SiFo-Projekt: Untersuchungen zur frühzeitigen Entdeckung einer Resistenzentwicklung des Maiszünslers und zur Aufklärung der Resistenzmechanismen

Resistente Maiszünsler gesucht

Juni 2003. In einem abgeschatteten Gewächshaus stehen Hunderte kleiner Plastikbecher in Reih und Glied. In jedem findet gerade die Verwandlung einer Raupe zu einem Schmetterling statt. Es sind Maiszünsler, die im Spätsommer des letzten Jahres in einem Bt-Maisfeld im Oderbruch gesammelt wurden. Eine Arbeitsgruppe des Instituts für Biologischen Pflanzenschutz der BBA (Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft) in Darmstadt interessiert sich dafür, ob sich Bt-resistente Tiere darunter befinden.

Renate Kaiser-Alexnat

Projektleiterin Renate Kaiser-Alexnat kontrolliert den Schlupf der Falter aus den gesammelten Larven des vergangenen Jahres.

Die Maiszünslerlarven haben sich verpuppt

Die Larven haben sich verpuppt…

…und verwandeln sich in wenigen Tagen in Falter

Pflanzenschädlinge sind anpassungsfähig. In aller Regel sind sie in der Lage Resistenzen zu entwickeln, egal ob gegen Insektizide oder Stoffe, die die Pflanze selbst zu ihrem Schutz produziert, wie beim Bt-Mais.
Die Befürchtung: Beim großflächigen Anbau von Bt-Mais könnten sich resistente Maiszünsler schnell vermehren, da sie einen Überlebens- vorteil haben. Deshalb ist in den USA ein Resistenzmanagement vorgeschrieben: Auf einem Anteil von 20 -50 Prozent der Fläche muss Mais ohne Bt-Toxin angebaut werden. Hier haben nicht-resistente Zünsler ein Refugium zum Überleben. Wenn diese sich dann mit Bt-resistenten Zünslern paaren, sind die Nachkommen nicht-resistent. (siehe Grafik weiter unten)

Kontrollierte Paarung. Immer zwei Falter - ein Männchen und ein Weibchen werden zur Paarung in Glaszylinder gesetzt.

Die Paarungszylinder hinter einem Gazevorhang

Eigelege. Ein Weibchen hat am Deckel des Glasbehälters ihre Eier abgelegt

Ein Weibchen mit Eigelege

Die erste Laborgeneration: Ein resistenter Falter (rot) paart sich mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem nicht-resistenten Falter. Alle daraus entstehenden Raupen haben nur ein Resistenzgen (symbolisiert durch einen rotes Rechteck) und sind nicht Bt-resistent.

Erst in der zweiten Generation besteht wieder die Möglichkeit, dass sich nicht-resistente Tiere mit einem Resistenzgen paaren und dabei auch resistente Nachkommen (rote Raupe) mit zwei Resistenzgenen entstehen

frisch geschlüpfte Maiszünslerlarven

Frisch geschlüpfte Zünslerlarven
Aufnahme: Dr. R. Kaiser-Alexnat, BBA, Darmstadt

Biotest. Jede einzelne Larve wird in eine Vertiefung der Testplatte gesetzt auf eine mit Bt-Toxin oberflächlich behandelte Nährstoffsubstanz. Nur resistente Larven können hier überleben.

Biotest-Platte: In jede Vertiefung wird mit dem Pinsel eine junge Larve gesetzt.

Mitwirkende des Projektes in Darmstadt
Aufnahme: R. Kaiser-Alexnat

Eigentlich können die Zünsler das im Bt-Mais produzierte Bt-Toxin nicht vertragen und sterben ab, wenn sie von der Pflanze fressen. Doch einige wenige Tiere überleben trotzdem. Sie könnten Träger einer Resistenz gegen diese Substanz sein. Sollte in Zukunft Bt-Mais in größerem Umfang angebaut werden, sterben viele der empfindlichen Schadinsekten, aber einige wenige Tiere könnten auch resistent sein und sich über kurz oder lang stark vermehren. Die Folge wäre ein immer größer werdendes Heer von widerstandsfähigen Maiszünslern, bei denen der eingebaute Insektenschutz des Bt-Mais nahezu wirkungslos wäre. Daher soll das Projekt der BBA frühzeitig das Auftreten von resistenten Maiszünslern registrieren, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. In den USA beispielsweise gibt es spezielle Anbauvorschriften, die der Entstehung von resistenten Zünslerpopulationen entgegen wirken sollen.

„Das böse Erwachen“

Eigentlich müsste die Suche nach resistenten Maiszünslern doch ganz einfach sein. Man geht in das Bt-Maisfeld und sucht nach lebenden Maiszünslern. Die leben noch, weil sie gegen das Bt-Toxin resistent sind. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Bt-Maispflanzen im Feld enthalten nicht alle gleich viel Bt-Toxin. Je nach Alter der Pflanze und Gesundheitszustand kann der Bt-Toxingehalt bei einzelnen Pflanzen sehr niedrig sein. Außerdem sind in einem Bt-Maisfeld nicht alle Pflanzen wirklich Bt-Mais. Das Saatgut vom Pflanzenzüchter enthält produktionsbedingt noch bis zu zwei Prozent Nicht-Bt-Maissamen. Eine überlebende Larve muss also nicht in jedem Fall resistent sein. Entsprechend waren die Ergebnisse im vergangenen Jahr: 2002 wurden 144 lebende Larven untersucht, die im Jahr zuvor auf Bt-Maispflanzen eingesammelt worden waren. Keine davon war wirklich Bt-resistent.

Langwieriger Prozess: Erst die übernächste Generation wird im Labor getestet

„Dieses Jahr entwickeln sich die Tiere besonders prächtig“. Projektleiterin Renate Kaiser-Alexnat freut sich über die große Kollektion von Maiszünslerlarven, die aufgrund der günstigen Witterung fast alle den Winter überlebt haben. Die im Feld gesammelten älteren Raupen können allerdings nicht mehr auf Resistenz getestet werden, da sie kaum noch Nahrung aufnehmen. Daher werden deren Nachkommen im Labor getestet. Die etwa 600 Raupen, die letztes Jahr gesammelt wurden und am Institut überwintert haben, verwandeln sich nun fast alle gleichzeitig zu Schmetterlingen und das bedeutet viel Arbeit in kurzer Zeit. Denn auf der Suche nach resistenten Tieren muss der weitere Lebensweg der Zünsler und der der nachfolgenden Generationen im Labor in geordnete Bahnen gelenkt werden.

Kontrollierte Vermählung

Ein Raum voller Glaszylinder - immer zwei Falter, ein Männchen und ein Weibchen, werden in den Zylinder zusammengesetzt und sollen für Nachwuchs sorgen. Ein Gazevorhang verhindert, dass entwischte Falter sich dem Experiment entziehen können. Kurz nach der Paarung legt das Weibchen Eier am Deckel der Glasröhren ab, die dann in spezielle Brutschränke gebracht werden. Die jungen Larven, die aus diesen Eiern schlüpfen, könnte man schon auf Resistenz gegen das Bt-Toxin testen.

Seltene Resistenzgene

Doch die Wissenschaftler gehen davon aus, das eine Bt-Resistenz bei den Zünslern höchstwahrscheinlich durch so genannte rezessive Gene vererbt wird. Die von diesen Genen vererbte Eigenschaft kommt nur dann zum Tragen, wenn gleichzeitig zwei dieser Gene in einem Tier vorhanden sind. Da sich aber in den Glaszylindern statistisch gesehen mit hoher Wahrscheinlichkeit die sehr seltenen resistenten Falter mit nicht-resistenten Faltern fortpflanzen, rechnet man in der nächsten Generation nicht mit reinerbigen resistenten Tieren. Denn durch die Kreuzung haben die Tiere höchstens ein Resistenzgen. Erst wenn sich wiederum diese Nachkommen miteinander paaren, können einige resistente Tiere mit zwei Resistenzgenen entstehen.

Das aber bedeutet einen Riesenaufwand: Sollen 100 Paare der ersten Generation auf das Vorhandensein eines Resistenzgens untersucht werden, müssen 10.000 Larven der übernächsten Generation den so genannten Biotest über sich ergehen lassen, mit dem resistente Tiere aufgespürt werden. Auf jeden Fall kann das noch dieses Jahr überprüft werden, denn im Abstand von nur wenigen Wochen folgt eine Zünslergeneration auf die andere. Im August werden schon die Larven der zweiten Nachfolgegeneration geschlüpft sein, die untersucht werden sollen.

Stunde der Wahrheit: Der Biotest

Jede einzelne der etwa 10.000 winzigen Larven wird dann mit einem feinen Pinsel in Vertiefungen von Test-Platten gesetzt und der Fluchtweg durch eine Kunststofffolie versperrt. Das erfordert viel Geduld und jeder Luftzug kann die winzigen Tiere wegwehen. Ist man nicht schnell genug, können sich die kleinen Tiere mit Hilfe eines Spinnfadens vom Pinsel abseilen und flüchten. In jeder Vertiefung der Testplatte ist eine mit Bt-Toxin oberflächlich behandelte Nährstoffsubstanz. Nur resistente Larven können hier die nächsten Tage überleben und werden ausgezählt. Wie bereits erwähnt: In den letzten beiden Jahren starben alle Tiere, keines war resistent.

In diesem Jahr will man daher etwas anders vorgehen, um die Erfolgschancen – resistente Zünsler zu finden- zu erhöhen. Es werden bevorzugt die Tiere untersucht, die auf Maispflanzen mit einem besonders hohen Bt-Toxin-Gehalt gefunden wurden. Insgesamt stehen fast 600 Raupen vom Vorjahr zur Untersuchung bereit, also fast sechsmal so viel wie letztes Jahr. Am Institut ist man sich einig: „Wir werden uns mit Sicherheit nicht langweilen“.