Debatte: Zukunft der Sicherheitsforschung

Neue Pflanzen, neue Fragen?

Angesichts von wachsender Weltbevölkerung, Klimawandel und knapper werdenden Ressourcen stehen die Landwirtschaft und auch die Pflanzenzüchtung vor neuen Herausforderungen. So sollen Pflanzen gezüchtet werden, die unter ungünstigen Bedingungen wachsen können oder neue Inhaltsstoffe produzieren. Auch gentechnische Methoden werden dabei eine Rolle spielen. Welche neuen Forschungsthemen werden durch die aktuellen Entwicklungen aufgeworfen? bioSicherheit sprach mit vier Experten.

2050 muss eine Weltbevölkerung von etwa neun Milliarden Menschen ernährt werden - ein Zuwachs von rund fünfzig Prozent gegenüber 2010. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche lässt sich aber nicht in gleichem Maße steigern, und Frischwasser wird knapper. Gleichzeitig muss die Landwirtschaft sich zunehmend auf Wetterextreme wie Dürreperioden einstellen. Zudem gehen die Vorkommen an Öl, Phosphor und Kali zur Neige und damit die Ausgangsstoffe für synthetische Dünger.

Damit die globale Landwirtschaft die Bedürfnisse einer wachsenden Weltbevölkerung decken kann und dabei möglichst wenige Ressourcen verbraucht, muss auch die Pflanzenzüchtung ihren Beitrag leisten. Es ist breiter Konsens, dass man in Zukunft Pflanzen benötigt, die gegen Schädlinge und Krankheiten resistent sind und die mit Hitze, Kälte, Dürre oder versalzten Böden zurechtkommen. Es werden aber auch Pflanzen gebraucht, die das zur Neige gehende Öl ersetzen, indem sie Biomasse zur Energiegewinnung oder nachwachsende Rohstoffe produzieren. Hier gibt es jedoch Vorbehalte: Energie- und Rohstoffpflanzen dürfen nicht auf Flächen wachsen, die für Nahrungspflanzen benötigt werden. Umstritten ist schließlich die Frage, inwiefern auch Pflanzen gezüchtet werden sollen, die mit bestimmten Nährstoffen angereichert sind, um Mangelerkrankungen vorzubeugen.

Pflanzen allen genannten Eigenschaften gibt es bereits heute, sowohl konventionell gezüchtete als auch gentechnisch veränderte. Auch in Zukunft wird man versuchen, einen Teil der Züchtungsziele mit Hilfe der Gentechnik zu erreichen.

Welche neuen Forschungsthemen werden durch die genannten Züchtungsziele aufgeworfen? Gibt es neue Sicherheitsfragen für gentechnisch veränderte Pflanzen und eventuell auch für konventionell gezüchtete? Welche sozioökonomischen Fragen müssen geklärt werden? Und wie kommt man zu einer rationalen Auseinandersetzung über Nutzen und Risiken? Über diese Fragen sprach bioSicherheit mit vier Experten.

Prof. Dr. Urs Niggli ist Agrarwissenschaftler und arbeitete bis Ende der 1980er Jahre zum Thema Unkrautbekämpfung. Seit 1990 ist er Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau in Frick (Schweiz). Er gehört unter anderem der DFG-Senatskommission für Stoffe und Ressourcen in der Landwirtschaft und dem Wissenschaftlichen Beirat des Johann Heinrich von Thünen-Institutes an.

Prof. Dr. Inge Broer ist Biologin und leitet die Arbeitsgruppe Agrobiotechnologie an der Universität Rostock. Sie hat verschiedene gentechnisch veränderte Pflanzen entwickelt, beispielsweise eine Kartoffel, die einen biologisch abbaubaren Kunststoff produziert, und hat in den letzten zehn Jahren Sicherheitsforschung an gentechnisch veränderten Pflanzen durchgeführt. 2010 veröffentlichte sie ein Thesenpapier zur Zukunft der biologischen Sicherheitsforschung.

Prof. Dr. Bernd Müller-Röber ist Biologe und leitet zwei Arbeitsgruppen an der Universität Potsdam und am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören die Pflanzengenomforschung sowie Wachstumsprozesse und Genregulation bei Pflanzen. Unter anderem ist er stellvertretender Vorsitzender des BioÖkonomieRates und Sprecher des Arbeitskreises Gentechnik der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Prof. Dr. Daniel Barben ist Politikwissenschaftler. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die gesellschaftliche Akzeptanz von technologischer Innovation. In den neunziger Jahren forschte er am Wissenschaftszentrum Berlin zur Akzeptanz der Grünen Gentechnik. Nach einem mehrjährigen Forschungsaufenthalt in den USA, wo er sich vor allem mit der Nanotechnologie beschäftigte, wurde er 2010 auf die VDI-Stiftungsprofessur für Zukunftsforschung an der RWTH Aachen berufen.