Verbote von Gentechnik-Pflanzen nur bei „offensichtlicher Gefahr“ zulässig

EuGH: Nationales Anbauverbot von MON810-Mais in Frankreich ohne gültige Rechtsgrundlage

Das Anbauverbot für gentechnisch veränderten Bt-Mais MON 810 in Frankreich muss neu begründet werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 8. September, dass die französische Regierung verpflichtet gewesen wäre, sich mit der EU-Kommission abzustimmen. Die Richter betonten außerdem, dass ein Anbauverbot nur ausgesprochen werden darf, wenn „offensichtlich die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt gefährdet“ sind. Für die Überprüfung nationaler Anbauverbote sind aber die nationalen Gerichte zuständig.

EuGH Sitzungssaal

Der europäische Gerichtshof setzt mit seinem Urteil vom 8. September enge Grenzen für nationale Anbauverbote. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet zu begründen, dass eine Situation vorliegt, „in der ein erhebliches Risiko betehen kann, das offensichtlich die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt gefährdet“.
Foto: Gerichtshof der Europäischen Union

2008 verbot die französische Regierung den Anbau der Maissorte MON810. Sie berief sich dabei auf die in der Freisetzungsrichtlinie 2001/18 vorgesehene Schutzklausel, nach der die EU-Mitgliedsstaaten selbstständig den Anbau eines GVO verbieten dürfen, wenn neue Erkenntnisse über eine mögliche Gefährdung von Mensch und Umwelt vorliegen.

Monsanto und mehrere andere Saatgut- unternehmen klagten dagegen vor dem obersten französischen Verwaltungsgericht, das den Fall zur Klärung der Rechtsvorschriften an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwies.

Der EuGH wies in seinem Urteil darauf hin, dass der gentechnisch veränderte Mais MON810 in den Geltungsbereich der Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel 1829/2003 fällt. Die Verordnung schreibt vor, dass bei neuen Erkenntnissen über mögliche Risiken von GVO schnellstmöglich die EU-Kommission informiert werden muss und dass letztendlich die Kommission und der Rat für die Risikobewertung und das Risikomanagement bei einem ernsten und offensichtlichen Risiko zuständig sind. Deren Entscheidung sei bindend für alle Mitgliedsstaaten. Nur wenn die EU-Kommission untätig bleibt, hat ein einzelner Mitgliedsstaat das Recht, ein Anbauverbot auszusprechen.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass ein Anbauverbot nur zulässig ist, wenn „ein erhebliches Risiko bestehen kann, dass offensichtlich die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt gefährdet“. Derartige Maßnahmen könnten „nur getroffen werden, wenn sie auf eine möglichst umfassende Risikobewertung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des konkreten Falle gestützt sind, die erkennen lassen, dass diese Maßnahmen geboten sind.“

Die Umweltministerin Frankreichs kündigte an, an dem Verbot festhalten zu wollen und erneut eine Schutzklausel zu beantragen. Der EuGH äußert sich nicht dazu, ob andere nationale Anbauverbote für MON810, etwa in Deutschland, rechtmäßig sind. Die nationalen Gerichte, so die Luxemburger Richter, müssten jeweils klären, ob ein Widerspruch mit den vom EuGH vorgegebenen Voraussetzungen vorliegt. Das Anbauverbot in Frankreich sei jedenfalls auf einer Rechtsgrundlage getroffen worden, die eine solche Maßnahme nicht zulässt.

Ein Sprecher des Bundesverbraucherministeriums sagte, auf das deutsche MON810-Verbot habe das Urteil keinen Einfluss. Allerdings dürfte durch die engen Grenzen, die der EuGH nun für nationale Anbauverbote gesteckt hat, auch das deutsche Anbauverbot in Frage stehen.