NAFTA-Report: Ausbreitung von gv-Mais in Mexiko

Vorsorglich nur gemahlenen Mais importieren

Vor drei Jahren löste ein Artikel in der renommierten Zeitschrift Nature heftige wissenschaftliche und politische Diskussionen aus. Zwei kalifornische Wissenschaftler wollten herausgefunden haben, dass sich gentechnisch veränderter Mais in mexikanischen Maissorten verbreitet hatte. Damals wurden Analyseverfahren und Schlussfolgerungen vehement angezweifelt. Die amerikanische Freihandelszone (NAFTA) beauftragte eine Kommission, die aufgeworfenen Fragen auf wissenschaftlicher Grundlage zu untersuchen und Vorschläge für ein weiteres Vorgehen zu erarbeiten. Nun ist der Abschlussbericht bekannt geworden: Er empfiehlt, gv-Mais vorsorglich nur noch in gemahlener Form zu importierten. Mexiko ist für Mais ein Zentrum der biologischen Vielfalt.

Der bisher nur als Entwurf veröffentlichte Report der Commission for Environmental Cooperation(CEC) der Nordamerikanischen Freihandelszone (NAFTA) geht davon aus, dass sich Transgene aus importiertem gentechnisch veränderten US-Mais in mexikanischen Maissorten ausgebreitet haben. Da zum heutigen Zeitpunkt nicht abzusehen ist, ob dadurch die Biodiversität von einheimischen Maissorten bedroht wird, empfehlen die Autoren, Mais aus USA nur noch in gemahlener Form einzuführen sowie auf Freisetzungsversuche und den Anbau von gv-Mais in Mexiko vorerst zu verzichten.

Auf Umwegen an die Öffentlichkeit

Der NAFTA-Report Mais und Biodiversität: Effekte von gentechnisch verändertem Mais in Mexikosollte bereits im Juni veröffentlicht werden. Gründe für die Verzögerung wurden offiziell bisher nicht bekannt. Allerdings vermutet die Umweltorganisation Greenpeace, dass die US-Regierung versuche, eine Veröffentlichung der Reports und seiner Empfehlungen zu verzögern.

Seit Mitte September wird der NAFTA-Report von den Regierungen in Mexiko, Kanada und den USA geprüft. Diese haben 60 Tage Zeit zu entscheiden, ob er überhaupt veröffentlicht wird. US- und kanadische Regierungsvertreter haben die wissenschaftliche Qualität des Reports angezweifelt. Der Sprecher der amerikanischen Umweltbehörde EPA, Richard Hood, sagte, man wolle sicherstellen, dass alle Empfehlungen des Reports auch wissenschaftlich belegbar sind.

Gefahr für die biologische Vielfalt?

Mexiko gilt als das Ursprungsgebiet des Kulturmais. In diesem Land gibt es unzählige Landsorten mit einer großen genetischen Vielfalt. Seit im November 2001 im Wissenschaftsmagazin Nature erstmals über die Ausbreitung von Fremdgenen aus GVO-Mais in mexikanischen Maissorten berichtet wurde, wird über das Ausmaß und die Konsequenzen gestritten. Die einen halten die Auskreuzung der Transgene für eine ernste Bedrohung der genetischen Vielfalt der mexikanischen Maissorten, für andere ist die Ausbreitung und Vermischungen von Kultur- und Landsorten nichts Ungewöhnliches. Ob sich Gene aus konventionellen Hochleistungs- oder transgenen Sorten in Landsorten dauerhaft etablieren und dadurch die Biodiversität verringern, hinge vor allem davon ab, ob sie den Nachkommen einen Selektionsvorteil verleihen. Selbst wenn sich Transgene im Genpool der mexikanischen Maissorten etablierten, sei das nicht gleichbedeutend mit der Gefährdung der Biodiversität.

Kommission: Transgene haben sich ausgebreitet

Die 15-köpfige CEC-Kommission hatte die Aufgabe, die biologischen und sozioökonomischen Auswirkungen einer möglichen Transgen-Ausbreitung in Mexiko abzuschätzen. Um Öffentlichkeit und Fachleute aus der Region in den Evaluierungsprozess einzubinden, veranstaltete die Kommission im März diesen Jahres in Oaxaca, dem Zentrum des Maisanbaus in Mexiko, ein Symposium Mais und Biodiversität.

Dort legte die mexikanische Regierung erste offizielle Zahlen über das Ausmaß der Transgenverbreitung vor. Bei Tests im Jahr 2001 in 188 Kommunen der Region um Oaxaca enthielten 7,6 Prozent der untersuchten Maispflanzen Fremdgene aus gv-Mais. Bei anschließenden Untersuchungen sank der Wert auf 0,11 Prozent. Für 2003 und 2004 liegen bislang noch keine Daten vor.

Vorsorglich ohne gv-Mais

Auch der von der CEC-Kommission erstellte Report an die NAFTA kann die Frage, ob die Transgenverbreitung die genetische Vielfalt des mexikanischen Mais gefährden könne, nicht eindeutig beantworten. Man wisse nicht genau, wie weit die Ausbreitung der Transgene bereits fortgeschritten sei und wie effektiv sie auf die nächste Pflanzengeneration weitergegeben werden. Unklar sei auch, wie gut sich die US-Maissorten unter den klimatischen Bedingungen in Mexiko fortpflanzen können.

Dennoch empfiehlt der Report, nur noch gemahlene und damit nicht mehr vermehrungsfähige Maiskörner aus den USA nach Mexiko zu importieren. Auch sollte Mexiko keinen kommerziellen Anbau und keine Versuchsfreisetzungen mit gv-Mais zulassen. Der Vorsitzende der CEC-Kommission, Jose Sarukhan, erklärte, Mexiko solle im Umgang mit gv-Mais auf das Vorsorgeprinzip setzten.

Jährlich werden aus den USA sechs Millionen Tonnen Mais nach Mexiko exportiert und dort überwiegend als Viehfutter verwendet wird. 45 Prozent der US-Maiserzeugung entfällt auf gv-Sorten. Zwar ist in Mexiko der Anbau von gv-Mais verboten, doch viele Kleinbauern verwenden die importierten Maiskörner als Saatgut für den eigenen Anbau - die wahrscheinlich wichtigste Ursache für die Verbreitung von Transgenen in Mexiko.