Insektenresistenter Mais: Bt-Toxin im Boden

Nach der Ernte ist das Bt-Toxin nicht einfach verschwunden

Bt-Toxin, ein in gentechnisch veränderten Pflanzen vorhandener Wirkstoff, der vor Schädlingen schützt, könnte sich im Boden anreichern. Darauf deuten die Ergebnisse eines Forschungsprojektes an der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig hin. Erstmals wurde unter Feldbedingungen untersucht, was mit dem Bt-Toxin aus den Pflanzen im Boden passiert. Dazu haben Christoph Tebbe und seine Arbeitsgruppe ein neues, extrem empfindliches Messverfahren entwickelt. Hinweise auf negative Auswirkungen auf das Boden-Ökosystem fanden sich bislang nicht.

Christoph Tebbe

PD Dr. Christoph Tebbe und Dr. Susanne Baumgarte entwickelten ein neues Verfahren, um Bt-Gehalte im Boden messen zu können.

Maiswurzeln
Maispflanzenreste

Pflanzenreste. Im Frühjahr liegen zwischen den jungen Maispflanzen verrottete Reste aus dem Vorjahr. In ihnen ist das Bt-Toxin noch vorhanden.

Versuchsstandorte : Zwei Anbauflächen mit Bt-Mais, eine in Nordrhein-Westfalen und eine in Sachsen- Anhalt, auf denen alle Feldversuche des Mais- Verbundes durchgeführt wurden.

Anordnung: Jeweils mehrere, nach einem bestimmten Schema angeordnete Parzellen. Auf ihnen wurde Bt-Mais, die isogene Vergleichslinie mit und ohne Insektizidbehandlung angebaut.

Bt-Mais: In diesem Versuch wurde eine Bt-Maissorte (MON 810) ausgewertet, bei der das Bt-Toxin auch in den Wurzeln gebildet wird. Das Bt-Toxin wird noch in weiteren transgenen Pflanzen zum Schutz gegen Schädlinge eingesetzt, etwa bei Baumwolle oder Soja.

Probenahme: Über zwei Jahre wurden an zwei Standorten aus jeder der Parzellen mit Bt-Mais mehrere Bodenproben genommen. Die Proben jeweils eine Parzelle wurden vermischt und auf den Gehalt an Bt-Toxin untersucht. In jeder Wachstumsperiode wurde diese Prozedur vier Mal durchgeführt, jeweils an genau definierten Punkten der Mais-Entwicklung. Zudem wurde unterschieden zwischen „freiem Boden“ und unmittelbar an den Maiswurzeln haftenden Boden (Rhizosphäre) unterschieden.

Werden gentechnisch veränderte Pflanzen mit Bt-vermittelten Schädlingsresistenzen angebaut, ist das Bt-Toxin auch im Boden vorhanden. Das Wirk-Protein, dessen Gen aus Bodenbakterien isoliert wurde und die Darmwände von Schädlingen zerstört, gelangt über verrottende Pflanzenreste und wahrscheinlich auch durch Ausscheidungen der Wurzeln in den Boden. Doch wie schnell wird es im Boden abgebaut? Könnte es sein, dass sich Bt-Toxin dort anreichert, wenn über mehrere Jahre auf einem Feld Bt-Pflanzen angebaut werden? Das waren Fragen, für die sich Christoph Tebbe und seine Gruppe vom Institut für Agrarökologie der FAL interessierten.

Zwar wurde bereits unter Laborbedingungen von Guenther Stotzky und Mitarbeitern an der New York University gezeigt, dass Bt-Toxin im Boden relativ stabil sein kann, jedoch fanden diese Untersuchungen mit vergleichsweise unrealistisch hohen Konzentrationen statt. Die FAL-Gruppe konnte jetzt das Bt-Toxin unter realitätsnahen Anbaubedingungen im Boden selbst nachweisen. Dazu wurde ein kommerziell erhältliches Nachweisverfahren

(ELISA) weiterentwickelt. Die Empfindlichkeit konnte um etwa das 1000-fache gesteigert werden. Das reichte aus, um beim Freilandanbau von Bt-Mais die Bt-Mengen quantitativ zu bestimmen.

Analytisch messbar waren, so vermuten die Wissenschaftler der FAL, etwa 60 Prozent des im Boden vorhandenen Bt-Toxins. Der Rest wird an Tonmineralien oder organische Substanzen gebunden, wie die Stotzky- Untersuchungen vermuten lassen. Es könnte aber auch gebunden seine insektizide Wirkung behalten, wenn es von Bodenorganismen aufgenommen wird (Resorption).

Ergebnisse: Mehr Bt-Toxin im zweiten Jahr

Für ihre Analysen standen Christoph Tebbe zwei Flächen mit Bt-Mais in der Nähe von Bonn und Halle zur Verfügung, die von mehreren Projekten der Biologischen Sicherheitsforschung genutzt wurden. Im Jahr 2002 konnten die auf mehreren Parzellen genommenen Bodenproben erstmals systematisch mit dem neuen Verfahren auf ihre Bt-Konzentrationen analysiert werden. Im folgenden Jahr wurde auf denselben Parzellen erneut Bt-Mais angebaut.

  • Im zweiten Anbaujahr lagen alle Bt-Toxin-Werte deutlich über denen von 2002 - an beiden Standorten, auf fast allen Parzellen und über die gesamte Wachstumsperiode.
  • Untersucht wurden bisher vor allem Bodenproben aus dem Wurzelraum (Rhizosphäre) der Maispflanzen. Hier ist der Boden mit Feinwurzeln durchmischt und erwartungsgemäß liegt der Bt-Gehalt deutlich höher als im freien Boden. Die systematische Auswertung der aus den Versuchsparzellen entnommenen Proben ist noch nicht abgeschlossen.
  • Untersucht wurden auch die verrotteten Pflanzenreste aus dem Vorjahr, die auf den Feldern liegen geblieben waren. Auch hier waren die Bt-Werte „erstaunlich hoch“ (Chr. Tebbe), nahmen aber bis zum Sommer deutlich ab.

Die Bt-Werte in den Pflanzenresten des Vorjahres lagen etwa um das Tausendfache über denen im Boden. Dennoch sind es gerade die Messergebnisse der im April entnommenen Proben aus dem freien Boden, die für Susanne Baumgarte, Mitarbeiterin der FAL-Gruppe, bemerkenswert sind. „Sie sind recht hoch. Das zeigt, dass das Bt-Toxin zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig abgebaut ist.“

Bisher keine ökologisch schädliche Wirkung

Auch wenn die Bt-Werte von einem Jahr zum nächsten ansteigen, sind sie offenbar zu gering, um das Bodenleben beeinträchtigen zu können. „Die Wirkung auf die Vielfalt der Mikroorganismen ist eher niedrig anzusetzen,“ sagt Christoph Tebbe. „Das wissen wir aus unseren Untersuchungen der Rhizosphären.“ Interessanter ist, wie sich die hohen Bt-Toxin- Konzentrationen in den Pflanzenresten auswirken. „Von ihnen leben viele Kleinstarthropoden und Würmer, die dazu beitragen, die Reste zu mineralisieren. Das betrifft ganze terrestrische Nahrungsketten.“ Eine Arbeitgruppe um Wolfgang Büchs von der Biologischen Bundesanstalt (BBA) Braunschweig untersucht etwa Trauermückenlarven, die auf verrottendem Pflanzenmaterial leben.

Anreicherung - auch über mehrere Jahre?

Entscheidend aber ist, ob sich das Bt-Toxin im Boden allmählich anreichert, wenn Bt-Mais über mehrere Jahre angebaut wird. Denkbar ist aber auch, dass sich das Bt-Toxin allmählich abbaut und auf einem mittleren Niveau einpendelt.

Doch die Flächen, auf der die FAL-Gruppe ihre Bodenproben entnommen hat, werden im nächsten Jahr nicht mehr mit Bt-Mais bestellt. Der Versuch läuft aus - und es bleibt offen, ob die Bt-Werte auch 2004 weiter angestiegen wären. „Wir sehen eine Trend,“ sagt Christoph Tebbe, „aber nach nur zwei Untersuchungsjahren können wir nicht abschließend beurteilen, wie sich Bt-Toxin-Gehalte in Feldern mit Bt-Mais verändern.“ Ebenso ist es zur Zeit nicht klar, welchen Einfluss ein Fruchtwechsel oder Bodenbearbeitungen auf die Überdauerung des Bt-Toxins im Boden haben. Weitere experimentelle Untersuchungen in den kommenden Jahren können jedoch diesen Sachverhalt aufklären, denn das empfindliche Nachweissystem steht jetzt zur Verfügung.