Bt-Pflanzen unter Verdacht

Das große Bienensterben: Die Suche nach den Ursachen

In den USA ist ein dramatisches Bienensterben zu beobachten. In manchen Regionen sind nahezu 90 Prozent der Population betroffen. Auch in Deutschland und in der Schweiz hat sich die Anzahl der Bienenvölker in den letzen 15 Jahren nahezu halbiert. Doch was sind die Ursachen? Mal werden Pflanzenschutzmittel verdächtigt, mal alte und neue Krankheitserreger und neuerdings die Strahlung der Mobilfunkmasten. Auch landwirtschaftliche Monokulturen oder eine zu geringe genetische Vielfalt innerhalb der Bienenpopulationen werden als Auslöser des Bienensterben genannt - und gentechnisch veränderte Pflanzen, vor allem Bt-Mais und Bt-Baumwolle, die in den USA großflächig angebaut werden.

Rätselhaftes Bienensterben. In den USA, aber auch in Europa verschwinden ganze Bienenvölker. Da man die Ursachen noch nicht kennt, wachsen die Spekulationen. Die Liste der Verdächtigen ist lang, darunter auch gentechnisch veränderte Pflanzen.

An der amerikanischen Westküste sind fast 60 Prozent der Bienenvölker kollabiert, an der Ostküste und in Texas sind es über 70 Prozent. Betroffen sind mehr als die Hälfte aller US-Bundesstaaten sowie ein Teil Kanadas. Größere Verluste von Bienenvölkern traten in bestimmten Jahren immer wieder auf, aber diesmal sind die Symptome anders: Es werden nicht einzelne tote Tiere gefunden, sondern die Bienen verlassen die Bienenstöcke und kehren nicht mehr zurück. „Colony Collapse Disorder“ (CCD) wird dieses Phänomen in den USA genannt. Mögliche Ursachen des Bienensterbens sind bisher nicht eindeutig identifiziert. Bekannte Bienenkrankheiten und Parasiten, wie beispielsweise die Varroa-Milbe, konnten als alleinige Auslöser ausgeschlossen werden. Offenkundig sind hingegen Anzeichen für ein geschwächtes Immunsystem der betroffenen Tiere. In den USA spricht man deswegen von „Bienen-Aids.“

Hohe Verluste registrieren die Imker auch in Deutschland, Österreich, Spanien, Polen und der Schweiz. Manfred Hederer, Präsident des Deutschen Berufs und Erwerbs Imkerbundes, gibt den Rückgang der Bienenvölker im Bundesgebiet mit 25 Prozent an, in bestimmten Regionen sogar bis zu 80 Prozent. Hederer spekuliert, dass „ein besonderes Gift, irgendein Wirkstoff, den wir nicht kennen“, die Bienen töte. In der Schweiz lagen die Verluste zwischen 2003 und 2006 bei jährlich etwa 25 Prozent.

Das Bienensterben bedeutet nicht nur für Imker wirtschaftliche Verluste. Diese Tiere sind notwenig für die Bestäubung von weltweit mehr als 90 verschiedenen Kulturfrüchten und Gemüsearten. Der ökonomische Wert der Bestäubungsarbeit von Honigbienen wird alleine in den USA auf jährlich 14,6 Milliarden Dollar geschätzt. Dazu kommt noch der ökologische Wert der Tiere, da auch viele Wildpflanzen auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen sind.

US-Arbeitsgruppe auf Spurensuche

Um den Ursachen auf den Grund zu gehen, wurde in den USA eine Arbeitsgruppe aus Wissenschaftlern und Behördenvertretern gegründet. Nach einer ersten Analyse der Situation untersucht die Arbeitsgruppe nun vor allem drei verschiedene Hypothesen für mögliche Ursachen des neuartigen Bienensterbens:

  • neue Pathogene (Krankheitserreger)
  • Chemikalien, etwa Pflanzenschutzmittel
  • eine Kombination verschiedener Faktoren, z.B. ein Befall von Varroa-Milben, Krankheiten und Ernährungsprobleme

Auch die Inzucht bei Bienen und die damit einhergehende genetische Verarmung könnte eine Erklärung für eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Parasiten sein. Einige Experten schlagen daher vor, sich intensiver um die Züchtung resistenter Stämme zu bemühen.

Bt-Mais unter Verdacht - aber kaum fundierte Belege

Umweltorganisationen verdächtigen auch gentechnisch veränderte Pflanzen als Ursache des rätselhaften Bienensterbens. So rief der Sierra Club, eine der ältesten Umweltorganisationen in den USA, in einem Brief den US-Senat dazu auf, den Zusammenhang zwischen Gentechnik und Bienensterben wissenschaftlich unter die Lupe nehmen. Verdächtigt werden vor allem insektenresistente Mais- und Baumwollpflanzen, die ein Toxin-Gen des Bodenbakteriums _Bacillus thuqringiensis_ (Bt) enthalten.

Verschiedene Expertengremien in USA und Europa haben sich mit dieser Bt-Hypothese beschäftigt und die verfügbaren wissenschaftlichen Untersuchungen gesichtet. Sie kamen zu dem Schluss, dass die vorliegenden Ergebnisse keine Belege für eine schädigende Wirkung von Bt-Pflanzen auf Bienen enthalten.

  • Der National Research Council weist zwar darauf hin, dass bei einzelnen Studien auch negative Effekte durch Bt-Pollen gefunden wurden, diese seien jedoch in allen Fällen sublethal, also ohne tödliche Folgen für die Bienen. Das Gremium betont, dass in keinem Fall eine Beeinträchtigung von Honigbienen-Populationen durch transgene Pflanzen gezeigt werden konnte. In einer Zusammenfassung des Mid-Atlantic Apiculture Research and Extension Consortium wird ebenfalls herausgestellt, dass nach vorliegender Datenlage das neuartige Bienensterben nicht durch die heute angebauten Bt-Pflanzen ausgelöst werde.
  • Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) befasste sich mit einer Studie, die die griechische Regierung als Beleg für mögliche negative Effekte von Bt-Mais auf Bienen anführte und damit ein Verbot des Bt-Maisanbaus in Griechenland zu begründen versuchte. In der 2005 veröffentlichten Arbeit wurde die beobachtete Verringerung der Nahrungsaufnahme von Bienen als Folge einer Fütterung mit Bt-Toxin dargestellt. Das EFSA-Expertengremium kritisierte jedoch technische Schwächen in der Versuchsdurchführung, so dass keine allgemeinen Aussagen möglich seien. Vor allem fehlten unabhängige Kontrollexperimente und der Versuch wurde ohne Wiederholungen nur mit einer Bienenkolonie durchgeführt. Die EFSA wies darauf hin, dass selbst die Autoren der Studie nicht ausschließen konnten, dass die reduzierte Nahrungsaufnahme der Tiere nur auf jahreszeitliche Effekte zurückgeführt werden könnte.
  • Ein Versuch der Universität Jena aus dem Jahr 2004 deutete darauf hin, dass mit Bt-Pollen gefütterte Bienen eine höhere Anfälligkeit gegenüber einem bestimmten Parasiten haben könnten. Der Versuch konnte aber bisher nicht wiederholt werden, um das Ergebnis zu bestätigen. Weitere Versuche dieser Forschergruppe zeigten aber auch, dass Bt-Mais-Pollen keine chronisch toxische Wirkung auf gesunde Honigbienenvölker hat. Eine Fütterung mit hohen Bt-Toxin-Mengen führte weder zu verkürzten Lebenszeiten, noch zu einer veränderten Futteraufnahme. Auch die Larvenentwicklung wurde nicht negativ beeinflusst. Dieses Ergebnis wird zusätzlich dadurch untermauert, dass frei lebende Honigbienen selbst in Regionen mit großen Maisflächen nur wenig Maispollen sammeln, wenn andere Pflanzen als Pollenquellen zur Verfügung stehen.

Es gibt eine Reihe weiterer Indizien, die einen Zusammenhang zwischen aktuellem Bienensterben und dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen als unwahrscheinlich erscheinen lassen. In den US-Bundesstaaten Illinois und Indiana, die zu den Hauptanbaugebieten von Bt-Mais in den USA gehören, ist das Bienensterben bisher nicht aufgetreten. Hingegen kommt es auch in solchen Regionen vor, in denen Maisanbau keine große Rolle spielt.

Auch in der Schweiz wird ein Bienensterben beobachtet, obwohl gentechnisch veränderte Pflanzen bisher nicht angebaut werden. Ein ähnliches Bild ergibt sich in Deutschland. Bt-Mais wird nur auf 0,06 Prozent der Maisanbaufläche kultiviert. Zudem steht dieser Mais fast ausschließlich in den ostdeutschen Bundesländern. Das Bienensterben ist jedoch ein gesamtdeutsches Phänomen.