EU-Kommission

Zurück an die EFSA: Entscheidung über Anbau-Zulassung verschoben

Die EU-Kommission hat die Entscheidung über die Anbau-Zulassung zweier gentechnisch veränderter Maislinien sowie der Amflora-Kartoffel erneut verschoben. Nun soll sich die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) noch einmal mit der Sicherheit dieser gv-Pflanzen beschäftigen. Schnell und pragmatisch will die Kommission hingegen Schwellenwerte für in der EU noch nicht zugelassene gv-Pflanzen einführen.

Eine „Orientierungsdebatte“ über Fragen der Zulassung von GVO-Produkten in der EU hatte die EU-Kommission auf die Tagesordnung ihrer Sitzung am Mittwoch in Brüssel gesetzt. Doch konkrete Beschlüsse, das bestehende Zulassungsverfahren zu ändern, wurden nicht gefasst. Zuletzt hatten sich Frankreich und Deutschland dafür ausgesprochen, die Zulassungsentscheidungen zu entpolitisieren und stärker auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen.

EU-Umweltkommissar Stavros Dimas sperrt sich gegen die Anbau-Zulassungen für die beiden Bt-Maislinien Bt11 und 1507 sowie die Amflora-Kartoffel. Nun soll die EFSA noch einmal deren Sicherheit überprüfen.

Die EU-Mitgliedstaaten sind in Fragen der Gentechnik politisch zerstritten. Bei Abstimmungen im Ministerrat neutralisieren sich die Lager gegenseitig, so dass bisher alle Zulassungsentscheidungen über GVO-Produkte an der in den europäischen Verträgen festgelegten qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten scheiterten. Damit politische Blockaden nicht zu einer Handlungsunfähigkeit der EU führen, ist es in solchen Fällen Aufgabe der EU-Kommission, eine Entscheidung herbeizuführen. Das gemeinschaftliche Gentechnik-Recht gibt vor, dass die EU-Kommission dabei im Regelfall der wissenschaftlichen Stellungnahme der zuständigen Fachbehörde EFSA folgt.

Bisher hatte die EU-Kommission alle GVO-Anträge genehmigt, wenn die Sicherheitsbewertung der EFSA zu dem Ergebnis gekommen war, die GVO-Produkte seien genau so sicher wie entsprechende konventionelle Vergleichsprodukte. Doch nun blockiert der politische Konflikt um die Grüne Gentechnik auch die EU-Kommission selbst. Auslöser dafür sind die fälligen Entscheidungen über drei zum Anbau in der EU vorgesehene gv-Pflanzen: die beiden Bt-Maislinien 1507 und Bt11 sowie die von der BASF entwickelte gv-Kartoffel mit veränderter Stärkezusammensetzung (Amflora).

Alle drei gv-Pflanzen hatte die EFSA schon 2005 nach eingehender Prüfung als unbedenklich für Umwelt, Mensch und Tier eingestuft. Seit längerem zögert der zuständige EU-Umweltkommissar Stavros Dimas eine Entscheidung hinaus. Im Gegensatz zu seiner wissenschaftlichen Fachbehörde verwies er auf nicht geklärte Sicherheitsfragen. So gebe es „ernst zu nehmende Hinweise“, die beiden Bt-Maislinien könnten anderen Tierarten schaden. Bei der Amflora-Kartoffel ist es ein bei ihrer Entwicklung verwendeter Antibiotikaresistenz-Marker, auf den Dimas seine Bedenken stützt.

Für seinen Vorschlag, die Zulassungen zu versagen, fand Dimas jedoch in der 27-köpfigen Kommission keine Mehrheit. Als Kompromiss verständigte man sich darauf, einzelne Sicherheitsaspekte der drei gv-Pflanzen erneut von der EFSA überprüfen zu lassen. Damit wird die Entscheidung noch einmal um mehrere Monate verschoben. „Die Kommission wird den ausstehenden Anträgen zustimmen, wenn die EFSA die Sicherheit der Produkte bestätigt“, sagte ein Sprecher der Kommission vor der Presse. Zugleich bekräftigte er das Vertrauen der Kommission in die Arbeit der EFSA. Zuletzt waren in der EU 1998 gv-Pflanzen zum Anbau zugelassen worden.

Auch die Anträge für weitere GVO-Produkte wurden an die EFSA zur erneuten Überprüfung verwiesen. Dabei handelt es sich um drei Kreuzungen verschiedener gv-Maislinien (MON863xMON810, MON863xMON603, MON863xMON810xNK603), in denen ein Antibiotikaresistenz-Marker vorhanden ist, sowie um Reis LL62.

Technische Lösung: Schwellenwert für in der EU nicht zugelassene gv-Pflanzen

Bei einer anderen, ebenfalls politisch heftig umstrittenen Frage will die Kommission dagegen eine pragmatische „technische Lösung“. Es geht um minimale Beimischungen von gv-Pflanzen, die in der EU nicht zugelassen sind. Da für diese derzeit in der EU eine Nulltoleranz gilt, dürfen Agrarrohstoffe nicht eingeführt werden, wenn dort nicht zugelassenen gv-Pflanzen nachgewiesen werden. Schon minimale GVO-Spuren an oder unterhalb der Nachweisgrenze führten in der Vergangenheit dazu, dass ganze Schiffslieferungen abgewiesen werden mussten. Angesichts der zunehmenden Futtermittel- und Proteinknappheit in Europa will die EU „spätestens bis zum Sommer“ einen Schwellenwert für nicht zugelassene GVOs festlegen.

Außerdem wies die Kommission Österreich an, das nationale Einfuhrverbot für Futter- und Lebensmittel aus den beiden gv-Maislinien MON810 und T25 aufzuheben, da die dafür vorgebrachten Sicherheitsbedenken wissenschaftlich nicht begründet seien. Die nationalen Anbauverbote für die gv-Maislinen haben jedoch weiter Bestand.