Fachtagung in Berlin

Bt-Mais: Im Freiland keine Auswirkungen auf Gewässerorganismen festgestellt

Gefährdet gentechnisch veränderter Bt-Mais die Gewässerökosysteme? Der NABU (Naturschutzbund Deutschland) hatte für den 17. Dezember 2009 zu einer Fachtagung nach Berlin eingeladen. Dort trugen auch die beiden US-amerikanischen Ökologinnen Emma Rosi-Marshall und Jennifer Tank neue Forschungsergebnisse vor. Vor zwei Jahren hatte ihre erste Studie zu den Auswirkungen von Bt-Mais auf Köcherfliegen vor allem in Europa heftige politische und wissenschaftliche Diskussionen ausgelöst.

Sind die Gewässer der „blinde Fleck“ bei der Sicherheitsbewertung von Bt-Mais? Wenn Bt-Mais angebaut wird, dann gelangen Pollen und Pflanzenmaterial auch in benachbarte Gewässer. Umwelt- und Naturschutzverbände kritisieren, dass mögliche Auswirkungen von Bt-Mais auf aquatische Ökosystem bisher viel zu wenig erforscht seien. Auch Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner begründete das von ihr im April 2009 verhängte Anbauverbot für Bt-Mais MON810 unter anderem mit einer 2007 veröffentlichten Studie amerikanischer Ökologen.

Köcherfliege

Köcherfliege. Die Larven der Köcherfliegen leben im Wasser. Die meisten Arten wachsen in selbstgebauten Röhren auf, die als Köcher bezeichnet werden. Deshalb der Name Köcherfliege.
Foto: wikimedia

Die Gruppe um Emma Rosi-Marshall (heute am Cary-Institut of Ecosystem Studies, Millbrook, New York) und Jennifer L. Tank (University of Notre Dame, Indiana) hatte in Laboruntersuchungen herausgefunden, dass Bt-Protein die Larven von Köcherfliegen schädigt. Diese im und am Wasser lebenden Insekten sind mit Schmetterlingen verwandt. Da Bt-Mais eine Variante des Bt-Proteins bildet, die gegen bestimmte Schmetterlinge, vor allem den Maiszünsler (European Corn Borer) wirkt, gelten Köcherfliegen als geeignete Indikatoren, um Wirkungen auf Wasserorganismen anzuzeigen.

Dass sich bei Fütterungsversuchen im Labor ein Effekt zeigt, ist allein noch kein Beweis, dass bestimmte Organismen - in diesem Fall Köcherfliegen - in ihrer natürlichen Lebensumgebung tatsächlich geschädigt werden. Entscheidend ist, ob Köcherfliegen dort mit Bt-Protein in Kontakt kommen und mit ihrer Nahrung davon so viel aufnehmen, dass es ihnen schadet. Die Autoren der Köcherfliegen-Studie haben deshalb später Freilanduntersuchungen durchgeführt und keine Hinweise dafür gefunden, dass Bt-Mais Köcherfliegen beeinträchtigt.

Auf der NABU-Tagung in Berlin trugen die beiden Ökologinnen Emma Rosi-Marshall und Jennifer Tank erste, noch unveröffentlichte Ergebnisse aus ihrer aktuellen Untersuchung vor. Dabei haben sie eine dritte Köcherfliegenart einbezogen und die Versuchsmethodik erweitert. Ihre früheren Laborbefunde wurden erneut bestätigt: Bei einer Köcherfliegenart erhöhte die Fütterung mit Bt-Mais die Sterblichkeit, bei einer anderen zeigten sich reduzierte Wachstumsraten.

Im Freiland, so Rosi-Marshall und Tank in Berlin, konnten sie diese Laborergebnisse jedoch erneut nicht bestätigen. Über mehrere Jahre haben sie zwölf Bäche und Entwässerungsgräben in amerikanischen Maisanbaugebieten untersucht. Anders als in Mitteleuropa wird in USA überwiegend Körnermais produziert. Bei der Ernte verbleiben bis auf die Körner alle Pflanzenreste auf dem Feld. Beim Anbau von Bt-Mais können die Ernterückstände in beachtlichen Mengen vor allem in die Entwässerungsgräben gelangen.

Trotz des hohen Bt-Maiseintrags haben Rosi-Marshall und Tank bisher keinen deutlichen Hinweis darauf gefunden, dass Köcherfliegenlarven durch Bt-Mais beeinträchtigt werden. Die beiden Wissenschaftlerinnen vermuten, dass die von ihnen untersuchten feldnahen Entwässerungsgräben als Folge der intensiven Agrarbewirtschaftung stark belastet sind und so mögliche Bt-Mais-Effekte überlagert werden.

Spätestens im Frühjahr wollen Rosi-Marshall und Tank die Ergebnisse ihrer aktuellen Untersuchung veröffentlichen.

Bereits publiziert hat eine andere Arbeitsgruppe um den Ökologen Christopher M. Swan von der Universität Maryland, die zwischen 2004 und 2006 mehrere Oberflächengewässer auf schädliche Auswirkungen durch Bt-Mais untersucht hat. Erfasst wurden zahlreiche in den Gewässerökosystemen vorkommende Tierarten, etwa Insekten und verschiedene andere wirbellose Tiere. Sowohl bei der Anzahl der Arten als auch bei der Anzahl von Tieren einer bestimmten Art konnten Swan und seine Kollegen keine Unterschiede zwischen Bt-Mais und konventionellem Mais feststellen. Auch auf Geschwindigkeit und Verlauf des mikrobiellen Abbaus von Pflanzenresten hatte es keinen Einfluss, ob Bt- oder anderer Mais auf den gewässernahen Feldern angebaut wurde.