Messungen des Bt-Toxin-Gehalts in Bt-Mais

„Die Schwankungen des Bt-Gehalts bewegen sich in einem biologisch erklärbaren Rahmen.“

Der Bt-Gehalt bei insektenresistentem Mais ist nicht in jeder Pflanze gleich. Nun hat Greenpeace nachgemessen. Ergebnis: Die Bt-Mengen schwanken erheblich. Die Voraussetzung für die EU-Zulassung sei grundsätzlich nicht gegeben, heißt es. Johannes Jehle vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) in Neustadt an der Weinstraße kann weder den Ergebnissen, noch den Schlussfolgerungen der Studie zustimmen. Er hat ein dreijähriges Forschungsprojekt geleitet, bei dem Bt-Gehalte im gv-Mais MON810 gemessen wurden. BioSicherheit hat ihn dazu befragt.

Wenn gentechnisch veränderter Bt-Mais angebaut wird, dann produzieren nicht alle Pflanzen exakt die gleiche Menge des gegen Schädlinge wirksamen Bt-Toxins. Wie die meisten Inhaltsstoffe unterliegt auch der Bt-Gehalt gewissen natürlichen Schwankungen. Das ist seit langem bekannt. Doch nun hat Greenpeace im letzten Jahr auf mehreren Feldern mit Bt-Mais MON810 in Deutschland und Spanien insgesamt 600 Blattproben genommen und von einem Labor in der Schweiz (Ecostrat) untersuchen lassen, wie hoch die Bt-Gehalte waren.

Dr. Johannes A. Jehle: Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz, Abteilung Phytomedizin, Biotechnologischer Pflanzenschutz in Neustadt / Weinstraße (früher: Staatliche Lehr- und Forschungsanstalt für Weinbau): „Wir können mit unseren Untersuchungen die Messungen von Greenpeace nicht bestätigen.“

Die Ergebnisse hat Greenpeace am 11. Mai 2007 öffentlich präsentiert. Der Bt-Gehalt soll sich zwischen einzelnen Pflanzen bis zum Hundertfachen unterscheiden. Zwar musste auch Greenpeace einräumen, dass die Bt-Gehalte in den Blättern „überraschend niedrig“ waren und deutlich unter den von Monsanto in den Zulassungsunterlagen angegebenen Wert lagen. Doch da die „Ursachen für diese Schwankungen nicht klar definiert werden können“, leitet Greenpeace aus seinen Untersuchungen die Forderung ab, „den Anbau der Pflanzen zu untersagen“.

Auch ein im Rahmen des BMBF-Programms Biologische Sicherheitsforschung gefördertes Projekt hat sich eingehend mit der Messung von Bt-Gehalten in MON810 beschäftigt. Im April 2007 haben Johannes Jehle und Hang Thu Nguyen vom DLR in Neustand/Weinstraße ihre Ergebnisse in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht.

bioSicherheit: Im Rahmen des von BMBF geförderten Sicherheitsforschungsprojekts haben Sie ebenfalls „deutliche“ Schwankungen im Bt-Toxin-Gehalt in den Pflanzen gefunden. Worauf führen Sie die Schwankungen zurück?

Johannes Jehle: Wir konnten zeigen, dass die Bt-Expression in Abhängigkeit des untersuchten Pflanzenorgans, der Entwicklungsstadien, des Standortes und damit der Witterung schwanken. Viele dieser Unterschiede sind statistisch signifikant. Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass es auch sortenspezifische Schwankungen gibt, allerdings wurde dies von uns nicht untersucht.

bioSicherheit: In der Greenpeace-Studie traten z. T. Schwankungen von bis zum hundertfachen zwischen 0,1 und 10 µg/g Frischgewicht auf. Waren die Schwankungen, die Sie gefunden haben, ebenso groß? Sehen Sie derartige Schwankungsbereiche als agronomisch bedeutsam an?

Johannes Jehle: In unseren dreijährigen Messungen lagen die maximalen Schwankungsbreiten, als das Verhältnis aus maximaler Expression zu minimaler Expression je nach Entwicklungstand zwischen 3-5fach, im Extremfall bis 14fach. Viel aussagekräftiger als der Vergleich dieser Extremwerte sind allerdings die Variationskoeffizienten, die sich aus dem Verhältnis Standardabweichung zum Mittelwert ergeben. Diese lagen bei unseren Erhebungen im Bereich zwischen 20 und 60 Prozent. In der Greenpeace-Studie waren diese teilweise über 200 Prozent. Über einen Zeitraum von drei Jahren mit extremen Witterungsunterschieden waren die von uns gemessenen Schwankungen also insgesamt um den Faktor 3-10fach geringer als in den einjährigen Messungen von Greenpeace. Daher können wir mit unseren Untersuchungen die Messungen von Greenpeace nicht bestätigen.

Eine Schwankungsbreite - wie teilweise von Greenpeace gemessen - hätte natürlich eine andere agronomische Bedeutung wie die von uns gemessene Variabilität. In der DLR-Studie wurde ein standardisierter und am DLR Rheinpfalz nochmals validierter, kommerzieller Bt-Nachweis verwendet. Greenpeace hat offensichtlich eine andere, selbst entwickelte Nachweismethodik verwendet. Aufgrund der unterschiedlichen Messmethodik können die Messungen von Greenpeace und uns sicherlich nicht direkt verglichen werden.

bioSicherheit: Ergeben sich Ihrer Meinung nach aus den beobachteten Schwankungen zwischen einzelnen Pflanzen und Standorten Probleme für die Sicherheitsbewertung?

Johannes Jehle: Nein. Auf der Basis unserer Daten sahen wir hierfür keinen Grund, da sich die Schwankungen in einem biologisch erklärbaren, natürlichen Rahmen befanden.

bioSicherheit: Wie auch bei der Greenpeace-Studie lagen die durchschnittlichen Werte unter den von Monsanto in den Antragsunterlagen angegebenen Bt-Gehalten. Wie erklären Sie sich das?

Johannes Jehle: Unsere Messungen lagen im Schnitt etwa 30 bis 40 Prozent unter veröffentlichten Daten aus den 1990er Jahren. Es wäre sicherlich von Nutzen, wenn es mehr publizierte Vergleichsdaten aus anderen Anbauregionen gäbe. Unsere Arbeit ist hierzu ein wesentlicher Schritt. Wie bereits gesagt, spielen Standort und Entwicklung die bedeutende Rolle bei der Expression, eventuell auch der Sortenhintergrund. Gewisse Unterschiede der Messungen können auch auf unterschiedlichen Extraktionsmethoden und unterschiedlichen Standards bei der Proteinbestimmung resultieren. Direkte Hinweise auf eine genetische Instabilität sehen wir aber überhaupt nicht, dann müsste die Variabilität viel größer sein.

bioSicherheit: Welche Auswirkungen könnte der niedrigere Gehalt auf die Sicherheitsbewertung haben?

Johannes Jehle: Die Sicherheitsbewertung wird nicht von uns durchgeführt, auch wenn die hierfür zuständigen Behörden auf unsere Daten zurückgreifen können. Im Rahmen der von uns beobachteten Bt-Gehalte sehe ich allerdings keinen Grund an der Sicherheitsbewertung zu zweifeln. Trotz der geringeren Bt-Gehalte und der beobachteten Schwankungen zwischen Einzelpflanzen bestätigen unsere Ergebnisse im Wesentlichen die bekannten Angaben aus früheren Studien und decken sich nicht mit den Messungen von Greenpeace.

bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch!