Indischer Umweltminister legt Zulassung auf Eis

Indien: Streit um gentechnisch veränderte Aubergine

In Indien wird um die Zulassung einer gentechnisch veränderten Bt-Aubergine gestritten, die gegen den Auberginenfruchtbohrer, einen in tropischen Gegenden vorkommenden Schädling, resistent ist. Obwohl die Zulassungsbehörde die Bt-Aubergine als unbedenklich einstufte, ist ihre Zulassung vorerst gestoppt. Sie ist das erste gentechnisch veränderte Lebensmittel, dessen Zulassung in Indien beantragt wurde.

Auberginen werden in Indien auf einer Fläche von über 600.000 Hektar angebaut. Damit ist Indien nach China der weltweit zweitgrößte Erzeuger von Auberginen.

Die Bt-Aubergine wurde im Rahmen eines Kooperationsprojektes entwickelt, an dem drei indische Forschungsinstitute sowie die Unternehmen Monsanto und Mahyco (Maharashtra Hybrid Seed Company) beteiligt waren. Das Zulassungsverfahren schließt vier verschiedene Sorten von Auberginen, in Indien Brinjal genannt, ein.

Am 14. Oktober entschied das Zulassungsgremium GEAC (Genetic Engineering Approval Committee) mehrheitlich, dass Bt-Brinjal als unbedenklich zu bewerten sei und für den Anbau zugelassen werden könne. Nur einen Tag später legte der indische Umweltminister Jairam Ramesh nach heftigen öffentlichen Protesten die Zulassung auf Eis. Er begründete diesen Schritt damit, dass drei der zwanzig Wissenschaftler der GEAC gegen die Zulassung von Bt-Brinjal gestimmt hatten. Nun wird Ramesh Anfang 2010 erneute Konsultationen mit Wissenschaftlern, Agrarexperten, Bauernverbänden, Verbraucherverbänden und Nichtregierungsorganisationen abhalten. Erst danach will er über das weitere Vorgehen entscheiden.

Die Hersteller von Bt-Brinjal verweisen auf insgesamt 25 Studien, die sie seit 2002 durchgeführt haben und deren Ergebnisse öffentlich zugänglich sind. Kritiker werfen der GEAC vor, die Ergebnisse der Firmenstudien nicht unabhängig analysiert zu haben. Sie führen ein im Januar 2009 erschienenes Gutachten an, das der französische Wissenschaftler Gilles-Eric Seralini im Auftrag von Greenpeace erstellt hatte.

Ebenfalls im Januar 2009 berief die GEAC ein 16-köpfiges Expertenkomittee ein, das die von Mahyco durchgeführten Sicherheitsstudien bewerten und auf die von Kritikern geäußerten Vorbehalte eingehen sollte. Das Komitee bestand mehrheitlich aus Wissenschaftlern, die führende Positionen in verschiedenen indischen Forschungseinrichtungen innehaben. Ihr Bericht wurde Anfang Oktober 2009 vorgelegt. Auf der Grundlage dieses Berichtes entschied die GEAC, den Anbau von Bt-Brinjal zuzulassen.

Seralini erhob unter anderem den Vorwurf, das von Bt-Brinjal produzierte Bt-Protein sei ein unbekanntes chimäres Protein aus Cry1Ab und Cry1Ac. Außerdem kritisierte er, dass die gentechnisch veränderte Aubergine zwei Antibiotikaresistenz-Gene trägt. Die Expertenkommission stellte dazu fest, Bt-Brinjal produziere ein Bt-Protein, das sich nur in einer einzigen Aminosäure von Cry1Ac aus B. thuringiensis unterscheide und molekularbiologisch gut charakterisiert sei. Die Antibiotikaresistenz-Gene nptII und aad würden vielfach in gentechnisch veränderten Pflanzen genutzt und ihre Unbedenklichkeit sei nachgewiesen.

Bei den Fütterungsstudien und Toxizitätstests wies Seralini auf eine Reihe von Veränderungen bei den mit Bt-Brinjal gefütterten Tieren hin. Dabei handelte es sich vor allem um hämatologische und biochemische Parameter wie die Gerinnungszeit des Blutes, den Bilirubingehalt oder die Glukosekonzentration. Das Expertenkomittee stellte fest, alle diese Unterschiede lägen im Rahmen der normalen physiologischen Variation, keiner sei statistisch signifikant und keiner sei von Organveränderungen begleitet. Auch die Unterschiede bei der Futteraufnahme, auf die Seralini hingewiesen hatte, seien nicht statistisch signifikant und zum Teil nur vorübergehend. Das Expertenkomittee wies auch weitere Kritikpunkte zurück wie z.B. die Begrenzung der Fütterungsstudien auf einen Zeitraum von 90 Tagen und die Verwendung mehrerer Kontrollgruppen. Diese Vorgehensweisen entsprächen internationalen Richtlinien und würden die Aussagekraft der Studien nicht beeinträchtigen.

Bezüglich der Umweltsicherheit von Bt-Brinjal gilt die größte Sorge der Gentechnikkritiker einer möglichen Auskreuzung. Indien ist wahrscheinlich das Ursprungsland der Aubergine. Neben vielen verschiedenen Sorten von Kulturauberginen wachsen dort auch ihre wilden Verwandten. Seralini äußerte in seiner Studie die Befürchtung, dass das Cry-Gen von Bt-Brinjal in die Wildauberginenarten auskreuzen könnten. Dazu stellt das Expertenkomittee fest, es sei nachgewiesen, dass Kultur- und Wildauberginen sich nicht kreuzen.

Bt-Brinjal ist das erste gentechnisch veränderte Lebensmittel, dessen Zulassung in Indien beantragt wurde. Zunächst ist die Zulassung von Hybridsorten beantragt, die von den Bauern nicht weitervermehrt werden können. Kritiker befürchten, dass Bt-Auberginen die konventionellen Auberginen vom Markt verdrängen und die Bauern dann in Abhängigkeit von Mahyco und Monsanto geraten könnten. Mahyco hat die Technologie jedoch im Rahmen einer Public Private Partnership an den öffentlichen Sektor abgegeben. Das Bt-Gen soll in offen bestäubende Auberginensorten eingekreuzt werden, die dann von den Bauern weitervermehrt werden können.

Während der Freilandversuche mit Bt-Brinjal von 2004 bis 2006 wurden den Ergebnissen von Mahyco zufolge 80 Prozent weniger Insektizide gegen den Auberginenfruchtbohrer und 40 Prozent weniger Pestizide insgesamt eingesetzt, während die Erträge im Vergleich zu der isogenen Ausgangssorte verdoppelt werden konnten. Diese Ergebnisse wurden durch die Freilandversuche des Indian Council of Agricultural Research im wesentlichen bestätigt. Auf dieser Grundlage prognostizieren die Agrarökonomen Vijesh Krishna und Matin Qaim von den Universitäten Hohenheim und Göttingen höhere Gewinne für die Bauern und sinkende Auberginenpreise trotz höherer Saatgutpreise. Der verringerte Insektizideinsatz würde außerdem die Gesundheitskosten für die Bauern erheblich verringern. Insgesamt würde vor allem die Bevölkerung im Osten Indiens profitieren, wo sich zwei Drittel der Auberginen-Anbauflächen des Landes befinden, wo die bäuerlichen Betriebe kleiner und die Haushalte ärmer sind und wo der Schädlingsbefall und der Insektizideinsatz höher sind als im übrigen Land.