Bt-Mais und Bienen

„Nur wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen, nutzen Bienen auch Maispollen.“

(18.07.07) Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat einen Eilantrag gegen den Anbau von gentechnisch verändertem Bt-Mais abgelehnt. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace und das Bündnis "Aktion Genklage" wollten für zwei Imker gerichtlich durchsetzen, dass der im Umfeld ihrer Bienenstöcke wachsende Bt-Mais MON810 nicht zur Blüte kommen darf. Der Mais sei insbesondere für Honigbienen ein inakzeptables Risiko. Zur Begründung wird in der Anklageschrift auch Bezug genommen auf ein Projekt der Sicherheitsforschung. In mehrjährigen Freilandversuchen hatten Wissenschaftler der Universitäten Jena und Halle Bt-Mais-Pollen an Bienen verfüttert. BioSicherheit sprach mit dem Leiter des Projektes Prof. Hans-Hinrich Kaatz.

Maisfahne mit Maispollen

Eilantrag abgelehnt: Das Verwaltungsgericht Braunschweig wies den gegen das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-sicherheit (BVL)gerichteten Antrag ab, ohne sich mit der Frage einer möglichen Gefährdung der Bienen durch Bt-Maispollen auseinanderzusetzen. Das BVL sei nicht befugt, den Anbau des genehmigten Bt-Maises MON810 zu untersagen. Es sei nur zuständig für Genehmigungen. Maßnahmen, die bereits ausgesäten Bt-Mais betreffen, fielen in die Zuständigkeit der Landesämter. Auch sei das BVL nicht verpflichtet für die laufende Anbausaison 2007 Maßnahmen zur Umweltbeobachtung (Monitoring) anzuordnen.

Die Vorgeschichte: Im Mai hatte das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (BVL) den Vertrieb von Saatgut des gentechnisch veränderten Maises MON810 untersagt, solange der Hersteller Monsanto keinen aktuellen Monitoring-Plan vorgelegt hat. Begründung: Es lägen neue Erkenntnisse über potenzielle Umweltgefahren vor. Betroffen war davon allerdings nicht das bereits an Landwirte abgegebene oder ausgesäte Saatgut.

Damit Honigbienen (Apis mellifera) nicht durch Bt-Mais-Pollen gefährdet werden, wollten Greenpeace und das Bündnis „Aktion Genklage“ mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Braunschweig erreichen, dass der auf zwei Grundstücken in der Nähe zu Bienenvölkern angebaute Bt-Mais MON810 entweder untergepflügt, vor der Blüte geerntet oder die Pollenfahnen abgeschnitten werden.

Auf ein Ergebnis der Versuche wird in der Diskussion um die Verträglichkeit von Bt-Mais für Bienen immer wieder verwiesen: Im ersten Jahr waren die Bienenvölker zufällig von Parasiten (Mikrosporidien) befallen. Die mit Bt-Pollen gefütterten Völker zeigten sich durch diesen Befall deutlich mehr geschwächt als die andern Völker. Dieser Effekt konnte nicht weiter untersucht werden, weil die Massenanzucht von Mikrosporidien für eine gezielte Infektion von Bienenvölkern nicht gelang.

Bei der Wiederholung des Versuches wurden die Bienen dann zur Vermeidung einer erneuten Infektion mit einem Antibiotikum behandelt. Es zeigten sich keine Unterschiede mehr.

bioSicherheit: Laut Greenpeace ist Eile geboten, da die Hauptblütezeit des Maises Mitte bis Ende Juli ist, in dieser Zeit sei Mais die Haupttracht für Bienen. Ist Mais überhaupt von Bedeutung für Bienen?

Hans-Hinrich Kaatz: Mais kommt als Nektarpflanze nicht in Frage und als Pollenpflanze ist er nicht attraktiv. Nur wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen, nutzen Bienen auch Maispollen. Wir hatten damals Bienenvölker direkt in bzw. an die Maisfelder gestellt. Der Anteil Maispollen am gesamten gesammelten Pollen war extrem niedrig, er lag bei unter sechs Prozent. Das liegt daran, dass die Bienen auch benachbarte Brachen und Randstreifen anfliegen und dort oft attraktivere Pollen vorhanden sind. Sie müssen sich vorstellen, die meisten Pollen sind für die Bienen in der Relation so groß wie für uns kleine Tennisbälle, während die Maispollen groß wie Medizinbälle sind und damit für die Bienen schwerer zu sammeln. Es gibt aber auch andere Studien, die bis zu 25 Prozent Anteil Maispollen gefunden haben.

bioSicherheit: Um die Schädlichkeit des Bt-Toxins für Bienen zu belegen, wurde – wie schon oft in der Diskussion – Ihr BMBF-Projekt angeführt. In welchen Mengen wurde dort den Bienenvölkern Bt-Mais-Pollen angeboten?

Hans-Hinrich Kaatz: Wir haben Bienenvölker auf einer Streuobstwiese in Flugzelte gestellt und ihnen über sechs Wochen Mais- bzw. Bt-Mais-Pollen angeboten, das ist länger als die normale Mais-Blühperiode von höchstens zwei Wochen. Das haben wir in vier aufeinander folgenden Jahren gemacht, wobei in den ersten beiden Jahren der Bt-Maispollen zusätzlich mit der zehnfachen Konzentration an Bt-Toxin angereichert war. Die Bienen waren also dem Bt-Toxin in weitaus höherem Maße ausgesetzt als unter natürlichen Bedingungen.

bioSicherheit: Im ersten Jahr ihrer Untersuchungen waren die Bienenvölker zufällig mit Parasiten, Mikrosporidien, befallen. Dieser Befall führte zu einer Abnahme der Zahl an Bienen und einer verringerten Brutaufzucht. Bei Bt-gefütterten Völkern war dieser Effekt deutlich größer als bei Völkern, die konventionelle Maispollen erhielten. Es ist möglich, dass Mikrosporidienbefall zu einer höheren Empfindlichkeit gegenüber Bt-Toxin führt. In der Klageschrift heißt es, dass unter Bienenexperten bekannt sei, dass Mikrosporidien bei nahezu jedem Bienenvolk vorkommen.

Hans-Hinrich Kaatz: Ja, es kommt häufig vor, gar keine Frage. Mikrosporidien sind zwar als Sporen verbreitet, aber bei den meisten Völkern nicht klinisch auffällig, d.h. die Völker sind nicht krank. Wenn man dann Därme präpariert, findet man in der Mehrzahl der Bienen keine Mikrosporidien. Sie treten vor allem dann auf, wenn wir sehr langlebige Bienen haben, die den Mikrosporidien länger ausgesetzt waren, dann können mehrere Vermehrungszyklen innerhalb der Biene auftreten, so dass wir im Frühjahr in der Regel starke Belastung mit Mikrosporidien haben. Das ist bekannt. Während des Sommers, also auch zum Zeitpunkt der Maisblüte, sinkt die Mikrosporidienbelastung.

bioSicherheit: Wie hoch schätzen Sie den Anteil pathogenen Befalls ein?

Hans-Hinrich Kaatz: Erst wenn ein hoher Befall da ist, ist es auch was Pathologisches. Bei unseren Experimenten hatten wir Pollen gesammelt, eingefroren und im Frühjahr mit den Experimenten angefangen, damit wir während des Sommers mehrere Versuchsreihen hintereinander machen konnten. Wenn wir bis August warten, bis der Pollen vom Mais zur Verfügung steht, ist die Saison für die Bienen vorbei. Also müssen die Experimente früher anfangen. Wir haben Ende Mai angefangen, wo natürlich die Nosema (eine Mikrosporidienart, Anmerkung bioSicherheit) -Belastung in den Völkern automatisch höher ist. Im Frühjahr sind diese Mikrosporidien in etwa fünfzig Prozent aller Bienenvölker nachweisbar, während der Maisblüte im Sommer liegt die Belastung der Bienenvölker durch diese Mikrosporidien bei weniger als zehn Prozent.

bioSicherheit: Es gab im letzten Jahr eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Wisconsin-Madison, die an anderen Nicht-Zielorganismen beschrieben haben, dass die toxische Wirkung des Bt-Toxins abhängig ist von der Aktivität von Darmbakterien. Sie hatten bei der Wiederholung des Versuchs die Bienen prophylaktisch mit Antibiotika behandelt. In der Klageschrift wird daraus der Schluss gezogen, die Versuchsergebnisse seien von daher nicht aussagekräftig.

Hans-Hinrich Kaatz: Ja, wir haben die Bienen mit einem Antibiotikum behandelt, um ganz sicher zu gehen, dass Nosema keine Rolle spielt. Dadurch sind aber nicht die Bakterien abgetötet worden. Es handelt sich um ein Antibiotikum, das gegen Mikrosporidien, also gegen Eukaryonten gerichtet ist.

bioSicherheit: Was ist denn Standard in der Imkerei? Werden dort auch diese speziellen Antibiotika eingesetzt gegen Mikrosporidien?

Hans-Hinrich Kaatz: Nein, weil sie gegen Eukaryonten gerichtet sind, sind sie auch humantoxisch und deswegen werden sie in Deutschland bzw. Europa nicht eingesetzt. Sie werden weltweit zum Teil eingesetzt, aber sind eigentlich verboten. Bei uns dürfen im Honig keine Rückstände dieses Antibiotikums vorhanden sein, sonst ist der Honig nicht verkehrsfähig. Das heißt, man muss für solche Experimente immer eine Ausnahmegenehmigung haben. Um es noch einmal deutlich zu sagen: Der Einsatz von Antibiotika im Bienenvolk gegen Mikrosporidien ist verboten und kann auch nicht im Interesse des Imkers liegen, der naturbelassenen Honig als hochwertiges Lebensmittel erzeugt.

bioSicherheit: Sehen Sie dennoch eine Notwendigkeit, die Versuche mit gesunden Bienen ohne Antibiotika zu wiederholen?

Hans-Hinrich Kaatz: Habe ich gemacht. Bei den Wiederholungen mit gesunden Bienen ohne Antibiotika ist dasselbe herausgekommen wie mit Antibiotika. Dabei haben wir vor Versuchsbeginn genau überprüft, ob die Bienen mit Nosema belastet waren. Wir machen Darmpräparationen und können dann testen wie hoch die Nosema-Belastung ist. Man kann die Sporen sehen und einschätzen, ob die Tiere „gesund“ sind, was die Belastung mit Mikrosporidien angeht. Das machen wir natürlich nur mit Stichproben. Aus einem Volk mit etwa 30.000 Bienen entnehmen wir mindestens zehn Bienen und testen sie. Das ist der Standardtest, der heute angewendet wird.

Ich würde natürlich gerne noch die genaueren Wechselwirkungen untersuchen. Also wieso ist es dazu gekommen, dass die mit Bt-Pollen gefütterten Völker empfindlicher auf Mikrosporidien-Befall reagierten, was ist da passiert?

bioSicherheit: Eine letzte Frage: Wie schätzen Sie generell die Gefährdung der Bienen durch Mon810 Bt-Mais ein?

Hans-Hinrich Kaatz: Bei den relativ kleinen Flächen auf denen Bt-Mais im Moment angebaut wird sehe ich für die Bienen keine Gefahr für ihre Gesundheit. Bei einem großflächigen Anbau könnte das jedoch anders sein.

bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch