Runder Tisch zur Grünen Gentechnik

Keine konkreten Ergebnisse, aber „Auftakt zu einem neuen Dialog“

Der Runde Tisch zur Grünen Gentechnik wird fortgesetzt. Forschungsministerin Annette Schavan und Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner hatten dreißig Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verbänden eingeladen, um mit ihnen über den Stellenwert der Grünen Gentechnik in Deutschland zu diskutieren. Auch die Kirchen waren vertreten. Konkrete Ergebnisse brachten die Gespräche heute in Berlin nicht. Nun sollen weitere runde Tische zu verschiedenen Einzelfragen folgen.

Forschungsministerin Annette Schavan (CDU): „Wir möchten aufklären und Vertrauen schaffen. Wir müssen das Potenzial der Gentechnik nutzen, aber zugleich die Risiken ernst nehmen und Akzeptanz schaffen.“

Foto: RegierungONLINE/ Fassbender

Landwirtschaftsminis- terin Ilse Aigner (CSU): „Der Schutz von Mensch und Umwelt muss dabei Vorrang haben vor Gewinn und Markt, sogar vor möglichem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn.“

Protest: Vor der Landesvertretung Nordrhein-Westfalen in Berlin, dem Tagungsort des Runden Tisches, hatte sich eine kleine Gruppe Demonstranten eingefunden.

„Wir haben sehr intensiv, offen und fair diskutiert. Es war ein gelungener Auftakt für einen neuen Dialog über eine wichtige Zukunftstechnologie“, sagte Schavan. Beide Ministerinnen betonten die Notwendigkeit, die emotionale Diskussion in der Gesellschaft über Chancen und Risiken der Grünen Gentechnik zu versachlichen.

Aigner kündigte an, als „zuständige Ministerin“ einen Dialogprozess einzuleiten, zu dem sie alle „interessierten und beteiligten Gruppen unserer Gesellschaft“ einladen wolle. Dabei soll auch geklärt werden, wie Sicherheitsforschung und Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen „in Zukunft aufgebaut“ werden sollen. Als weitere Themen nannte sie etwa Stand und Ziele der Pflanzenzüchtung, Zulassungs- und Genehmigungsverfahren, Gentechnik und Futtermittel oder Möglichkeiten zur Schaffung gentechnikanbaufreier Regionen. Einen ähnlichen „Diskurs Grüne Gentechnik“ hatte 2002 die damalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) durchgeführt. Konkrete Ergebnisse oder eine Annährung der Positionen hatte er nicht gebracht.

Runder Tisch: Entlastung für den Gentechnik-Konflikt in der Bundesregierung

Dass nun erneut zu einem Runden Tisch geladen wird, ist auch Ausdruck unterschiedlicher Positionen zur Grünen Gentechnik innerhalb der Bundesregierung. Nach dem von Aigner verhängten Anbauverbot für den gentechnisch veränderten Mais MON810 in Deutschland war es zu einem offenen Konflikt gekommen.

Während Aigner einen „berechtigen Grund zu der Annahme“ sah, dass MON810-Mais eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen könnte, schrieb Schavan in einem Gastkommentar für die Financial Times Deutschland, dass es „bis heute keine wissenschaftlichen Belege für gesundheitliche oder ökologische Schäden durch die grüne Gentechnik“ gebe. Mehrfach betonte Schavan, dass sich Deutschland einen Verzicht auf die Grüne Gentechnik nicht leisten könne. Eine moderne Pflanzenforschung auf internationalem Niveau müsse auch gentechnische Verfahren anwenden können. Um eine wachsende Weltbevölkerung unter erschwerten Bedingungen zu ernähren, müssten alle Möglichkeiten genutzt werden - auch die Grüne Gentechnik.

Wie die CSU betonte dagegen Aigner mögliche Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen. Pflanzengentechnik solle nicht im Feld, sondern in geschlossenen Anlagen stattfinden. Vor dem Runden Tisch forderte Aigner dazu auf, verstärkt von den „Möglichkeiten eines Anbaus unter Glas Gebrauch zu machen.“ Mit der Fortführung des Runden Tisches ist der politische Konflikt zwischen Schavan und Aigner erst einmal entschärft. Bis zur Bundestagswahl im Herbst dürfte sich daran wenig ändern.

Auch die Teilnehmer schätzten den Runden Tisch eher verhalten ein. Es sei ein „erster Schritt zur Versachlichung der Debatte“, sagte Ferdinand Schmitz, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Pflanzenzüchter (BDP) und drängte zugleich zur Eile. „Die Fronten sind verhärtet. Die seit über zehn Jahren andauernde Debatte gefährdet unseren Standortvorteil und vertreibt Innovationen. Wir drohen weiter den Anschluss zu verlieren, wenn es uns nicht gelingt, auf der Grundlage fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu diskutieren.“

Dagegen kritisierte Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) den Runden Tisch als „extrem einseitige Veranstaltung“. Statt eine Auseinandersetzung über die heutige Realität von Gentechnik in der Landwirtschaft zu führen, hätten deren Verfechter breiten Raum erhalten, um sich über ihre künftigen Segnungen auszulassen. Positiv sei jedoch, dass es bei den in Aussicht gestellten weiteren Gesprächen um die künftige Ausrichtung landwirtschaftlicher Forschung gehen soll. „Wenn dann eine gleiche Gewichtung verschiedener Systeme herauskommt und eine Abkehr von der Vorstellung, dass man unter ‘Innovation’ nur Biotechnologie zu verstehen hat, dann wird sich der Ökologische Landbau an dieser Diskussion gerne beteiligen“, sagte Löwenstein.