkungen und die Abdeckung von Schäden. Ihre Formulierungsvorschläge enthalten allerdings zahlreiche eckige Klammern, die noch umstrittene Textbestandteile markieren.

Darüber werden nun die Delegierten der Konferenz zu beraten haben. Der Exekutivsekretär der UN-Biodiversitätskonvention (CBD), Ahmed Djoghlaf, geht davon aus, dass die Tagung am kommenden Freitag mit einem Erfolg enden wird, und Regeln für die Haftung und Wiedergutmachtung beschlossen werden. „Eine Verschiebung ist keine Option“, sagte Djoghlaf. Die Vertragsparteien hätten vor vier Jahren das Ziel festgelegt, bis zur MOP 4 eine Einigung zu erreichen. Die Glaubwürdigkeit des Cartagena-Protokolls stehe auf dem Spiel.

Djoghlaf ging auch auf die aktuelle Nahrungsmittelkrise ein. Er unterstrich, angesichts des weltweit wachsenden Lebensmittelbedarfs müssten die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden. Die Biotechnologie könne einen erheblichen Beitrag zu einer besseren Nahrungsmittelversorgung leisten. Das Cartagena-Protokoll gebe den internationalen Rahmen vor, dass die Entwicklung mit der notwendigen Vorsicht erfolge und nicht zu Lasten der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gehe.

Zu der Bonner UN-Konferenz werden rund 2.000 Teilnehmer erwartet. Anlässlich ihrer Eröffnung demonstrierten Gentechnik-Gegner mit einem Traktorenkorso und Transparenten gegen die Nutzung der Gentechnik in der Landwirtschaft. In einer mehrtägigen Gegenveranstaltung unter dem Motto „planet diversity“ wollen Vertreter von Bauern-, Entwicklungs-, Verbraucher- und Umweltorganisationen ihre Forderung nach einer gentechnikfreien Zukunft in einem „Planet Diversity Manifest“ dokumentieren.

An die Bonner Konferenz der Cartagena-Vertragsparteien schließt sich vom 19. bis 30. Mai die 9. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (COP 9) an.