EU-Kommission für Zulassung

Bt11-Mais kommt, das Moratorium geht

(28. 01./ 27.04. 2004) Der EU-Agrarministerrat hat sich auf seiner Sitzung am 26. April nicht über die Zulassung von Lebensmitteln aus gentechnisch verändertem Bt11-Mais verständigen können. Verbraucherkommissar David Byrne kündigte an, dass die Kommission noch im Mai eine Genehmigung erteilen will. Spätestens dann wird das seit 1998 in der EU bestehende Zulassungsmoratorium beendet.

Schon zwei Mal hatte die Kommission vergeblich versucht, im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette eine Entscheidung über die Bt11-Mais-Produkte herbeizuführen. Doch auch im Agrarministerrat fand sich keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen eine Zulassung: Irland, die Niederlande, Finnland, Schweden, Großbritannien und Italien waren dafür, Dänemark, Griechenland, Frankreich, Luxemburg, Österreich und Portugal dagegen. Deutschland, Belgien und Spanien enthielten sich.

EU-Kommissions- präsident Romano Prodi: „Die EU hat ein klares, transparentes und strenges System zur Regulierung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel sowie Pflanzen eingeführt. Unsere Rechtsvorschriften stellen sicher, dass in der EU zugelassene GVO sicher für den menschlichen Verzehr und die Freisetzung in die Umwelt sind. Eine eindeutige

Kennzeichnung bietet den Landwirten die Wahlfreiheit beim Anbau und den Verbrauchern beim Kauf. Es ist nur logisch, wenn dieses sichere System auch künftig in der Praxis angewendet wird und die EU die noch ausstehenden Zulassungen zügig bearbeitet.“

Im Januar hatte die EU-Kommission einen Beschluss angenommen, der die Zulassung empfahl. Nur mit qualifizierter Mehrheit hätte der Agrarministerrat sich gegen die Kommission stellen können. Nun ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die die Kommission ihre Linie umsetzt und damit das Zulassungsmoratorium aufhebt.

Im konkreten Bt11-Fall geht es noch nicht einmal um den Anbau innerhalb der EU, sondern um die Einfuhr von verarbeiteten Lebensmittel aus Bt11-Zuckermais, der seit Jahren in den USA geerntet wird. Weil er jedoch das erste GVO-Produkt wäre, das nach dem sechsjährigen Moratorium genehmigt würde, ist den Bt11-Mais- konserven große öffentliche Aufmerksamkeit sicher. An eine Vermarktung von Bt11-Mais-Produkten in der EU ist nach Aussage des antragstellenden Unternehmens vorerst nicht gedacht.

Die grundsätzlichen politischen Entscheidungen, den Anbau von gv-Pflanzen und die Vermarktung von GVO-Produkten in der EU zuzulassen, sind längst gefallen. Ein neuer Rechtsrahmen für GVOs ist in Kraft, die neue europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat ihre Arbeit aufgenommen. Anders als einige Mitgliedstaaten, die die erste Zulassung immer wieder zu verzögern suchen, bleibt die Kommission bei ihrem eingeschlagenen Kurs, die beschlossenen Gesetze auch praktisch anzuwenden. Dass auch Kommissionspräsident Romano Prodi diese Linie öffentlich stützt, verleiht ihr weiteres Gewicht.

Verordnung für Identifizierungscode

Eine weitere Regelungslücke. hatte sich schon Anfang des Jahres geschlossen. Am 14. Januar wurde die Verordnung Nr. 65/2004 veröffentlicht, mit der ein spezifischer Erkennungscode (unique idetifier) für alle zugelassenen GVOs festgelegt wird. Mit diesem Strichcode kann jeder GVO identifiziert und mit weiteren Informationen inationalen Datenbanken verknüpft werden. Ein solcher Code ist notwendig, um die für GVOs vorgeschriebenen Rückverfolgbarkeitssysteme aufzubauen.

Damit können die Verordnungen über Zulassung und Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Futter- und Lebensmitteln (1829/2003) und zur Rückverfolgbarkeit (1830/2003) wie geplant am 18. April 2004 wirksam werden.

Zudem kündigte die Kommission an, in Kürze Vorschläge über zulässige GVO-Schwellenwerte im Saatgut vorzulegen.

Koexistenz: Gentechnikfreie Zonen freiwillig

Lediglich bei der Regelung der Koexistenz haben die Mitgliedstaaten einen begrenzten nationalen Entscheidungsspielraum. Hier hatte die Kommission nur Leitlinien vorgelegt, mit denen der dauerhafte Bestand von landwirtschaftlichen Systemen mit und ohne Gentechnik gesichert werden soll. Das hat zur Folge, dass in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Koexistenzkonzepte favorisiert werden. Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten auf, diese Konzepte der Kommission zur rechtlichen Überprüfung vorzulegen.

Gentechnikfreie Zonen, wie sie in mehreren europäischen Regionen beschlossen wurden, sind nach Auffassung der Kommission nur dann rechtmäßig, wenn sie als freiwillige Vereinbarung zustande kommen. Verbindliche Vorgaben, die alle Landwirte einer Region zu einer bestimmten Anbauweise zwingen, sind nicht zulässig.