14.11.2002
Forschung Projekte
Ökologische Untersuchungen zu möglichen Umweltrisiken gentechnisch veränderter virusresistenter Zuckerrüben (Themenschwerpunkt: Analyse des Genflusses zwischen Kultur-, Wild- und Unkrautrüben)
(1992 – 2000) RWTH Aachen; Lehrstuhl für Biologie V
Thema
In drei aufeinander folgenden Projekten wurde untersucht, ob sich gentechnisch veränderte Zuckerrüben mit einer Resistenz gegen die von Viren ausgelöste Rizomania-(Krankheit) in der Umwelt anders verhalten als konventionelle Rüben.
Dabei ging es um drei Themenschwerpunkte.
Themenschwerpunkt (3): Analyse des Genflusses zwischen Kultur-, Wild- und Unkrautrüben
Sollte es zu einem Anbau gentechnisch veränderter Zuckerrüben kommen, ist ein Genaustausch zwischen ihnen und den kreuzbaren Verwandten zu erwarten.
Um die Folgen eines solchen vertikalen Gentransfers zwischen Kultur- und Wildrübenpopulationen besser abschätzen zu können, wurde der unter natürlichen Bedingungen stattfindende Genfluss zwischen Wild-, Kultur- und Unkrautrüben näher untersucht.
- Zum einen sollte die Biodiversität von natürlichen Wildrübenpopulationen in der Nähe von Saatgutproduktionsgebieten erfasst werden.
- Zum anderen sollte eine künstliche Wildrübenpopulation in einem Saatgutproduktionsgebiet angesiedelt werden, damit dort später Versuche zur Einbürgerung und Ausbreitung mit transgenen Pflanzen durchgeführt werden können.
Anders als beim landwirtschaftlichen Anbau werden bei der Saatguterzeugung Zuckerrüben zum Blühen gebracht.
Weitere Themenschwerpunkte:
Zusammenfassung
- Es muss mit einem Genaustausch zwischen transgenen Zuckerrüben und kreuzbaren Verwandten gerechnet werden. Untersuchungen in Norditalien zeigten eine sehr hohe genetische Vielfalt in Wildrübenpopulationen.
- Eine abschließende Beurteilung für die ökologischen Auswirkungen eines Genflusses der transgenen Eigenschaften in Wildrübenhabitaten kann anhand dieser Daten nicht getroffen werden.
- Ein Genfluss von Kultur- auf Wildrüben muss nicht notwendigerweise zu einer Verringerung der genetischen Diversität führen.
Versuchsbeschreibung
Um den Genfluss innerhalb der Art Beta vulgaris näher zu untersuchen, wurden verschiedene Wild-, Unkraut und Kulturrübenpopulationen in Europa untersucht.
Über genetische Analysen können Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Pflanzen bzw. Populationen bestimmt werden. Darüber sind Rückschlüsse auf den Genfluss möglich.
Schematische Übersicht über den Genfluss zwischen Wild-, Unkraut- und Kulturformen der Zuckerrübe. (nach Bartsch/Schuphan)
Ergebnisse
Genfluss zwischen Wild- und Kulturrüben
Um den Genfluss zwischen Kultur- und Wildrübenpopulationen nachvollziehen zu können, wurden Verwandtschaftsbeziehungen einzelner Pflanzen untersucht. Dieses ist mit speziellen Nachweisverfahren (PCR, Isoenzym-Analyse u.a.) möglich.
Schwerpunkt für die Wildrüben bildeten neue Funde an der deutschen Ostseeküste sowie an der italienischen Adriaküste. Untersucht wurden 26 Kulturrübenfunde, 20 Wildrübenfunde aus Saatgutproduktionsgebieten und 19 Wildrübenfunde aus von Saatguterzeugung unbeeinflussten Gegenden Europas.
- Die Wildrübenpopulationen an der Ostseeküste nehmen sowohl hinsichtlich Verbreitung als auch Größe zu. Es konnte gezeigt werden, dass die deutschen Wildrüben von dänischen Wildpopulationen abstammen.
- Die Diversität innerhalb einer Population war bei den italienischen Wildpopulationen sehr hoch. Die Population aus Helgoland war viel homogener. Die Kulturlinien waren wie erwartet sehr homogen.
- Es konnte ein Zuckerrüben-spezifisches Gen gefunden werden, mit dem ein Gentransfer von Kultur- auf Wildrüben zu identifizieren ist. Ein weiteres Gen kommt wesentlich mehr in Mangold/Rote Beete als in Zuckerrüben vor. Beide Gene sind selten in Wildrübenpopulationen, die fern von Saatgutproduktionsgebieten wachsen, aber sie sind häufig in Wildpopulationen aus Regionen mit Saatgutproduktion. Diese Befunde lassen den Schluss zu, dass Genfluss stattfindet, wenn Kultur- und Wildrüben nahe zusammen wachsen.
- Interessanterweise ist die genetische Vielfalt der Wildpopulation in Nähe von Kulturrüben höher im Vergleich zu isolierten Populationen.
Untersuchung von Schossern
Es wurden Rübenschosser von Flächen im Po-Delta (Italien) und im Rheinland als typische Zuckerrübenanbaugebiete Europas untersucht. Die in Zuckerrübenanbaugebieten Europas gefundenen Rübenschosser sind Unkrautrüben mit einjährigem Lebenszyklus. Es ist von einer flächendeckenden „Durchseuchung“ mit diesen unerwünschten Formen der Beta-Rübe auszugehen.
Es wurde gezeigt, dass die Unkrautrüben näher mit den Kulturrüben verwandt sind als mit den Wildrüben.
Die Einjährigkeit bzw. die Schosserneigung stammt zwar aus Wildrüben, ein stärkerer Genfluss findet jedoch innerhalb des Agrarökosystems zwischen Kultur- und Unkrautrüben statt. (vgl. Abb. oben)
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Thematische Verknüpfungen
Themen
Querschnittsthemen
Förderung
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Förderkennzeichen
0310532; 0310785; 0310785A
Projekt
Kontakt
Prof. Dr. Ingolf Schuphan
PD Dr. Detlef Bartsch
RWTH Aachen, Lehrstuhl für Biologie V (Ökologie, Ökotoxikologie, Ökochemie)
Worringer Weg 1
52056 Aachen
Veröffentlichungen
Dieser Datensatz bezieht sich auf Teile von drei aufeinander folgenden Projekten:
(1) Ökologische Untersuchungen zur Einschätzung der Umweltrisiken bei Freisetzung von transgenen Pflanzen - Konkurrenzverhalten, Überdauerungsfähigkeit, Verbreitung, Kreuzhybridisierung und Freiland-Monitoring (0310532)
(2) Ökologische Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen der Art Beta vulgaris (0310785)
(3) Einfluss gentechnisch erzeugter Virusresistenz auf das ökologische Verhalten von Kultur- / Wildrübenhybriden (0310785A)
- Zusammenfassender Projektbericht: Wissenschaftliche Begleitung von Freilandversuchen mit Rhizomania-resistenten Zuckerrüben in: Proceedings zum BMBF-Statusseminar, Braunschweig, 1999
Bartsch, D., Schuphan, I. (2002) Lessons we can learn from ecological biosafety research. Journal of Biotechnology 98, 71-77
Saeglitz, C. & Bartsch, D. (2002) Plant gene flow consequences. AgBiotechNet 4, ABN 084.
Bartsch, D. (2001) Umweltfolgewirkungen des großflächigen Anbaus transgener Pflanzen und deren Bewertung. In, Lemke, M., Winter, G. (eds.) Bewertung von Umweltwirkungen von gentechnisch veränderten Organismen im Zusammenhang mit naturschutzbezogenen Fragestellungen. Umweltbundesamt Berichte 3-01. Erich Schmidt Verlag Berlin, 145-163.
Forschungsprojekte
Virusresistente Zuckerrüben
- Ökologische Untersuchungen zur Einschätzung der Umweltrisiken von transgenen virusresistenten Zuckerrüben, RWTH Aachen, Biologie V Themenschwerpunkt (1): Umweltverhalten transgener Zuckerrüben
- Themenschwerpunkt (2): Umweltverhalten verschiedener Kreuzungshybriden von Kultur- und Wildrüben bzw. Mangold
- Themenschwerpunkt (3): Analyse des Genflusses zwischen Kultur-, Wild- und Unkrautrüben.
- Monitoring von transgenen Eigenschaften (Herbizid-, Virus-, Nematoden- und Pilzresistenz) in Unkraut- und Wildrüben, RWTH Aachen, Biologie V
- Untersuchungen zur Genexpression in transgenen Zuckerrüben/Mangold- Hybriden, BBA Braunschweig
- Erstellung eines Modells zu Gentransfer und Verwilderung bei transgenen Zuckerrüben, Uni Gießen
- Untersuchung des Einflusses von transgenen virusresistenten Zuckerrüben auf andere Viren, BBA Braunschweig, IfZ Göttingen
- Untersuchungen zum horizontalen Gentransfer von transgenen Zuckerrüben auf Bakterien, BBA Braunschweig Austritt von DNA aus transgenen Zuckerrüben und horizontaler Gentransfer im Boden, Uni Oldenburg